Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Europa bekommt neue Meister
> Mit einem neuen Konzept fordern olympische Sportarten den Fußball heraus.
> Die Idee ist zwar nicht neu, aber auch nicht unsympathisch.
Bild: Glasgow lässt es krachen: Feuerwerk zur Eröffnung der European Champion…
Europameisterschaften gibt es schon sehr lange, aber „European
Championships“ sind etwas ganz, ganz Neues.
Klingt bekloppt, ist aber nicht ganz falsch: In Glasgow und Berlin findet
derzeit dieses Event statt, sieben Sportverbände ermitteln in zwei Städten
an elf Tagen ihre Europameister, und das Neue ist die gemeinsame
Vermarktung durch eine „European Championships Ltd.“ mit Sitz in der
Schweiz. Olympische Kernsportarten wie Leichtathletik, Rudern, Schwimmen
und Turnen, die von der medialen Übermacht des Fußballs erdrückt werden,
haben sich zu einer gemeinsamen Antwort aufgeschwungen. So zumindest werden
die European Championships beworben und begründet. Nur wenn sie sich
zusammentun, können sie Fernsehsendezeit erheischen.
So ganz richtig ist die Behauptung, man hätte mit den European
Championships etwas sensationell Neues aus der Taufe gehoben, aber auch
nicht: Im Jahr 2015 gingen zum ersten Mal die European Games über die
Bühne, und vermutlich war nicht der Schönheitsfehler, dass das vermeintlich
europäische Gastgeberland Aserbaidschan in Asien liegt, schuld daran, dass
dieses Ereignis nicht zum Megaevent wurde. Und dass Aserbaidschan eine
Diktatur ist, dürfte noch weniger den Grund für den relativen Misserfolg
darstellen – 2019 gibt es im ähnlich undemokratischen Weißrussland eine
Neuauflage.
Eher schon scheiterte dieser Versuch, der Übermacht des Fußballs etwas
entgegenzusetzen, daran, dass wichtige Sportarten schlecht besetzt waren:
In der Leichtathletik lief die international dritte Garde auf, im Schwimmen
fanden nur Juniorenwettkämpfe statt, und Rudern gab es gar nicht.
Was den nun ausgerufenen European Championships im Wege stehen dürfte, ist
der Umstand, dass sie bloß kontinental sind: Weltklasse-Leichtathletik und
-Schwimmen findet vor allem in den USA statt und – dank Globalisierung –
mittlerweile überall auf der Welt. Wenn die ganz großen Stars einer
Sportart fehlen, mindert das den sportlichen Wert einer Meisterschaft
dramatisch.
## Monopole von Fifa und IOC aufbrechen
Im Grunde gibt es so etwas wie eine Alternative zum Fußball mit seiner WM
und EM, seiner Champions League und seinen diversen anderen Wettbewerben
schon. Es heißt „Olympische Spiele“, und es ist neben einer Fußball-WM das
größte und, wie TV-Rechtehändler wissen: wertvollste Sportevent der Welt.
Es findet halt nur alle vier Jahre statt, während der Fußball neben seiner
im Vierjahresabstand stattfindenden WM jede Menge andere Wettbewerbe
kreiert hat: Confed-Cup, Klub-WM, kontinentale Meisterschaften und
Champions Leagues und, und, und.
Die besondere Attraktivität Olympischer Spiele speist sich jedoch aus mehr
als nur ihrer Größe und ihrer Fähigkeit, in den meisten Sportarten – nur
eben nicht im Fußball! – die besten Athleten der Welt zu versammeln. Ihre
ideologische Überhöhung als sinnstiftende Friedensspiele, ihre Ankopplung
an Nationalismus (Stichwort: Medaillenspiegel) und ihre leicht
partriarchale Freude an den „Kleinen“, die zwar nicht schnell laufen oder
schwimmen können, für die aber Dabeisein alles bedeute – all das gehört zur
Besonderheit Olympias.
Und die Besitzverhältnisse. Die Einnahmen einer Fußball-WM generiert die
Fifa, die von Olympischen Spielen das IOC. Sie sind Monopolisten in diesem
wirklich großen Business. Wenn jetzt eine Gesellschaft mit beschränkter
Haftung sieben Sportarten ein Angebot macht, sie gemeinsam im europäischen
Raum zu vermarkten, dann ist das vor allem der Versuch, ein Monopol
aufzubrechen.
Das ist weder neu noch die Vision eines besseren Sports, aber so ganz
unsympathisch ist es auch nicht. Martin Krauß
5 Aug 2018
## AUTOREN
Martin Krauss
## TAGS
Schwerpunkt Sport trotz Corona
Olympischer Sport
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
DSV
Fußball-EM 2024
Schwerpunkt Sport trotz Corona
Schwerpunkt Rassismus
Olympische Winterspiele 2022
öffentlich-rechtliches Fernsehen
## ARTIKEL ZUM THEMA
European Championships in München: Sportfreunde for free
Die European Championships in München sind eröffnet. Europameisterschaften
in neun Sportarten sollen Appetit auf Olympia machen.
Schwimm-EM in Glasgow: Freiwassertest für Olympia
Der beste deutsche EM-Schwimmer, Florian Wellbrock, startet im
Freigewässer. Henning Lambertz, Cheftrainer der Beckenschwimmer, missfällt
das.
Europameisterschaft in Berlin: Leichtathletik kann lächeln
Gina Lückenkemper sprintet 100 Meter unter elf Sekunden und steht für eine
neue Offenheit. Vom Fernsehen fühlt sie sich „verarscht“.
Kolumne Press-Schlag: Berlin, Glasgow, Zukunft
Die European Championships rücken olympische Sportarten ins Rampenlicht:
Das ist eine riesige Chance, die man bloß erkennen muss.
Wegen Verdachts auf Rassismus: Schweizer Leichtathlet für EM gesperrt
Der Schweizer Sprinter Pascal Mancini hat auf seiner Facebook-Seite als
rassistisch empfundene Posts veröffentlicht. Nun wurde er für die EM
gesperrt.
Kommentar Krise der Winterspiele: Kim rettet die olympische Idee
Die olympischen Winterspiele verlieren immer mehr an Bedeutung. Jetzt
brauchen sie sogar schon Nordkoreas Diktator als Legitimation.
Marathonläufer über TV-Sportvielfalt: „Nicht alle mögen den Fußball“
Der Marathonläufer Arne Gabius erklärt, welche großen Probleme mit der
Konzentration des Fernsehens auf nur eine Sportart verbunden sind.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.