# taz.de -- Kommentar Zehn Jahre Airbnb: Der Feind in meinem Bett | |
> Zimmer online vermitteln, das klingt nett. Doch das Problem steckt schon | |
> im Airbnb-Gründungsmythos. Jetzt hilft nur strikte Regulierung. | |
Bild: Wenn das private Bett zum Geschäftsort wird, wird es eng auf dem Wohnung… | |
Da vermieten ein paar Jungs eine Luftmatratze in ihrer WG an | |
Konferenzgäste. Erstere finanzieren sich so einen Teil ihrer teuren Miete, | |
Letztere sparen sich die Kosten und die Anonymität eines Hotelzimmers. Und | |
so denken sich die Jungs, dass es doch cool sein könnte, zwischen | |
Matratzenbesitzern und Schlafbedürftigen zu vermitteln. Das ist die | |
Gründungslegende von Airbnb. Und die Idee i[1][st ja auch wirklich gut]. Zu | |
gut. So gut, dass sie in nur zehn Jahren zur weltweiten Krake pervertiert | |
wurde. | |
Doch wer nun kräftig auf die Onlineplattform eindrischt, greift zu kurz. | |
Airbnb und die anderen Zimmervermittler sind nur das Symptom des Problems: | |
einer auf Verwertung ausgelegten Welt, der jedes Maß abhandengekommen ist. | |
Eigentlich sollte sich niemand daran stören, wenn nebenan jemand Gäste | |
beherbergt. Im Gegenteil, wenn sich Reisende und Einheimische am | |
Küchentisch so nah kommen, dass interkulturelle Begegnung unausweichlich | |
wird, ja wenn der Tourist vom Betrachter zum Teil einer fremden Welt wird, | |
dann ist das ja fast schon die Verwirklichung einer alten Utopie. Klingt | |
großartig? Ja, ist es auch, aber leider nur auf einem entspannten | |
Wohnungsmarkt. | |
Das Problem versteckt sich bereits in der Gründungslegende. Die | |
Airbnb-Urväter vermieteten ihre Luftmatratze nicht just for fun, sondern um | |
die zu teure Miete ihrer WG in San Francisco zu finanzieren. Individuell | |
ist das ökonomisch richtig, gesamtgesellschaftlich aber fatal – weil es den | |
Wohnraum weiter verknappt und so die Preise unweigerlich in die Höhe | |
schraubt. | |
In London gibt es bereits Menschen, die ihr Gästezimmer nicht mehr an | |
Freunde vergeben können, weil sie es ständig an Airbnb-Gäste vergeben – | |
nicht weil sie wollen, sondern weil sie anders die horrende Miete gar nicht | |
mehr zahlen können. Sie holen sich Nacht für Nacht den Feind ins eigene | |
Bett. | |
Schlimmer noch als Airbnb und seine Nutzer sind aber die Städte, die viel | |
zu lange als Möchtegernprofiteure auf die Boomindustrie Tourismus gesetzt | |
haben. Die nun vor der Frage stehen, was sie eigentlich sein wollen: bloße | |
Kulisse für Kurzzeitbesucher oder eine lebenswerte Stadt. | |
Die Einsicht kommt viel zu spät. Selbst die komplette Umwandlung von | |
Wohnungen in Ferienapartments wird vielerorts nicht unterbunden. Dabei | |
wären angesichts des fatalen Marktversagens harte staatliche Eingriffe | |
überfällig. | |
Wer attraktive Städte vor der endgültigen Ballermannisierung retten will, | |
kommt an [2][strengster Regulierung samt unbedingter Kontrolle] der | |
Zimmervermietung nicht mehr vorbei. Und wenn das schon aus Personalmangel | |
nicht realisiert werden kann, dann geht nur noch eins: ein [3][komplettes | |
Verbot]. | |
12 Aug 2018 | |
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## AUTOREN | |
Gereon Asmuth | |
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