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# taz.de -- Auslieferungen nach Polen und Ungarn: Grundsätzlich möglich, aber…
> Der EuGH sagt: Gerichte anderer EU-Staaten müssen bei Auslieferungen den
> Schutz von Rechtsstaatlichkeit und Menschenwürde prüfen.
Bild: Immer wieder protestieren Menschen in Polen – wie hier in Warschau – …
Der Europäische Haftbefehl soll auch im Rechtsverkehr mit Polen und Ungarn
weiter zum Einsatz kommen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) legte nun
aber fest, was Gerichte in anderen EU-Staaten beachten müssen.
Der EU-Haftbefehl wurde 2002 eingeführt und soll die einfache und schnelle
Auslieferung von mutmaßlichen Straftätern in andere EU-Staaten ermöglichen.
Er geht davon aus, dass in EU-Ländern ausreichende rechtsstaatliche
Standards bestehen. Die Justiz soll daher die Entscheidungen der Gerichte
anderer EU-Staaten grundsätzlich anerkennen.
Ob diese Regeln auch noch bei Auslieferungen an Polen gelten, wollte der
irische High Court wissen. Im Zuge der polnischen Justizreform hat die
Regierungsmehrheit der Partei PiS immerhin bereits das polnische
Verfassungsgericht, den Justizverwaltungsrat und das Oberste Gericht unter
ihre Kontrolle gebracht. Unliebsame Präsidenten anderer Gerichte können
einfach ausgewechselt werden.
Der EuGH entschied, dass die Auslieferung abgelehnt werden kann, wenn im
konkreten Fall eine Gefahr für das Recht auf ein unabhängiges
Gerichtsverfahren besteht. Dabei solle der High Court in zwei Schritten
vorgehen.
## Gefahr eines unfairen Verfahrens höher bei brisanten Fällen
Zunächst sei zu prüfen, so der EuGH, ob in Polen eine „echte Gefahr“ für
die Unabhängigkeit der Justiz besteht. Dabei könne das von der
EU-Kommission im Dezember 2017 gegen Polen eingeleitete
Rechtsstaatsverfahren „besonders relevante“ Informationen liefern. Im
zweiten Schritt solle der High Court prüfen, ob sich diese Gefahr auf den
konkreten Fall auswirken könnte. Damit stellt der EuGH in Rechnung, dass
die Gefahr eines unfairen Gerichtsverfahrens in politisch brisanten Fällen
höher ist als bei Alltagskriminalität. Im Fall des High Court geht es um
einen in Irland festgenommenen Polen, der in der Heimat wegen Drogenhandel
vor Gericht gestellt werden soll. (Az.: C-216/18)
In einem anderen EuGH-Fall fragte das Oberlandesgericht Bremen, was vor
einer Auslieferung nach Ungarn mit Blick auf die dort problematischen
Haftbedingungen zu prüfen ist. Der EuGH antwortete jetzt, dass das Gericht
nur prüfen müsse, ob eine „unmenschliche Behandlung“ drohe. Ob der
Betroffene dort seine Religion ausüben oder rauchen kann, sei für das OLG
nicht relevant. Zu prüfen sei auch nur die Situation in Gefängnissen, in
denen der Betroffene voraussichtlich untergebracht wird, nicht in
Anstalten, in die er vielleicht später verlegt wird. Das OLG müsse sich
zudem auf Zusicherungen der ungarischen Justiz verlassen, dass der Häftling
menschenwürdig behandelt wird – solange keine gegenteiligen Indizien
vorliegen. (Az.: C-220/18)
25 Jul 2018
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Polen
Polnische Justizreform
Europäischer Gerichtshof
Schwerpunkt Flucht
Polen
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