| # taz.de -- Flüchtlinge in Ungarn ohne Nahrung: Hunger als Waffe | |
| > Mehreren Flüchtlingen wurde in Ungarn die Nahrung verweigert. So sollte | |
| > der Druck erhöht werden, dass sie nach Serbien zurückgehen. | |
| Bild: Rein soll niemand: Polizeikontrolle an der Grenze von Ungarn und Serbien | |
| Wien taz | Ungarn treibt die Schikanen gegen unerwünschte Asylwerber auf | |
| die Spitze. Flüchtlingen, die sich gegen einen negativen Asylbescheid | |
| wehren, wird die Nahrung verweigert. Damit sollen sie vor Abschluss des | |
| Berufungsverfahrens zur Ausreise nach Serbien gezwungen werden. | |
| Seit dem 1. Juli gilt ein verschärftes Asylrecht, wonach Asylanträge von | |
| Flüchtlingen, die aus sicheren Drittstaaten kommen, automatisch abgelehnt | |
| werden. Sämtliche Nachbarländer werden als solche eingestuft. | |
| Das [1][Ungarische Helsinki Komitee (HHK)], eine der wenigen Organisationen | |
| in Ungarn, die die Rechte von Flüchtlingen wahrnehmen, hat jetzt drei Fälle | |
| vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gebracht und | |
| recht bekommen. Eine fünfköpfige afghanische Familie – das jüngste Kind | |
| hängt mit drei Monaten noch an der Mutterbrust – war wegen anhaltender | |
| Gewalt in einem serbischen Lager nach Ungarn weitergezogen. Dort wurde ihr | |
| Asylantrag binnen kürzester Zeit abgelehnt. | |
| Die Einstufung Serbiens als sicherer Drittstaat wird von der jüngsten | |
| Beurteilung des UNO-Flüchtlingshochkommissariats UNHCR nicht geteilt. | |
| Dennoch steckte man die Familie in eine nach Serbien hin offene | |
| „Transitzone“ an der Grenze. Dort sollte sie den Abschluss der Berufung | |
| abwarten. Es stehe der Familie aber frei, vorher nach Serbien auszureisen, | |
| ließ das ungarische Amt für Immigration und Asyl die Betroffenen wissen. | |
| Dem halfen die Behörden nach, indem sie dem 26jährigen Familienvater die | |
| Nahrung verweigerten. Frau und Kinder durften ihre Essensrationen nicht mit | |
| ihm teilen. | |
| ## Beschwerde beim EGMR erfolgreich | |
| In diesem und einem ähnlich gelagerten Fall einer anderen afghanischen | |
| Familie hat das Ungarische Helsinki Komitee am 10. August den EGMR | |
| angerufen und eine einstweilige Verfügung erwirkt. Die Flüchtlinge müssen | |
| jetzt ernährt werden. Zwei syrischen Brüdern in der Transitzone wurde auf | |
| Anordnung des EGMR ab 11. August auch nicht mehr die Nahrung verweigert. Am | |
| 14. August hätten sie aber kein Frühstück mehr bekommen, so das HHK [2][in | |
| einer Presseerklärung] (pdf). Zwei Tage später sei eine weitere Beschwerde | |
| beim EGMR erfolgreich gewesen. | |
| Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán brüstet sich damit, dass seine harte | |
| Abwehrpolitik Europa vor einer Überflutung mit Flüchtlingen gerettet habe. | |
| Nach der ungarischen Sprachregelung sind praktisch alle Asylbewerber | |
| „Wirtschaftsflüchtlinge“. Organisationen, die sich für die Rechte von | |
| Flüchtlingen einsetzen, werden bestraft. Das HHK wird unter anderen von der | |
| Open Society Foundation des Milliardärs George Soros unterstützt, den Orbán | |
| für sämtliche Übel des Landes verantwortlich macht. | |
| Das im Juni beschlossene Stopp-Soros-Gesetzespaket belegt | |
| Flüchtlingshilfsorganisationen, die ausländische Gelder beziehen, mit einer | |
| 25-prozentigen Strafsteuer auf diese Mittel. Das Innenministerium kann sie | |
| auch ganz verbieten. Die Regierung investiert mehr Geld in die Propaganda | |
| gegen Soros und Flüchtlinge, als in deren Versorgung. | |
| Bei der Bevölkerung kommt die gnadenlose Abschiebepolitik gut an. Bei den | |
| Wahlen im April wurde Orbáns Koalition mit einer knappen Stimmenmehrheit | |
| ausgestattet, die ihr eine Zweidrittelmehrheit im Parlament einbrachte. | |
| 18 Aug 2018 | |
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| ## AUTOREN | |
| Ralf Leonhard | |
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