# taz.de -- Plakat-Aktion nach NSU-Urteil: Vier Aktivisten in Gewahrsam | |
> Auf die milden Urteile im NSU-Prozess reagierten Aktivisten in Hamburg | |
> mit einer Plakatserie. Vier von ihnen müssen nun mit Strafen rechnen. | |
Bild: „Wie groß wäre der Skandal würde jemand von ‚Bratwurstmorden‘ be… | |
Die Polizei in Hamburg ermittelt seit Mittwochabend gegen Kritiker im | |
Zusammenhang mit den NSU-Urteilen. Der Anlass der polizeilichen Maßnahmen: | |
eine Plakatserie. Eine Pressesprecherin der Polizei sagte der taz, dass | |
vier Personen in Gewahrsam genommen worden seien, weitere Überprüfungen | |
liefen. | |
Die Hauptangeklagte im Prozess, Beate Zschäpe, war vergangene Woche | |
Mittwoch des vielfachen Mordes schuldig gesprochen und [1][zu lebenslanger | |
Haft verurteilt] worden. Vier weitere Mitangeklagte, die den sogenannten | |
Nationalsozialistischen Untergrund unterstützt hatten, erhielten | |
Haftstrafen zwischen zweieinhalb und zehn Jahren. | |
Der NSU hat zwischen 1999 und 2011 aus rassistischen Motiven, zehn Morde, | |
drei Sprengstoffanschläge und fünfzehn Raubüberfälle begangen. Besonders | |
[2][das milde Urteil gegen einen der engsten Vertrauten des Trios] Zschäpe, | |
Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos hatte für Empörung gesorgt. | |
Am Mittwoch, [3][dem Tag der Urteilsverkündung im NSU-Hauptverfahren in | |
München], wurden in mehreren Stadteilen von Hamburg diverse schwarze | |
Plakate angebracht. In weißen Lettern ist auf einem Plakat zu lesen: „Wie | |
groß wäre der Skandal würde jemand von ‚Bratwurstmorden‘ berichten?“. … | |
in pinken Lettern wird in kleiner Schrift erklärt: „Bis 2011 wurde in der | |
medialen Berichterstattung von ‚Döner-Morden‘ gesprochen. So wurden die | |
Opfer des NSU-Netzwerkes verhöhnt, ein Beitrag zur Vertuschung der | |
rassistischen Motive geleistet“. | |
## „Was hat Hamburg zu verbergen?“ | |
Auf einem anderen Plakat wird gefragt: „Durch welches Bundesland fließt | |
eigentlich der Bosporus?“ Denn so hieß eine Ermittlungskommission der | |
Polizei, die die Morde aufklären sollte. „Warum wurde nicht auf die | |
Angehörigen gehört?“, wird auf einen weiterem Plakat nachgefasst und | |
erläutert, dass schon fünf Jahre vor der Selbstenttarnung des NSU-Kerntrios | |
Angehörige der Opfer in Kassel und Dortmund eine Demonstration | |
organisierten, um auf die „rassistischen Motive der Morde“ aufmerksam zu | |
machen. | |
Auf einen weiterem Plakat prangt: „Aufklärung erfolgt. Im Jahr 2134“. | |
Ergänzend wird erklärt, dass in Hessen ein „interner Bericht des | |
Verfassungsschutz zum NSU-Mord an Halit Yozgat (…) für 120 Jahre | |
weggeschlossen“ wurde. | |
„Was hat Hamburg zu verbergen?“, wird auch auf einen Plakat in weißen | |
Buchstaben gefragt und in Pink ausgeführt, dass Hamburg das „einzige | |
Bundland“ sei, in welchem Mundlos und Bönhardt einen NSU-Mord verübten – | |
2001 an Süleyman Taşköprü – das aber noch keinen Parlamentarischen | |
Untersuchungsausschuss eingesetzt hat. | |
## Polizei ermittelt wegen „Beschädigung“ | |
„Wir überprüfen, ob eine Substanzbeschädigung vorliegt“, sagt ein | |
Pressesprecher der Polizei der taz. Denn wenn sich die Plakate nicht so | |
einfach entfernen ließen und der Grund, auf denen sie klebten, beim | |
Entfernen beschädigt würde, wäre dies eine Straftat, erklärt der | |
Pressesprecher. Vier Personen seien schon beim Plakatieren erwischt worden. | |
Bisher ist unbekannt, ob die Polizei wegen der „Plakats-Anschlags-Serie“ | |
auch gegen die Familie Taşköprü ermittelt, die Angehörigen das Hamburgers | |
Suleyman Taşköprü, der 2001 vom NSU ermordet wurde. Dass sie in Verdacht | |
geraten könnten, liegt nahe – denn die Polizei hat ja in der Vergangenheit | |
gezeigt, [4][dass sie die Familien der Opfer immer auch als potentielle | |
Täter sieht]. | |
16 Jul 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Urteil-im-NSU-Prozess/!5521706 | |
[2] /Urteil-im-NSU-Prozess-fuer-Andre-Eminger/!5517433 | |
[3] /Urteile-im-NSU-Prozess/!5517273 | |
[4] /Aufarbeitung-des-NSU-Komplexes/!5517364 | |
## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Rechter Terror | |
Beate Zschäpe | |
NSU-Prozess | |
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) | |
Schwerpunkt Thüringen | |
Schwerpunkt Rechter Terror | |
Verfassungsschutz | |
taz.gazete | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Haftentlassungen von NSU-Unterstützern: Wohlleben kommt vielleicht frei | |
Der NSU-Unterstützer Ralf Wohlleben könnte schon im August freikommen. | |
Gegen das Urteil im Fall Eminger geht die Bundesanwaltschaft in Revision. | |
Berliner Kommentar der Woche I: Jetzt bloß nicht untertauchen | |
Welche Konsequenzen sollte Berlin aus dem NSU-Urteil ziehen? Die Linke will | |
einen U-Ausschuss, die Grünen selber forschen. Was dazwischen wäre gut. | |
Nach dem Urteil im NSU-Prozess: Der Vorhang zu, die Fragen offen | |
Nach fünf Jahren ist der NSU-Prozess vorbei – und Beate Zschäpe zu | |
lebenslanger Haft verurteilt. Doch es gibt noch sieben wichtige offene | |
Fragen. | |
Kommentar NSU-Prozess und Aufklärung: Deutschland hat ein Problem | |
Die Urteile im NSU-Prozess sind zwar gesprochen. Von einer umfassenden | |
Erkenntnis über die Hintergründe des Terrors sind wir trotzdem weit | |
entfernt. |