# taz.de -- Maßnahme gegen S-Bahn-Verspätungen: Durchfahren im Südwesten | |
> Bei Zugverspätungen will die S-Bahn künftig Bahnhöfe ohne Halt | |
> durchfahren. Der Fahrgastverband sieht die Schuld für die Missstände bei | |
> der Politik. | |
Bild: Hier steht der Zug – doch die Fahrgäste fehlen. | |
Ausfälle, Verspätungen, überfüllte Züge – die Ärgernisse der Fahrgäste… | |
Berliner S-Bahn sind Legion. Die schleppende Problemlösung des Betreibers, | |
der 100-prozentigen Bahntochter S-Bahn Berlin GmbH, veranlasste die | |
Senatsverwaltung für Verkehr gerade erst, über eine Marktstudie die Tür für | |
Betreiberalternativen zu öffnen. Dabei soll auf dem Umweg eines | |
ausgelagerten Fuhrparks das Quasimonopol der S-Bahn GmbH gebrochen werden. | |
Die ist bislang im alleinigen Besitz der für Berlin speziell angefertigten | |
Züge. | |
Dessen ungeachtet präsentiert die Bahn in regelmäßigen Abständen | |
„Qualitätsoffensiven“, die das Angebot verbessern sollen. Erst in der | |
kommenden Woche sollten die neuesten Ideen der S-Bahn vorgestellt werden. | |
Über ein Pilotprojekt zur Verbesserung der Pünktlichkeit berichtete jedoch | |
die Berliner Zeitung bereits an diesem Dienstag vorab. | |
Wie die S-Bahn Berlin gegenüber der taz bestätigte, ist Teil der geplanten | |
Maßnahmen demnach ein Versuch, bei dem im Verspätungsfall Züge der Ringbahn | |
künftig einzelne Haltestellen auslassen könnten. Die Senatsverwaltung für | |
Verkehr konnte am Dienstag dazu auf Nachfrage keine Stellungnahme abgeben. | |
Der verkehrspolitische Sprecher der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, | |
Harald Wolf, erklärte gegenüber der taz: „Wenn man nur noch die Wahl hat, | |
einen Zug aufgrund von anwachsender Verspätung ganz ausfallen zu lassen | |
oder aber bestimmte Stationen auszulassen, so mag Letzteres das geringere | |
Übel sein. Wir erwarten allerdings von einer Qualitätsoffensive, die ihren | |
Namen verdient, dass alles getan wird, um Verspätungen überhaupt zu | |
verhindern.“ | |
## Nachhaltiges Chaos | |
Betroffen von den Durchfahrten wären zunächst die Bahnhöfe Halensee und | |
Hohenzollerndamm, beide direkt hintereinander im Südwesten des S-Bahn-Rings | |
gelegen. Durch die Auslassung könnten die Auswirkungen der Verspätungen auf | |
den restlichen Zugverkehr minimiert werden, so zumindest die Vorstellung. | |
Die Ringbahn ist zwar nicht per se von mehr Störungen als andere Teilstücke | |
der S-Bahn betroffen, der durchlaufende Verkehr ohne Endhaltestellen | |
erschwert jedoch den Verspätungsabbau im laufenden Betrieb. Auch kleinere | |
Probleme auf der Strecke können nachhaltiges Chaos produzieren, und das bis | |
weit über den Ring hinaus in die sich einfädelnden Linien wie die S8 und | |
die S46. | |
Tatsächlich könnte mit der punktuellen Benachteiligung eines Teils der | |
Fahrgäste vielen anderen größere Wartezeiten erspart werden, weiß Jens | |
Wieseke, Sprecher des Fahrgastverbandes IGEB. Dass überhaupt zu solch in | |
der Sache trotzdem fahrgastfeindlichen Lösungsansätzen gegriffen werde, sei | |
nicht einmal unbedingt die Schuld der S-Bahn. Ursache des Problems sei die | |
hoffnungslos überalterten Infrastruktur. | |
Wieseke fordert deshalb mit Blick auf das beispiellos hohe | |
Fahrgastaufkommen in Berlin massive Investitionen, um Gleise, Stromnetz und | |
Signalanlagen auf einen Stand zu bringen, der es überhaupt erst möglich | |
macht, den Anforderungen an den Nahverkehr gerecht zu werden: „Die S-Bahn | |
ist heute zwar der Prügelknabe, aber eigentlich ist hier die Politik | |
gefordert.“ | |
10 Jul 2018 | |
## AUTOREN | |
Daniél Kretschmar | |
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