# taz.de -- Kommentar Gentechnik-Urteil: Frohe Botschaft für Bio-Freunde | |
> Der Europäische Gerichtshof hat mit seinem Urteil die Wahlfreiheit für | |
> Konsumenten gesichert. Vertreter der Forschung reagierten enttäuscht. | |
Bild: Vielfalt geht gut auch ohne Gentechnik | |
Auch die neuen Gentechverfahren sind Gentechnik und müssen auch so | |
reguliert werden. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat damit ein | |
Grundsatzurteil gesprochen, dessen Ausmaß für die Zukunft der Gentechnik | |
noch gar nicht abgeschätzt werden kann. Mit [1][dem Urteil über Genscheren | |
wie etwa CRISP-Cas] hat der EuGH ein eindeutiges Statement für das | |
Vorsorgeprinzip und die Wahlfreiheit abgegeben. | |
Dass künftig auch Mutagenese-Pflanzen, die [2][mit den neuen Methoden des | |
Genom Editing manipuliert wurden], den umfangreichen europäischen | |
Gentechnikregelungen unterliegen, ist ein klarer Sieg für den Naturschutz, | |
den Konsumentenschutz und auch für den biologischen Landbau. | |
Künftig darf mit diesen Pflanzen nur in einem gentechnischen | |
Sicherheitslabor gearbeitet werden, Freilandexperimente sind | |
genehmigungspflichtig. Bevor sie in den Handel kommen, als Saatgut oder als | |
verarbeitetes Produkt, muss eine Risikoabschätzung erfolgen. Nur dann darf | |
auch eine Genehmigung ausgesprochen werden. | |
Für konventionell wirtschaftende Landwirte und für Biobauern ist wichtig, | |
dass sie künftig darüber informiert werden müssen, wenn in ihrer | |
Nachbarschaft Pflanzen angebaut werden, die mit Methoden des Genom Editing | |
manipuliert wurden. | |
Die Wahlfreiheit ist gesichert | |
Hätte der EuGH anders entschieden, wäre es das Aus für so manchen | |
gentechfrei arbeitenden Betrieb gewesen. Denn eine Kontaminierung von | |
Feldern mit genmanipulierten Pollen hätte dann nicht mehr verhindert werden | |
können. Da auch keine Informationen über die konkrete Genveränderung | |
bekannt wären – noch nicht einmal bei den Behörden –, könnten diese auch | |
nicht nachgewiesen werden. Produkte mit gentechnisch veränderten | |
Inhaltsstoffen hätten dann sogar mit dem Label gentechnikfrei verkauft | |
werden dürfen. So aber ist die Wahlfreiheit gesichert: Verbraucher haben | |
auch weiterhin die Möglichkeit, gentechnikfreie Waren zu kaufen. | |
Mit Enttäuschung und Empörung reagieren Vertreter der Forschung und der | |
Pflanzenzüchter. Hatten sie doch gehofft, ihre neuen Gentechpflanzen auch | |
in den Supermärkten verkaufen zu können. | |
Bisher meiden Konsumenten – zumindest in Europa – Produkte, die als | |
Gentechware gekennzeichnet sind. Aufgrund mangelnder Nachfrage werden sie | |
von den Handelsketten erst gar nicht angeboten. Was jetzt mit den | |
zahlreichen CRISPR-Cas-Produkten wird, die in den Laboren weltweit in der | |
Entwicklung sind und zum Teil schon kurz vor der Vermarktung stehen, ist | |
offen: Erwartet worden war, dass sie demnächst wie eine Welle in die | |
Supermärkte schwappen. Dem hat der EuGH jetzt einen Riegel vorgeschoben. | |
Überraschend an dem Urteil ist auch, dass künftig die EU-Staaten die Option | |
haben, auch die Pflanzen einem Zulassungsverfahren zu unterziehen, die mit | |
herkömmlichen Verfahren wie ionisierenden Strahlen oder Chemikalien | |
manipuliert wurden. Eigentlich unverständlich, dass das bisher noch nicht | |
geschehen ist. | |
25 Jul 2018 | |
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## AUTOREN | |
Wolfgang Löhr | |
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