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# taz.de -- Urteil im VW-Abgas-Skandal: Kanzlei-Durchsuchung war zulässig
> Das Bundesverfassungsgericht lehnt Klagen von VW und Anwälten ab.
> „Interne Ermittlungen“ seien nicht gegen Beschlagnahme geschützt.
Bild: Das BVerfG hat zu Ungunsten von VW entschieden: Die Beschlagnahmung der A…
Karlsruhe taz | Die bei einer Münchener Kanzlei sichergestellten Unterlagen
zum Audi-Abgas-Skandal dürfen nun doch ausgewertet werden. Das entschied
jetzt das Bundesverfassungsgericht und legte dabei die Rechte von Anwälten
und Mandanten betont eng aus.
Im März 2017 ließ die Staatsanwaltschaft München II die Münchener Räume der
US-Anwaltsfirma Jones Day durchsuchen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt im
Zuge des [1][Diesel-Abgasskandals] wegen Betrugs und strafbarer Werbung
gegen teilweise hochrangige Audi-Mitarbeiter. Damals wurden 185 Aktenordner
und unzählige Dateien sichergestellt.
Jones Day ist eine der weltweit größten Kanzleien mit 2500 Anwälten, davon
80 in Deutschland. Als in den USA gegen Volkswagen wegen Betrugs ermittelt
wurde, beauftragte VW die Anwälte von Jones Day mit internen Ermittlungen.
Sie werteten Dokumente aus und befragten über 700 Mitarbeiter. Die
Unterlagen wurden zwar den US-Behörden vorgelegt, den deutschen Ermittlern
aber verweigert. Nur mündlich gaben die Anwälte von Jones Day Auskunft.
Das Landgericht München I billigte im Mai 2017 die Durchsuchung der
Staatsanwaltschaft. Unternehmen könnten die Ergebnisse interner Ermittler
nicht dem Zugriff des Staates entziehen. Hier liege kein klassisches
Anwaltsmandat vor.
## Keine Berufung auf deutsche Grundrechte durch US-Firma
Dem widersprachen VW und die Anwaltsfirma vehement. Auch in solchen Fällen
müsse das Vertrauensverhältnis zwischen Anwälten und Mandanten vor
staatlichem Zugriff geschützt werden. VW, die Kanzlei und drei beteiligte
Anwälte erhoben deshalb mehrere Verfassungsbeschwerden. Die
Verfassungsrichter verhinderten im Juli 2017 zunächst mit einer
einstweiligen Anordnung die Auswertung der sichergestellten Akten und
Dateien. Im Ergebnis blieben die Verfassungsbeschwerden nun aber in vollem
Umfang erfolglos.
Die Verfassungsbeschwerde von Jones Day wurde sogar als unzulässig
abgelehnt. Eine amerikanische Firma könne sich in Deutschland nicht auf
Grundrechte berufen. Nur deutsche und EU-europäische „juristische Personen“
sind durch das Grundgesetz den „natürlichen Personen“ (also konkreten
Menschen) gleichgestellt. Auch die Klage der drei Anwälte wurde als
unzulässig eingestuft. Sie könnten sich nicht auf persönliche Grundrechte
berufen, weil die Kanzlei nicht zu ihrer individuellen Privatsphäre gehöre.
Doch selbst wenn die Klagen zulässig gewesen wäre, hätten sie trotzdem wohl
keinen Erfolg gehabt.
Denn auch die (zulässige) Verfassungsbeschwerde von VW wurde in vollem
Umfang als unbegründet abgelehnt. Die Verfassungsrichter billigten die
Annahme des Münchener Landgerichts, dass der Schutz der Vertrauensbeziehung
von Anwalt und Mandant nur dann ein Beschlagnahmeverbot erfordert, wenn der
Mandant bereits im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens „beschuldigt“ ist.
Das entsprechende Beschlagnahmeverbot der Strafprozessordnung sei im
Interesse einer effektiven Strafverfolgung eng auszulegen. Es könnte sonst
leicht missbraucht werden, indem Unterlagen über Straftaten stets bei
Rechtsanwälten gelagert und so der Beschlagnahme entzogen würden.
## VW will weiter mit den Ermittlern kooperieren
Für die Annahme eines besonderen Schutzbedürfnisses genüge es nicht, so die
Karlsruher Richter, dass ein Unternehmen ein künftiges Ermittlungsverfahren
lediglich befürchtet und sich deshalb anwaltlich beraten lässt oder eine
unternehmensinterne Untersuchung in Auftrag gibt.
VW könne sich auch nicht auf die gegen VW gerichteten Ermittlungen der
Staatsanwaltschaft Braunschweig berufen, denn die Staatsanwaltschaft
München II ermittle gegen Audi; dies sei ein anderes Verfahren. Dass VW der
Mutterkonzern von Audi ist, sei hier unerheblich.
VW kündigte an, man werde „weiterhin“ mit den staatlichen Ermittlern
kooperieren.
Az. 2 BvR 1562/17 u.a.
6 Jul 2018
## LINKS
[1] /Kommentar-VW-Milliarde/!5512644
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Dieselskandal
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