| # taz.de -- Mikrozensus des Statistischen Bundesamts: Gute Zahlen, kein Erfolg | |
| > Knapp Dreiviertel der Deutschen können laut Zahlen zwar von ihrer Arbeit | |
| > leben. Vor allem Frauen müssen sich aber mit Teilzeitjobs begnügen. | |
| Bild: Von Trinkgeld sollte niemand abhängig sein | |
| Sieben von zehn Erwachsenen bestreiten ihren Lebensunterhalt heute | |
| weitgehend durch ihren Job, meldete das Statistische Bundesamt am Montag. | |
| Das sind rund 72 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland. Oder in | |
| konkreten Zahlen ausgedrückt: 37 Millionen Menschen können von ihrer Arbeit | |
| mehr oder weniger gut leben und sind nicht auf staatliche Sozialtransfers | |
| angewiesen. | |
| Vor 18 Jahren, im Jahr 2000, sah das noch anders aus. Damals sicherte die | |
| eigene Erwerbsarbeit die Existenz von rund 63 Prozent der Frauen und Männer | |
| im Alter zwischen 18 und 64 Jahren: gut 33 Millionen Menschen. | |
| Was nach einigermaßen ausgeglichenem Arbeitsmarkt aussieht, stellt sich bei | |
| genauerer Betrachtung nicht mehr ganz so brillant dar. Zum einen gibt es | |
| [1][erhebliche Unterschiede bei den Geschlechtern:] Während heute 78 | |
| Prozent der Männer von ihren Jobs ernährt werden, sind es bei den Frauen | |
| nur etwa 66 Prozent. | |
| Das ist zwar etwas besser als noch im Jahr 2000. Damals lebte knapp die | |
| Hälfte der arbeitenden Frauen von ihrer Arbeit (bei den Männern waren es 74 | |
| Prozent). Damals war aber auch rund ein Drittel der Frauen auf das Geld des | |
| Ehemannes oder Partners angewiesen. Heute sind das knapp 19 Prozent, also | |
| etwas weniger. Aber wer will schon vom Partner abhängig sein? | |
| Zum anderen ist der Arbeitsmarkt mitnichten innerhalb weniger Jahre zu | |
| einem Sozial- und Genderparadies mutiert. Im Gegenteil: Die gestiegene | |
| Erwerbsquote der Frauen ist der gestiegenen Zahl an Mini- und Teilzeitjobs | |
| geschuldet. So gab es 2007 laut Bundesarbeitsagentur gut 4 Millionen | |
| teilzeitarbeitende Frauen. Zehn Jahre später waren es schon über 7 | |
| Millionen. Die Zahl der vollzeitbeschäftigten Frauen indes ist | |
| gleichgeblieben. Die Teilzeitquote bei Männern hingegen ist nur marginal | |
| gestiegen. | |
| ## Wir müssen reagieren | |
| Reaktionen gab es keine. Niemand meldete sich zu Wort. Weder eine | |
| Politikerin der Linkspartei noch jemand von den Grünen oder von der Partei | |
| mit dem sozialen Ambiente, SPD. Auch niemand von CDU, CSU, FDP kommentierte | |
| die Zahlen. Nicht einmal, um die eigene politische Agenda zu bestätigen: | |
| Schaut her, es braucht gar keine Quotengesetze und auch keine gesetzlichen | |
| Vorgaben für Teilzeit und Vollzeit. Alles Quatsch. Regelt der Markt doch | |
| von ganz allein. | |
| Also müssen wir reagieren – und fordern: Weg mit den Minijobs und her mit | |
| der sozialen und finanziellen Aufwertung von Jobs im [2][Care- und | |
| Dienstleistungssektor,] eine offenbar nachhaltige weibliche Domäne. Her mit | |
| [3][mehr Kitaplätzen,] um unkompliziert Beschäftigung für alle zu | |
| ermöglichen. Her mit mehr Familienarbeitszeit und mehr Teilzeit auch für | |
| Männer. | |
| Umfragen zeigen seit Jahren: Frauen wollen im Durchschnitt mehr arbeiten, | |
| insbesondere die Teilzeitbeschäftigten, und Männer weniger. Das macht alle | |
| glücklicher und gewährleistet soziale Teilhabe und Anerkennung – ein nicht | |
| zu gering zu schätzender Nebeneffekt der Erwerbsarbeit. | |
| 16 Jul 2018 | |
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| ## AUTOREN | |
| Simone Schmollack | |
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