# taz.de -- Berlin sucht einen Feiertag: Feste feiern, aber was? | |
> Der von Michael Müller vor drei Monaten versprochene neue Feiertag ist | |
> noch in weiter Ferne. Eine klare Haltung hat bislang nur die Linke. | |
Bild: Auf diesem Friedensfest in Demmin wird sie schon gefeiert: die Befreiungs… | |
Es war ein langes Interview, dass Michael Müller als Regierender | |
Bürgermeister im Frühjahr der Zeitung Welt gab. Hartz IV war drin, die | |
rot-schwarze Koalition, die Misere der SPD. In die Nachrichten aber | |
schaffte es etwas anderes: das Versprechen eines neuen gesetzlichen | |
Feiertags in Berlin, zu dem es gleich viele Terminideen gab. | |
Ein Vierteljahr und drei Parteitage später aber ist festzustellen: Berlin | |
hat auch hier sein viel zitiertes Umsetzungsproblem. Weder gibt es eine | |
Einigung in der Koalition noch eine klare Präferenz des Regierungschefs – | |
und schon gar nicht eine Beschlussvorlage für das Abgeordnetenhaus, das den | |
Feiertag beschließen müsste. Was es gibt, ist ein Sammelsurium von | |
Vorschlägen. | |
„Die Frage ist nicht so sehr, ob wir einen solchen Feiertag bekommen, | |
sondern eher, welchen“, hatte Müller den Welt-Interviewern gesagt. In einem | |
Gespräch mit der Berliner Morgenpost hat der Regierende nun zumindest seine | |
Präferenz geäußert: „Mein persönlicher Favorit ist der 18. März, weil ich | |
es sehr reizvoll finde, so die Ereignisse der Märzrevolution von 1848 in | |
Berlin zu würdigen.“ | |
Derzeit hat kein Bundesland weniger gesetzliche Feiertage als Berlin mit | |
seinen 9, während etwa Bayern 13 davon hat. Müller nannte den 17. Juni, | |
Jahrestag des Aufstands in der DDR, den 8. Mai als Tag der Befreiung oder | |
den 27. Januar als Holocaust-Gedenktag als Möglichkeiten. „Es muss ein Tag | |
sein, der eine politische Relevanz in unserer Geschichte hat“, so der | |
Regierungschef. | |
Ganz so wichtig und drängend kann es aber doch nicht gewesen sein. Denn auf | |
taz-Anfrage hieß es jetzt aus der Senatskanzlei: „Bezüglich des | |
einschlägigen Tages für einen neuen Feiertag gibt es innerhalb der | |
Regierungskoalition aktuell noch Abstimmungsbedarf zu den verschiedenen | |
genannten Alternativen.“ Nach Senatsangaben gibt es bisher noch nicht | |
einmal einen konkreten Zeitplan. | |
## Linke: 8. Mai! | |
Unverändert sind auch die Positionen der Parteien, sowohl in der | |
rot-rot-grünen Koalition als auch in der Opposition. Am klarsten sind die | |
Vorstellungen der Linkspartei und der FDP: Die eine hat sich schon auf | |
einen konkreten Vorschlag festgelegt, nämlich den 8. Mai, so beschlossen | |
auf einem Parteitag. | |
Und die andere, die FDP, hat eine eindeutig ablehnende Haltung. „Wir | |
finden, dass das kein Thema ist, mit dem sich die Berliner Politik aktuell | |
beschäftigen sollte“, meint der wirtschaftspolitische Sprecher der | |
FDP-Fraktion, Florian Swyter. So ein Versprechen sei ein falsches Zeichen: | |
„Die Koalition sollte schauen, wie die Stadt besser funktioniert, und | |
nicht, wie sie mehr Urlaub macht.“ | |
## CDU wartet auf Senats-Vorschlag | |
Auffälligerweise ist die CDU die einzige politische Kraft, die sich nicht | |
festlegen mag – auch nicht auf den Reformationstag, den sie in der | |
rot-schwarzen Koalition noch als einmaligen freien Tag im Lutherjahr 2017 | |
verankerte. „Wir warten auf einen Vorschlag des Senats“, sagte | |
Fraktionspressesprecher Olaf Wedekind der taz. Als Hintergrund wird | |
gemutmaßt, die CDU würde nicht dieselbe Forderung vor sich hertragen wollen | |
wie die AfD. | |
Die nutzt das wiederum zu einer Frontalattacke auf die Christdemokraten: | |
Dass die sich nicht für den Reformationstag aussprächen, sei ein | |
Armutszeugnis für eine Partei, die noch das „C“ in ihrem Namen führe. | |
Dabei hatten sich auch die Grünen nicht gescheut, den Reformationstag ins | |
Spiel zu bringen, jedenfalls die Landesarbeitsgemeinschaft grüner | |
ChristInnen. Die beantragte beim Parteitag Ende April, den 31. Oktober | |
dauerhaft zum gesetzlichen Feiertag zu machen. Das löste eine breite | |
Debatte beim Parteitag aus, in der auch der Frauentag (8. März) und | |
wahlweise einer der beiden jährlichen Europatage (5. und 9. Mai) genannt | |
wurden. Im Beschluss hieß es schließlich, man sehe „in der Diskussion viele | |
Chancen und Risiken“. | |
## Grüne: Kein Zeitdruck | |
Keinesfalls solle eine Gruppe bevorzugt oder diskriminiert werden – was | |
zwangsläufig einen religiösen Feiertag ausschließt. Im November steht der | |
nächste Parteitag an, doch Landeschef Werner Graf sieht die Grünen nicht | |
unter Zeitdruck: Ausgelöst habe die Debatte schließlich nicht seine Partei, | |
sondern der Regierende Bürgermeister. | |
Ähnlich ist es bei der SPD. Zwar forderten ihre Parteitagsdelegierten | |
Anfang Juni die Abgeordnetenhausfraktion auf, einen weiteren Feiertag in | |
Berlin auf den Weg zu bringen, so wie es schon die Länder Niedersachsen, | |
Schleswig-Holstein, Hamburg und Bremen getan haben. Während diese vier | |
Länder – drei davon SPD-geführt – sich aber auf den Reformationstag | |
festlegten, lehnen die Berliner Sozialdemokraten das ab: „Hierbei soll es | |
sich nicht um einen religiösen Feiertag handeln“, heißt es im | |
Parteitagsbeschluss. | |
Ein auch sonst in der rot-rot-grünen Koalition oft gehörtes Wort der | |
Antwort der Senatskanzlei fasst die Lage am besten zusammen: Es gebe noch | |
„Abstimmungbedarf“. | |
16 Jul 2018 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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