| # taz.de -- Konzert der Rock'n'Roller in Berlin: Damen und Herren, die Rolling … | |
| > Sie sind längst Teil des Weltkulturerbes und ein Ereignis, das man mal | |
| > gesehen haben sollte: Die Rolling Stones spielten am Freitag in Berlin. | |
| Bild: So fit wie eh und jeh: Mick Jagger | |
| Man kann, als Serviceangebot für die eiligen Leser, das Konzert der Rolling | |
| Stones im Berliner Olympiastadion in der Freitagnacht durchaus in einen | |
| Satz fassen: Die Band spielte ihre Songs, rundherum sah man beglückte | |
| Gesichter. Was ja schon mal nicht schlecht ist für eine Band, deren Musiker | |
| alle in den Siebzigern stehen, die ihren Rock ’n’ Roll spielen, so wie sie | |
| das seit je gemacht haben. | |
| Meine Damen und Herren, die Rolling Stones. Zum Einstieg gab es gleich den | |
| „Street Fighting Man“, dieses Lied aus dem bewegten 68er Jahr, überall | |
| Aufruhr, Aufbegehren, nur eben nicht in sleepy London Town, wie es in dem | |
| Lied heißt. Der Erzähler kommt zum Schluss, dass einem armen Kerl nichts | |
| anderes übrig bleibe, als in einer Rock-’n’-Roll-Band zu singen. | |
| [1][1968.] Wirklich verdammt lange her. Was man den Musikern ansieht, vor | |
| allem, wenn man auf den Großbildschirmen in das zerknautschte Gesicht von | |
| Keith Richards schaut. Natürlich trug der etwas steif auf der Bühne | |
| stehende Gitarrist das unvermeidliche bunte Tuch im Haar. | |
| Schlagzeuger Charlie Watts trommelte stoisch, [2][Ron Wood] mag man mit | |
| seinen 71 Jahren den fast jugendlichen Input der Band nennen, und [3][Mick | |
| Jagger] präsentierte sich so rank und schlank wie stets. Er hüpfte und | |
| gockelte über die Bühne, als hätte er irgendwann mal einen Gymnastiksaal | |
| verschluckt. | |
| Seine Ansagen machte er in einem ziemlich gediegenen Deutsch, hatte dabei | |
| auch einen kleinen Witz zum nicht fertig werdenden neuen | |
| Hauptstadtflughafen eingebaut. Und er verwies, noch länger her, auf [4][das | |
| erste Konzert der Rolling Stones in Berlin], damals 1965 in der dabei | |
| demolierten Waldbühne. Auch so ein besonderes Konzert einer besonderen | |
| Band. Die Stones singen nicht einfach nur den Rock ’n’ Roll, man darf ihren | |
| Namen als Synonym für Rock verwenden. | |
| ## Alternativlose Alternative | |
| Gegründet 1962, waren sie die einzige Alternative zu den Beatles. Die | |
| lösten sich 1970 auf. Seither spielen die Stones alternativlos in ihrer | |
| eigenen Liga. Irgendwann ließen sie es sogar bleiben, die jeweiligen | |
| musikalischen Moden in ihren Rhythm & Blues integrieren zu wollen. | |
| Sie machten einfach immer weiter und blieben die Stones, selbst als der | |
| Rock insgesamt doch reichlich an Bedeutung eingebüßt hatte. Weil sie da | |
| längst schon Teil des Weltkulturerbes geworden waren, eine | |
| Sehenswürdigkeit, die man bei Gelegenheit doch auch mal aufgesucht haben | |
| sollte. | |
| Tatsächlich verspürte der Berichterstatter im Olympiastadion diese | |
| eigenartige Rührung, die sich einstellt, wenn eine Sehenswürdigkeit beim | |
| Besuch wirklich [5][so aussieht, wie sie nach den Bildern aussehen soll.] | |
| Im Fall der Stones sind es ihre Lieder, die man sich mal in Echt angucken | |
| durfte: „She’s a Rainbow“. Schön. Das ist der Song, mit dem die Stones | |
| allen zeigten, dass sie auch Pop zu machen verstehen. | |
| Und dann dieser tolle, jubilierende Gospel: „You Can’t Always Get What You | |
| Want“. Die Band spielte das alles ohne irgendwelche Kinkerlitzchen. So, wie | |
| die Lieder mal gedacht waren. Und manchmal spielte die Erinnerung ein wenig | |
| mit und besserte sacht nach, wo die Liveversion ihre Lücken hatte. | |
| ## Tourismusprogramm für eine launige Nacht | |
| „Paint It Black“ spielten sie dann so grimmig und düster, wie es gespielt | |
| werden muss. Wie überhaupt die Liedauswahl all jene Stones-Fans bestätigte, | |
| die der Meinung sind, dass diese Band alles Wesentliche in ihren frühen | |
| Songs ausgedrückt hat. Im Olympiastadion bekamen sie von der Band ihren | |
| Segen. Fast alle Lieder, 19 waren es insgesamt, entstammten aus dem | |
| Stones-Repertoire der Sechziger und Frühsiebziger. | |
| Hit nach Hit wurde von der Bühne gerockt (auch das für die Chronik: Der | |
| Sound war sehr okay, das Konzert mit 65.000 Besuchern ausverkauft). | |
| „Sympathy for the Devil“, „Honky Tonk Women“, ein schroffer und | |
| garagenrockig böse angespitzter „Midnight Rambler“, was man als ein | |
| durchweg sehenswertes Golden-Oldie-Programm werten mag. Was so schon | |
| irgendwie okay gewesen wäre, als prima Tourismusprogramm quasi, mit | |
| kompetenten Museumsführern für eine launige Nacht. | |
| War aber gar nicht so. War nicht Museum. Vielleicht auch, weil die Band | |
| selbst gar nichts ausstellen wollte. Sie spielte, sie rockte, sie machte | |
| einfach ihre Arbeit und zeigte sich im Lauf des Konzerts nicht immer | |
| deutlicher ein jugendlicher Schalk im zerknautschten Greisengesicht von | |
| Keith Richards? Und so zog man auch selbst irgendwann in diese | |
| Sehenswürdigkeiten, diese Lieder, richtig ein, statt sie nur staunend zu | |
| beglotzen. | |
| Am Schluss des mehr als zweistündigen Konzerts bei der Zugabe standen dann | |
| alle im Stadion. War ja auch „Satisfaction“. Das ist er, der Rock ’n’ R… | |
| 24 Jun 2018 | |
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| ## AUTOREN | |
| Thomas Mauch | |
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