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# taz.de -- EU-Politik in den Nachrichten: Europa zur Primetime
> Brüssel ist für viele EuropäerInnen weit weg, die Wahlbeteiligung sinkt.
> Könnte ein Sender speziell für EU-Politik das Problem lösen?
Bild: Demonstrantin bei einer Kundgebung von „Pulse of Europe“ in 2017. Bra…
In einem Punkt sind sich Sven Giegold und Rolf-Dieter Krause einig:
EU-Politik findet inzwischen in Nachrichtensendungen selbstverständlich
ihren Platz. „Seit der Eurokrise haben viele Leute verstanden, wie sehr uns
europäische Politik ganz direkt betrifft“, sagt der Europaabgeordnete
Giegold. Auch Krause, der als ARD-Korrespondent 15 Jahre „Mr Brüssel“ war,
sieht eine eindeutige Entwicklung: „Was in den 90er Jahren noch undenkbar
gewesen wäre – in einer Ausgabe der 20-Uhr-Tagesschau zwei Brüsseler Themen
oder sogar drei – das hat es längst gegeben.“
Ansonsten gehen die Meinungen der beiden EU-Profis eher auseinander.
Giegold fordert einen öffentlich-rechtlichen Europakanal. „Wenn wir in
Berlin ein Gesetz machen, wird der Streit darüber wahrgenommen“, bemerkt
er. Konflikte im Europaparlament fänden wiederum „medial kaum Wahrnehmung“.
[1][Im Interview mit dem NDR-Medienmagazin „Zapp]“ spricht er von einem
„Funktionsverlust an Demokratie“: BürgerInnen wüssten bei der Europawahl
nicht, wofür die Parteien die letzten fünf Jahre im Parlament gestritten
hätten.
Der Grünen-Politiker übt zwar auch Selbstkritik und sagt, EU-PolitikerInnen
müssten „mehr Kontroverse bieten, damit das interessanter wird“. Letztlich
sollten aber ARD und ZDF, idealerweise auch andere öffentlich-rechtliche
Sender aus Europa ihre Kräfte bündeln und in einem neuen Kanal mehr bieten
als das weitgehend privat getragene Euronews – etwa Recherchen zur
EU-Politik und Talkshows mit Politikern aus ganz Europa.
ARD-Ruheständler Krause würde zwar auch gerne mehr EU im Fernsehen sehen,
für Giegolds Forderungen hat er aber vor allem ein müdes Lächeln übrig.
„Wir haben in Brüssel Klimmzüge gemacht ohne Ende, um Kommissare,
Abgeordnete, Minister aus anderen Ländern für unser ‚Europamagazin‘ zu
interviewen“, [2][sagte er WDR5]. „Wir sind in aller Regel gegen die Wand
gelaufen – und zwar krachend.“
Europapolitik jenseits von Gipfeln sei alles andere als ein Magnet, mahnt
Krause. Euronews sehe, zumindest in Deutschland, „praktisch kein Schwein“.
Das „Europamagazin“ sende daher im Ersten auch sonntags nach dem
„Presseclub“. Dort erreiche es genau die ZuschauerInnen, die sich für
Hintergründe aus Brüssel und den Mitgliedstaaten interessierten.
## Zur Wahl wird die Berichterstattung ausgebaut
Vor bald vier Jahren hat die ARD sogar ihre Regelsendezeit über EU-Politik
reduziert: Der WDR nahm seinen „Bericht aus Brüssel“ aus dem Programm –
Sparmaßnahmen. Allerdings bekam dabei immerhin das Budget des
„Europamagazins“ etwas ab. So könnten „zusätzlich europapolitische Them…
realisiert werden – auch Interviews mit europäischen Politikern. Zur
Europawahl im Mai nächsten Jahres werde zudem die EU-Berichterstattung
ausgebaut: „Derzeit wird noch über Art und Umfang von Sonderanstrengungen
beraten.“
Phoenix, ein ARD-ZDF-Gemeinschaftskanal, ist schon einen Schritt weiter,
wie der Sender der taz auf Anfrage mitteilt. Im März habe ein „permanentes
Phoenix-Büro im ARD-Studio Brüssel“ begonnen, „Terminwahrnehmungen,
Kontaktpflege und den Informationsfluss zu verbessern“ – zwischen
EU-Institutionen und den Studios von ARD, ZDF, Deutschlandradio und
Deutscher Welle. Noch in diesem Jahr sollen zudem „Gesprächssendungen zu
europäischen Themen“ aufgezeichnet werden.
2017 hat Phoenix nach eigenen Angaben insgesamt immerhin etwa 36 Stunden
aus dem Europaparlament berichtet, in diesem Jahr bereits mehr als 21
Stunden, eindeutig also „Tendenz steigend“. Zur Europawahl 2019 plant der
Kanal schließlich eine Offensive und kündigt eine ganze „Europawoche“ an.
Gut möglich, dass dort dann auch Sven Giegold eine Rolle spielt – und
KollegInnen von ihm aus anderen Mitgliedstaaten.
2 Jul 2018
## LINKS
[1] https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/zapp/Giegold-fordert-oeffentlich-rec…
[2] https://www1.wdr.de/mediathek/audio/wdr5/wdr5-toene-texte-bilder-beitraege/…
## AUTOREN
Daniel Bouhs
## TAGS
Europapolitik
Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk
Phoenix
Sven Giegold
EU-Parlament
Europa
Pulse of Europe
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