Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Bewegung Pulse of Europe: Küchentische zu Hausparlamenten
> Nachbarschaftsversammlungen sollen Forderungen an Europa formulieren.
> Pulse of Europe startet eine neue Form der Bürgerbeteiligung.
Bild: Für die EU: Veranstaltung von „Pulse of Europe“ in Frankfurt/Main, A…
Berlin taz | An Küchentischen wird oft diskutiert, selten aber in
strukturierter Form mit der Absicht, direkte Wirkung in der Politik zu
erzeugen. Die Bewegung Pulse of Europe will das jetzt ändern. Sie lädt die
Bürger*innen ein, „Hausparlamente“ einzuberufen. Mit einem Fest in der
Frankfurter Paulskirche startet die Kampagne an diesem Sonntag. Auf
hunderte, vielleicht tausende privater Versammlungen hofft die Organisation
in den kommenden Wochen – erst in der Bundesrepublik, dann in
Nachbarländern.
Die erste Welle der Hausparlamente soll bis Mitte August rollen. Bis zur
Wahl des Europa-Parlaments 2019 will Pulse of Europe (PoE) das Verfahren
mehrmals wiederholen. Unter blauen Fahnen brachte PoE im vergangenen Jahr
zeitweise zehntausende Bürger*innen auf die Straße, um gegen den drohenden
Zerfall der EU zu protestieren. Mittlerweile ist es bei den Aktionen eher
ruhig geworden.
Wer die Küche oder das Wohnzimmer zum Parlament machen möchte, kann sich
auf der Internetseite von PoE registrieren. Dann erhält man eine
Gebrauchsanleitung, die Vorschläge für die zu debattierenden Fragen
enthält. Thema und Fragen für den ersten Schwung stehen noch nicht fest. Es
wird aber wohl in diese Richtung gehen: Wie halten wir es mit den USA, ist
Amerika trotz Trump noch unser Freund, soll die EU ein Handelsabkommen
abschließen? Es wird empfohlen, drei bis sieben Leute einzuladen, möglichst
eine bunte Mischung, auch unterschiedliche Nationalitäten. Vielleicht gibt
es Nachbarn, die die AfD wählen.
Nach etwa zwei Stunden Debattenzeit sollen die Moderatoren die Ergebnisse
an PoE übermitteln, die sie dann in aggregierter Form ausgewählten
„Entscheidungsträgern“ zur Verfügung stellt. Das kann beispielsweise der
Staatssekretär eines Bundesministeriums sein. Auch Abgeordnete oder
Fraktionen des EU-Parlaments kommen in Betracht. Entscheidend ist, dass
sich die Politiker*innen vorher bereit erklärt haben mitzuwirken. Das
heißt: Sie nehmen den Prozess ernst und setzen sich mit den Forderungen
auseinander.
## „Dialog mit Entscheidungsträgern“
Die Europa-Freund*innen betrachten ihre Küchendiskussionen als
„Bürgerbeteiligung“. „Weil die Hausparlamente nicht repräsentativ
zusammengesetzt sind, kann das keine direkte Demokratie sein“, sagt
Alexander von Knigge von PoE Berlin. „Aber wir streben einen Dialog mit
Entscheidungsträgern an und erwarten ernsthafte Antworten.“
Inspiriert ist die Kampagne unter anderem von En Marche, der französischen
Organisation von Präsident Emmanuel Macron. Dessen Unterstützer*innen waren
unlängst von Wohnung zu Wohnung gegangen, um mit den Bürger*innen über
Europa zu reden. Knigge sagt: „Wir hoffen, dass die Teilnehmer durch die
Debatten mehr zu Europäern werden. Heute stehen wir ja meist auf einem
nationalen Standpunkt.“
„Die Bundesregierung hat es nicht hinbekommen, die von Macron
vorgeschlagenen Bürgerdebatten zu organisieren, jetzt werden europäische
Bürgerinnen selbst aktiv“, erklärt Politikwissenschaftler Claus Leggewie.
„Dass sich PoE neu aufstellt, ist eine gute Nachricht. Das Politische wird
jetzt privat, und es gibt aus meiner Erfahrung eine diskussionsbereite,
lebendige Bürgergesellschaft, die bemerkt hat, wie Europa auf der Kippe
steht.“
Im Buch „Die Konsultative“ fordert Leggewie zusammen mit seiner Kollegin
Patricia Nanz neue Gremien der Bürgerbeteiligung. „Die Initiative von Pulse
of Europe deutet auf ein bleibendes Manko hin: Wir haben keine
instititutionellen Formen der Zukunftsräte in Deutschland.“
9 Jun 2018
## AUTOREN
Hannes Koch
## TAGS
Pulse of Europe
Europäische Union
Bürgerbeteiligung
Europapolitik
Dunja Hayali
Serie „Zukunft Europas“
Schwerpunkt Emmanuel Macron
## ARTIKEL ZUM THEMA
EU-Politik in den Nachrichten: Europa zur Primetime
Brüssel ist für viele EuropäerInnen weit weg, die Wahlbeteiligung sinkt.
Könnte ein Sender speziell für EU-Politik das Problem lösen?
Bundesverdienstkreuz für Dunja Hayali: Orden gegen Hass
Bundespräsident Steinmainer verteilt Orden. Auch Hannes Ley und Dunja
Hayali, die sich gegen Onlinehetze engagieren, bekommen einen.
Was macht eigentlich Pulse of Europe?: Aktivisten machen unbeirrt weiter
Im Frühjahr 2017 mobilisierte Pulse of Europe erfolgreich Tausende und warb
für die Vorzüge der EU. So schnell, wie die Bewegung gekommen war, flaute
sie wieder ab.
Pulse of Europe unterstützt Macron: EU zur eigenen Sache machen
Die Bürgerbewegung Pulse of Europe unterstützt Macrons Idee demokratischer
Konvente. Sie sollen mehr Einfluss der EU-Bürger ermöglichen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.