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# taz.de -- Demo für Inklusion in Berlin: Dahin, wo das Leben ist
> Für Teilhabe, gegen Diskriminierung: Am Samstag wird zum sechsten Mal in
> Kreuzberg und Neukölln „Behindert und verrückt“ gefeiert.
Bild: Seit 2013 gibt es die Pride Parade
Berlin taz | „Erst einmal sollen wir einsehen, dass wir krank sind und dann
sollen wir wieder funktionieren.“ Paula Franz beschreibt ein
grundsätzliches Problem des Umgangs der Gesellschaft mit Menschen mit
psychiatrischen Diagnosen. Der Stigmatisierung, den paternalistischen
Zuschreibungen und einem allzu oft als repressiv empfundenen Hilfesystem
stellt sie gemeinsam mit einer offenen Vorbereitungsgruppe das Konzept der
„[1][Pride Parade – behindert und verrückt feiern]“ entgegen (Samstag, 2…
Juni, 15 Uhr, ab Hermanplatz).
Menschen mit Behinderungen, psychiatrischen Diagnosen und deren
UnterstützerInnen sind aufgerufen, sich selbst zu feiern, inklusive ihrer
vermeintlichen Mängel und Defizite. Der Kampf gegen fortgesetzte
Diskriminierungserfahrungen hat die Gruppe zusammengeführt. 2013 brachten
sie die erste Parade auf den Weg. Sven Drebes, der seitdem dabei ist,
erklärt, dass der Name Pride und ihre Verbindung von Party und Protest
dabei nicht zufällig von der LGBTI-Bewegung übernommen wurde. Schließlich
hätten viele queere Menschen sehr ähnliche Diskriminierungserfahrungen.
Neben der Zelebrierung individueller Diversität erhebt die Parade immer
wieder auch Forderungen an die Politik. War das 2017 das breit diskutierte
Bundesteilhabegesetz, fehlt solch ein Kristallisationspunkt in diesem Jahr.
Die alltagspraktischen, oft einschränkenden Folgen politischer
Regulierungen jedoch sind ständige Begleiter für Menschen mit
Behinderungen. Paula Franz und Sven Drebes beschreiben konkrete Probleme
von Menschen, die auf intensive Assistenz bei der Bewältigung des Alltags
angewiesen sind. So werden die Assistenzleistungen in Berlin von vielen
Bezirksämtern nicht getragen, wenn die Betroffenen sich in Krankenhäusern
aufhalten. Deren standardisierte Pflegeleistungen, die auch Krankenkassen
in ihren Abrechnungssystemen für ausreichend halten, decken den Bedarf
keineswegs.
Diskriminierung und Stigmatisierung sehen Franz und Drebes derweil nicht
als allein administrativ zu lösendes Problem. Beim Abbau von Barrieren
seien nicht allein Politik und Verwaltung, sondern die Gesellschaft
insgesamt gefragt, sagen sie. „Deshalb stellen wir uns mit der Parade ja
auch nicht vors Kanzleramt, sondern dahin, wo das Leben ist“, so Drebes.
Die größte Herausforderung für das Orgateam ist die Mobilisierung ihrer
Zielgruppe. Zunächst sei die Erreichbarkeit von Menschen mit Behinderungen
oder psychiatrischen Diagnosen erschwert, da diese oft in hermetisch
abgeschlossenen Hilfesystemen eingebunden seien. Zudem ist noch immer für
viele die Angst vor einer Stigmatisierung allein durch die Teilnahme an
einer Veranstaltung wie der Pride ein Hinderungsgrund.
Die OrganisatorInnen hindert das aber nicht, selbstbewusst ihr Anliegen in
die Öffentlichkeit zu tragen. Zum Abschluss der Parade werden sie die
„Glitzerkrücke“ verleihen, einen Negativpreis für besonders
inklusionsfeindliche Praxis in Politik und Wirtschaft. Die Nominierten
werden vor Ort bekanntgegeben. Ganz basisdemokratisch erfolgt dann die
Abstimmung unter den TeilnehmerInnen.
21 Jun 2018
## LINKS
[1] https://www.pride-parade.de/
## AUTOREN
Daniél Kretschmar
## TAGS
Teilhabegesetz
Inklusion
Menschen mit Behinderung
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