# taz.de -- IWF-Kredit für Argentinien: Nehmt Milliarden, aber seid sparsam | |
> Der Internationale Währungsfonds gibt dem wirtschaftlich angeschlagenen | |
> Argentinien 50 Milliarden Dollar. Nun soll es drastisch sparen. | |
Bild: Nacht in Buenos Aires | |
Buenos Aires taz | 50 Milliarden Dollar – auf diese Kreditsumme kann | |
Argentinien in den kommenden drei Jahren beim Internationalen Währungsfonds | |
(IWF) zurückgreifen. „Mit der Vereinbarung haben wir eine Krise vermieden,“ | |
sagte der sichtlich zufriedene Finanzminister Nicolás Dujovne | |
Donnerstagabend in Buenos Aires. Zugesagt seien zudem weitere | |
Milliardenkredite von der Weltbank, der Interamerikanischen | |
Entwicklungsbank (IADB) und der Andinen Entwicklungsbank (CAF) in eine | |
Gesamthöhe von 5,62 Milliarden Dollar. | |
Im Gegenzug verpflichtete sich die Regierung in dem Stand-By-Abkommen zu | |
einer drastischen Sparpolitik. So soll bis 2020 das Haushaltsdefizit von | |
zuletzt negativen 8 Prozent an der Wirtschaftsleistung in ein Plus in der | |
Haushaltskasse umgewandelt werden und die jährliche Inflationsrate von | |
gegenwärtig über 25 Prozent auf unter zehn Prozent gesenkt werden. Mit | |
welchen konkreten Einsparungen dies erreicht werden soll, sagte Dujovne | |
nicht. | |
„Argentiniens Regierungen haben sich in der Vergangenheit immer an den | |
Reserven der Zentralbank bedient,“ sagte Dujovne. Damit sei jetzt Schluss. | |
Die Regierung werde die Zentralbank, nach dem Vorbild der entwickelten | |
Länder organisieren, sie werde ihre Schulden bei der Zentralbank | |
zurückzahlen und so deren Devisenreserven stärken. Sollte das | |
IWF-Direktorium am 20. Juni dem ganzen Programm zustimmen, würden sofort 15 | |
Milliarden Dollar nach Argentinien fließen, auf die Restsumme könne dann je | |
nach Bedarf zugegriffen werden. Der Zinssatz liege bei etwas unter vier | |
Prozent, so Dujovne. | |
## Sonderregelung für Sozialprogramme | |
Als absolute Neuheit verkündete der Minister die Aufnahme einer | |
Sozialklausel in dem Abkommen. So könne die Regierung im Härtefall die | |
Ausgaben für gezielte Sozialprogramme um einen vereinbarten Prozentsatz | |
erhöhen. Zum ersten Mal in seiner Geschichte habe der IWF sich auf eine | |
solche Klausel eingelassen, so Dujovne. Dass sich die Sozialklausel auf | |
gesetzlich verankerte Sozialleistungen bezieht, wie beispielsweise die | |
Unterstützung für Kinder aus armen Familien, die nur durch den Kongress | |
zurückgenommen werden können, in dem die Regierung jedoch über keine | |
eigenen Mehrheit verfügt, verschwieg er. | |
Die vereinbarte Kreditsumme von knapp 56 Milliarden kommt jedoch für alle | |
überraschend – zuvor war im günstigsten Fall von 30 Milliarden die Rede – | |
und wird Unternehmer und Bankiers beruhigen. Damit gewinnt der zuletzt | |
[1][in den Umfragen schwer abgesackte Präsident Mauricio Macri] vor allem | |
auch Zeit. Das auf drei Jahre angelegte IWF-Programm erstreckt sich auch | |
auf die Amtszeit des ab 2019 regierenden Präsidenten. Macri könnte sich so | |
mit Hilfe des IWF seine Wiederwahl gesichert haben. | |
Welchen innenpolitischen Preis die Regierung bezahlen muss, ist noch offen. | |
Die zersplitterte politische Opposition hatte sich gerade mit dem IWF als | |
gemeinsamen kleinsten Nenner gegen die Macri-Regierung zu formieren | |
begonnen. Bei vielen weckt der IWF die schlimmsten Erinnerungen. Mit seinen | |
Strukturanpassungsprogrammen bestimmte der Fonds in den 1980er- und | |
1990er-Jahren die Finanz- und Wirtschaftspolitik des hochverschuldeten | |
Landes. Haushaltkürzungen, der Verkauf von Staatsbetrieben und die | |
Privatisierung des Rentensystems machten zwar Mittel für den Schuldendienst | |
frei, trieben das Land aber in eine soziale Schieflage. Und als der IWF | |
2001 die Auszahlung eines Milliarden-Dollar-Kredit verweigerte, brach die | |
Krise los. Gut die Hälfte der Bevölkerung rutschte damals unter die | |
Armutsgrenze. | |
[2][Der Gang zum IWF Anfang Mai] war eine Reaktion der Regierung auf den | |
drastischen Wertverlust des Peso gegenüber dem Dollar. Mit dem damals | |
angekündigten Schritt versuchte die Regierung den Run in die US-Währung zu | |
stoppen. Argentiniens letztes Stand-By-Abkommen datiert auf das Jahr 2003 | |
noch unter dem damaligen Präsidenten Néstor Kirchner. Kirchner hatte Ende | |
2005 die Rückzahlung der damaligen Verbindlichkeiten beim IWF in Höhe von | |
9,8 Milliarden US-Dollar angeordnet und sich geweigert Vorgaben für den | |
Fonds zu akzeptieren. Seither hatte das Land keine IWF-Gelder mehr | |
angenommen. | |
8 Jun 2018 | |
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## AUTOREN | |
Jürgen Vogt | |
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