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# taz.de -- Kolumne Berliner Galerien: Fremde Leben, persönliche Erinnerungen
> Kolumnist Kito Nedo begibt sich in den Galerien Nagel Draxler, Sprüth
> Magers und Lars Friedrich auf Spurensuche.
Bild: Andro Wekua, Sprüth Magers, Berlin (Installationsansicht)
Wer einmal auf dem Flohmarkt in alten Familienfotos gekramt hat, kennt die
Mischung aus voyeuristischem Interesse und Langeweile, mit welcher man
durch die zumeist profanen Aufnahmen eines fremden Lebens wühlt. Dies ist
auch der erste Reflex beim Betrachten der neuen Bilder des Berliner Malers
Dominik Sittig in der [1][Galerie Nagel Draxler].
Für „Memoriorama“ hat Sittig offensichtlich Familien- und
Urlaubsfotografien als Vorlagen für seine teilweise großformatigen und
„realistisch“ anmutenden Gemälde verwendet, in deren Titel er wiederum auf
Ort und Zeitpunkt der zugrundeliegenden Fotografie zu verweisen scheint.
Anders als beim Schnappschuss wartet allerdings in der Kunst das
Versprechen auf Ewigkeit.
Collagierte Lebensgeschichten
Spuren der Erinnerung werden auch im Werk des aus Georgien stammenden
Künstlers Andro Wekua umkreist. Als Kind verlor der 1977 in der
Schwarzmeerküstenstadt Sochumi geborene Künstler seinen Vater in den Wirren
des Bürgerkrieges und musste mit seiner Mutter und seinem Bruder in den
Westen fliehen. Wekua arbeitet mit Fotografien im Collage-Verfahren, an
dessen Ende eine roh wirkende Form von Gemälde steht.
Dieser Ansatz findet sich auch in den Installationen des Künstlers, die
seit jeher immer etwas Dunkles und Unheimliches umgibt. In der großen Halle
der Galerie [2][Sprüth Magers] hat Wekua ein rechteckiges Bassin aufgebaut,
in dessen Zentrum eine silberne, lebensgroße Gestalt in leicht gebeugter
Haltung zu verharren scheint. An verschiedenen Stellen des Körpers finden
sich technisch wirkende Schlitze, aus denen fortwährend Wasser rinnt.
Grüße aus der MS-Office-Welt
Gemeinfreie Clipart-Strichmännchen, sogenannte „Screen Beans“ waren einst
das Lumpenproletariat der MS-Office-Welt. Irgendwann waren sie
verschwunden, niemand hat sie vermisst. In den bunten
Kugelschreiberzeichnungen von Michael Franz tauchen sie nun unvermittelt
wieder auf und wirken in ihrer überdrehten Gestenhaftigkeit wie ins Bild
gewanderte Bildkommentare. Doch auch sie bringen keine Aufklärung in die
rätselhafte Bildwelt des Künstlers, die sich um Gefühle, Management,
Arbeitswelt, Bürokultur und Käfigleben zu drehen scheint.
„The Organization Man“ heißt die Ausstellung bei [3][Lars Friedrich]. Auf
einer dunklen Mauer leuchtet im Stil der Datumsbilder On Kawaras die Angabe
„Feb. 5, 1974“ auf und die stilisierte Darstellung eines Labyrinths.
Anderswo weist ein Herr im Anzug freundlich, aber bestimmt den Weg zur Tür.
Dieser Text erscheint im taz.plan. Mehr Kultur für Berlin und Brandenburg
immer donnerstags in der Printausgabe der taz.
13 Jun 2018
## LINKS
[1] http://nagel-draxler.de/
[2] http://spruethmagers.com/
[3] http://www.larsfriedrich.net/
## AUTOREN
Kito Nedo
## TAGS
Berliner Galerien
Kunst Berlin
Malerei
Skulptur
Zeichnung
Kunst
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