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# taz.de -- Linke Szene im Streit mit Behörden: Der Wind wird rauher
> Die Durchsuchung des linken Kulturzentrums Alhambra in Oldenburg hat
> bereits befriedete Konflikte wieder aufgemacht. Dabei ging es nur um ein
> paar Fahnen.
Bild: Eine Flagge der syrischen YPG: Kurdische Farben, aber deswegen gleich ver…
OLDENBURG taz | Auch zwei Wochen nach der Durchsuchung des linken
Kulturzentrums Alhambra in Oldenburg und darauffolgenden Zusammenstößen
zwischen Aktivist*innen und Polizei stehen die Behörden noch immer in der
Kritik. „Was diese Durchsuchung sollte, kann ich mir immer noch nicht so
recht erklären“, sagt Hans-Henning Adler, der für die Linke im Stadtrat
sitzt und bis 2013 Fraktionsvorsitzender im Landtag war. Offenbar hätten
Polizei und Staatsanwaltschaft Härte zeigen wollen, vermutet Adler.
Rund 50 Beamt*innen hatten das seit mittlerweile 40 Jahren bestehende
autonome Kulturzentrum durchsucht. Anlass war ein Ermittlungsverfahren
wegen Straftaten nach dem Vereinsgesetz. Wie Torben Tölle, Sprecher der
Oldenburger Staatsanwaltschaft, sagt, sei drei Wochen zuvor auf einer
Demonstration eine Fahne „in den Farben“ von kurdischen Organisationen
ausgebreitet worden. Anschließend sei auf dem Dach des Alhambra eine
weitere von der Staatsanwaltschaft als verboten erachtete Fahne entrollt
worden. Alle Fahnen, so der Vorwurf, nähmen Bezug auf die in Deutschland
als Terrororganisation geltende kurdische PKK.
Am Tag nach der Durchsuchung kam es im Zuge einer nicht angemeldeten
Protest-Demonstration zu Zusammenstößen mit der Polizei. Dabei gab es
mindestens sechs Verletzte, zwei davon auf Seiten der Polizei –
hauptsächlich durch den Einsatz von Pfefferspray.
Auch hier ist Adler von der Linken verwundert: „Bisher kam es nie zu
gewaltsamen Konflikten“, sagt er. Dass die Demo nicht angemeldet wurde, sei
in Oldenburg üblich. Stattdessen werde meist ein kurzes
Kooperationsgespräch zwischen Aktivist*innen und Polizei über die
Demo-Route geführt. „Über diesen Ablauf gab es eigentlich immer eine
stillschweigende Übereinkunft“, sagt Adler.
Das Alhambra hingegen sieht das Handeln der Behörden als klare
Unterdrückung von linkem Protest. „Die Durchsuchung fällt in eine Reihe von
Kriminalisierungsversuchen der kurdischen und linken Aktivist*innen in
Deutschland“, schreibt das Zentrum in einer Mitteilung. Der
völkerrechtswidrige Einmarsch der türkischen Armee in Afrin werde somit
legitimiert. „Wir lassen uns durch diese Einschüchterung nicht abhalten und
werden auch in Zukunft unbequeme Positionen vertreten“, heißt es weiter.
Die betreffenden Flaggen wurden bei der Durchsuchung sichergestellt. Dass
die Polizei allerdings erst mehr als drei Wochen nach dem Präsentieren der
Fahnen die Durchsuchung vornahm, lässt die These zu, dass man bei der
Durchsuchung noch auf etwas „Beifang“ hoffte. „Der Zeitablauf ist nichts
ungewöhnliches“, sagt hingegen Tölle von der Staatsanwaltschaft. Dennoch:
Ein paar gefundene Marihuana-Pflanzen konnte die Polizei dann auch gleich
mitkonfiszieren.
Schon im Februar war es in Niedersachsen zu einer [1][Durchsuchung mit
ähnlicher Ausgangslage] gekommen. An der Fassade eines als linkem
Szenetreff bekannten Gasthofs in Meuchefitz im Wendland hing ein
Unterstützungstransparent für die Kurd*innen in Afrin. Aufschrift: „Afrin
halte durch! Türkische Truppen & Deutsche Waffen morden in Rojava! Es lebe
die YPJ/YPG!“
YPJ und YPG gelten den Behörden als Unterorganisationen der PKK. Nachdem
das Transparent einige Wochen hing, durchsuchten eines Morgens vermummte
und mit Maschinenpistolen bewaffnete Polizeieinheiten den Gasthof.
Ob in Oldenburg in nächster Zeit wieder etwas Ruhe einkehren wird, könnte
sich auch in den nächsten Tagen entscheiden. Bis Samstag muss das
Oldenburger Verwaltungsgericht über eine Klage entscheiden, die
Linken-Politiker Adler eingereicht hatte.
Am kommenden Samstag wird es Oldenburg wieder eine Demonstration geben, die
gegen den Einsatz des türkischen Militärs in kurdischen Gebieten
protestiert. Die Behörden haben allerdings in ihren Auflagen dazu das
Zeigen von drei syrisch-kurdischen Symbolen untersagt, wogegen die Anmelder
nun gerichtlich vorgehen. „Die Behauptung der Behörden, dass es sich bei
prokurdischen Organisationen um Ableger-Parteien der PKK handelt und
deshalb strafbar ist, ist eine juristische Erfindung“, sagt Adler, der
hauptberuflich als Rechtsanwalt tätig ist.
7 Jun 2018
## LINKS
[1] /Archiv-Suche/!5483886&s=Meuchefitz/
## AUTOREN
André Zuschlag
## TAGS
YPG
PKK
Oldenburg
Linke Szene
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PKK
Polizei
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