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# taz.de -- taz-Serie Datenschutz in der EU: Vergiss mich, Internet!
> Firmen müssen künftig Daten löschen, wenn Kunden das möchten. Aber ob und
> wie das umgesetzt wird, entscheiden wohl Gerichte.
Bild: Jugendsünde im Netz? Die Datenschutzgrundverordnung regelt das „Recht …
Die Daten von rund 500 Millionen Europäer*innen stehen ab 25. Mai 2018
unter besonderem Schutz. Dann gilt die EU-Datenschutzgrundverordnung – kurz
DSGVO. Sie gilt als Meilenstein und Zeitenwende im europäischen
Datenschutzrecht. Während Verbraucherschützer*innen jubeln, ärgern sich
Blogger*innen, Vereinsleute oder Kleinunternehmer*innen über das
bürokratische Ungetüm. Die taz beleuchtet [1][in einer Serie] die
verschiedenen Aspekte der DSGVO.
BERLIN taz | Was einmal im Netz ist, das bleibt auch dort – so war das
jedenfalls bislang. Pass auf, was du im Internet teilst, wem du Bilder
schickst, was du von dir preisgibst. Einmal ins Formular oder Textfeld
getippt, sind die Daten aus der Hand gegeben – und damit der eigenen
Kontrolle entzogen. Aber: Das soll jetzt alles anders werden, dank der
Datenschutzgrundverordnung. Das „Recht auf Vergessenwerden“ ist eines der
zentralen Elemente der neuen Vorschriften, geregelt in Artikel 17. Der
heißt eigentlich „Recht auf Löschung“ – der griffigere andere Titel ste…
in Klammern dahinter.
Hier ist geregelt, dass Menschen das Recht haben, das Löschen aller sie
betreffenden personenbezogenen Daten von einem Verarbeiter zu fordern, und
zwar „ohne schuldhaftes Zögern“ – konkret haben Firmen dafür vier Wochen
Zeit. Dieser Wunsch kann berechtigt sein, wenn es keinen Grund für eine
weitere Speicherung dieser Daten gibt, aber auch, wenn die Person einfach
ihre Einwilligung widerruft. Der Verarbeiter muss sogar von sich aus Daten
löschen, zu deren Speicherung und Verarbeitung es keinen Grund (mehr) gibt.
Falls zu löschende Daten weiterverbreitet wurden, müssen Dritte, die die
Daten ebenfalls verarbeiten, darüber informiert werden. All das passt zum
ebenfalls in der DSGVO festgeschriebenen Grundsatz der Datenminimierung:
Danach soll nur noch das Nötigste gespeichert, der Rest muss gelöscht
werden. Auch die Informationspflichten für Firmen werden erweitert. Künftig
haben also alle Europäer auch das Recht, zu erfragen, welche Daten
überhaupt über sie gespeichert sind.
Die Regelungen sollen es Menschen ermöglichen, weiträumig die Kontrolle
über ihre Daten zu behalten – sei es nun bei Plattformen wie Facebook,
Online-Marktplätzen wie Amazon oder auch bei der kleinen Buchhandlung von
nebenan, der ich vor einem halben Jahr eine Mail mit einer Frage zum neuen
Roman meiner Lieblingsautorin geschrieben habe. Ausnahmen gibt es zum
Beispiel bei öffentlichem Interesse, gesetzlich vorgeschriebenen
Speicherfristen oder zur Ausübung des Rechts auf Meinungsfreiheit.
Das Recht auf Löschen und Vergessenwerden gab es bereits – begrenzt – vor
der DSGVO. 2014 etwa verpflichtete der Europäische Gerichtshof Google dazu,
bestimmte Links aus seinen Suchergebnissen zu entfernen, da diese „nicht
mehr erheblich“ seien. Geklagt hatte ein Spanier, dessen Name im
Zusammenhang mit einer Zwangsversteigerung in Zeitungsartikeln aufgetaucht
war. Er hatte seine Schulden jedoch längst abgezahlt – doch wer seinen
Namen googelte, landete bei diesen Artikeln. Viele Unternehmen setzen die
bestehenden Regeln bisher kaum um. Da mit der DSGVO für Verstöße nun enorm
hohe Bußgelder drohen, gibt es jede Menge Ratgeber, Handbücher und teure
Kurse im Angebot, die erklären, wie man den Datenschutz den Vorgaben
entsprechend umsetzen kann.
So sind etliche Unternehmen selten darauf ausgerichtet, bestimmte Daten zu
bestimmten Zeiten zu löschen. „Die DSGVO betrifft große Konzerne genau so
wie kleine Unternehmen“, sagt Ingo Dachwitz vom Blog Netzpolitik.org.
Gerade für die kleinen Datenverarbeiter sei die Herausforderung, sich
umzustellen, größer. „Aber dass man geltende Regeln bisher nicht umgesetzt
hat und damit durchkam, kann ja kein Argument sein, es auch weiterhin nicht
zu tun“, sagt Dachwitz.
Wer in Zukunft tatsächlich welche Daten löschen muss, das wird sich noch
zeigen. Kann ich von der Schufa verlangen, Daten über eine vor drei Jahren
nicht bezahlte Handyrechnung zu löschen, wenn ich seither immer brav
gezahlt habe? Oder hat die Auskunftei ein berechtigtes Geschäftsinteresse
an der Speicherung dieser Daten? „Ich persönlich bin der Meinung, dass auch
die Schufa löschen muss“, sagt Dachwitz. „Aber diese Fragen werden wohl die
Gerichte klären müssen.“ Dachwitz glaubt, dass in den kommenden Jahren
viele Prozesse rund um die DSGVO geführt werden. „Darin zeigt sich durchaus
ein Versäumnis“, sagt er. „Die DSGVO regelt Dinge sehr grundsätzlich. Die
EU und die Bundesregierung hätten bestimmte Bereiche noch ausformulieren
oder konkretisieren sollen.“
***
Anmerkung der Redaktion: Im ursprünglichen Text wurde von zu langen
Speicherungszeiträumen von Daten bei der Schufa ausgegangen. Die Schufa hat
uns darauf hingewiesen, dass Informationen über unerledigte Sachverhalte in
der Regel vier volle Kalenderjahre gespeichert werden. Davon gibt es
Ausnahmen; in den FAQ der Schufa heißt es dazu: „ Eine länger währende
Speicherung ist insbesondere dann möglich, wenn beispielsweise eine
titulierte Forderung längere Zeit nicht ausgeglichen wurde.“
***
Teil 1 unserer Datenschutz-Serie: [2][Interview mit der
Bundesdatenschutzbeauftragten Andrea Voßhoff]
Teil 2 unserer Datenschutz-Serie: [3][Was steht drin im DSGVO?]
Teil 3 unserer Datenschutz-Serie: [4][Auch kleine Firmen beklagen die
Rechtsunsicherheit des neuen Gesetzes]
Teil 4 unserer Datenschutz-Serie: [5][Interview mit dem Verbraucherschützer
Christian Gollner]
Teil 5 unserer Datenschutz-Serie: [6][Porträt des grünen Vordenkers der
neuen Datenschutzgesetze Jan Philipp Albrecht]
Teil 6 unserer Datenschutz-Serie: [7][Das Recht auf Vergessenwerden]
Teil 7 unserer Datenschutz-Serie: [8][Ein Vereinsvorsitzender und eine
Bloggerin sprechen über Nachteile des EU-Datenschutzgesetzes]
Teil 8 unserer Datenschutz-Serie: [9][Kommentar zur digitalen Zeitenwende]
20 May 2018
## LINKS
[1] /!t5506996/
[2] /taz-Serie-zum-Datenschutz-in-der-EU/!5504988
[3] /taz-Serie-Datenschutz-in-der-EU/!5506516
[4] /taz-Serie-zum-Datenschutz-in-der-EU/!5506515
[5] /taz-Serie-Datenschutz-in-der-EU/!5506519
[6] /taz-Serie-Datenschutz-in-der-EU/!5506517
[7] /taz-Serie-Datenschutz-in-der-EU/!5506518
[8] /taz-Serie-Datenschutz-in-der-EU/!5506520
[9] /taz-Serie-Datenschutz-in-der-EU/!5504095
## AUTOREN
Dinah Riese
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