# taz.de -- Weltkriegsgedenken in der Ukraine: „Unsterbliches Regiment“ mar… | |
> Westlich orientierte Ukrainer gedenken des Sieges über den | |
> Hitler-Faschismus am 8. Mai, Russlandfreunde erst am 9. Mai. Die Stimmung | |
> ist aufgeheizt. | |
Bild: Das „Unsterbliche Regiment“ am Mittwoch in Kiew | |
KIEW taz | Mehrere tausend Menschen sind am 9. Mai durch ukrainische Städte | |
gezogen, um der Toten des Zweiten Weltkrieges zu gedenken. Allein in Kiew | |
hatten sich über 2000 Menschen an dem Marsch des „Unsterblichen Regimentes“ | |
beteiligt. | |
Während inzwischen in der Ukraine wie im Westen offiziell am 8. Mai des | |
Sieges über den Hitler-Faschismus gedacht wird, finden in Russland in alter | |
sowjetischer Tradition am 9. Mai diese Feierlichkeiten statt. | |
Die Stimmung war aufgeheizt, als sich um 9 Uhr morgens der Platz vor einer | |
U-Bahn-Station mit Menschen füllte. Sie wollten mit einem Zug, „dem | |
unsterblichen Regiment“ und Porträts ihrer im Zweiten Weltkrieg gefallenen | |
Verwandten zum Ewigen Feuer marschieren. | |
Doch unter den Wartenden war auch eine Gruppe Rechtsradikaler, die sich dem | |
Marsch entgegenstellen wollten. | |
## Rechtsradikale gegen sowjetische Symbole | |
Wer auf die Demonstration wollte, musste durch einen von vier | |
Metalldetektoren. Gemeinsam mit der Polizei hielten ukrainische | |
Rechtsradikale Personen vom Betreten der Demonstrationsstrecke ab, die | |
sowjetische Symbole trugen. | |
Zwei Frauen, die sich das St. Georgsband an die Brust geheftet hatten, | |
wurden von Ordnern des „Nationalen Korpus“, einer paramilitärischen | |
Nichtregierungsorganisation, der Polizei übergeben, die sie vorübergehend | |
festnahm. | |
Das St. Georgsband ist ein Symbol der sowjetischen Streitkräfte. Da es aber | |
auch das Erkennungszeichen der ostukrainischen Separatisten ist, darf es in | |
der Ukraine nicht getragen werden. | |
## Faschismusvorwürfe auf beiden Seiten | |
„Ihr seid russische Faschisten“ ruft ein Mann von der rechtsradikalen | |
Gruppe C14 einem Demonstrationsteilnehmer zu und hält ihn gleichzeitig mit | |
seinen Kollegen davon ab, durch den Metalldetektor zu gehen. Die Menge ruft | |
ihm zu „Der Faschismus kommt nicht durch“ – und sofort rufen die | |
Nationalisten „Ruhm der Ukraine – Tod dem Feind“. | |
„Die Regierung will nicht, dass wir am 9. Mai der Toten des zweiten | |
Weltkrieges gedenken. Alles was an die Sowjetunion erinnert, wollen die aus | |
unserem Gedächtnis löschen. Doch man darf die Geschichte nicht einfach | |
umschreiben. Mitten in Paris gibt es einen Stalingrad-Platz, und dort stört | |
sich niemand daran“ erklärt ein ordensbehangener Veteran. | |
Er war Kommandeur eines U-Bootes. „Wenn das so weitergeht, werden wir bald | |
nicht mal mehr am 9. Mai unserer Toten gedenken dürfen“, fährt er fort. | |
„Nun, man muss die jungen Leute hier auch verstehen, die gegen das | |
´unsterbliche Regiment´ demonstrieren“ hält eine Passantin entgegen. „De… | |
Großväter haben gegen Stalin gekämpft. Sie wollen eben nun mal nicht, dass | |
man in Kiew genauso des Endes des Zweiten Weltkrieges gedenkt, wie man das | |
in Putins Russland tut“. | |
## Polizei hält Gruppen getrennt | |
Abgesehen von einigen Rangeleien, bei denen niemand verletzt wurde, blieb | |
es friedlich. Das liegt zum Großteil auch an der stark präsenten Polizei. | |
Sie hatte die Demoteilnehmer von den Rechtsradikalen abgeschirmt. | |
Zehn Personen seien vorübergehend festgenommen worden, weil sie sowjetische | |
Symbolik benutzt hätten, berichtet der stellvertretende Innenminister | |
Sergej Jarowoj. | |
Laut Ukrainska Prawda wurden zwei Journalisten „russischer | |
Propagandakanäle“ festgenommen und abgeschoben. Valentina Solowjowa und | |
Olga Jurjewa hätten beabsichtigt, mit ihrem Material die Ukraine vor der | |
Weltgemeinschaft zu diskreditieren und die Bevölkerung zu desinformieren | |
sollte, begründete der ukrainische Inlandsgeheimdienst SBU die Abschiebung. | |
Neben den umstrittenen Märschen des „unsterblichen Regimentes“ in Kiew und | |
Odessa wurde landesweit mit über tausend weitere Veranstaltungen der Toten | |
des Zweiten Weltkrieges gedacht. | |
9 May 2018 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Clasen | |
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