# taz.de -- Kommentar zu Sigmar Gabriels neuem Job: Kein plumper Lobbyismus | |
> Früher war Sigmar Gabriel Diplomat für Deutschland, jetzt ist er es für | |
> Siemens. Das mag im Bahngeschäft harmlos sein – wenn es transparent ist. | |
Bild: Im Rampenlicht zu stehen bedeutet noch keine Transparenz | |
Sigmar Gabriel hat noch nie einen Betrieb geführt, sondern war unter | |
anderem Ministerpräsident in Niedersachsen, Pop-Beauftragter der SPD, | |
Umwelt-, Wirtschafts- und Außenminister. Trotzdem [1][wechselt der | |
Politiker] jetzt plötzlich in die Welt der Unternehmen. Im nächsten Jahr | |
soll Gabriel in den Verwaltungsrat von Siemens Alstom einziehen. | |
Gabriels neue Firma gibt es noch nicht; Siemens Alstom soll erst durch | |
Fusion entstehen. Aber der Verwaltungsrat ist schon nominiert – und besteht | |
nur aus hochrangigen Fachleuten der beiden Unternehmen. Mit einer Ausnahme: | |
[2][Gabriel]. Er wird der bunte Hund unter den Wirtschaftsexperten sein. | |
Der Argwohn liegt also nahe, dass es sich um plumpen Lobbyismus handelt. | |
Aber so einfach ist es nicht. Stattdessen macht Gabriels neue Karriere in | |
der Zugbranche deutlich, dass die Belieferung von Eisenbahnen schon immer | |
ein hochpolitisches Geschäft war. Denn in vielen Ländern ist die Eisenbahn | |
sowieso staatlich – und wo sie komplett privatisiert wurde, wie etwa in | |
Großbritannien, hat man damit so schlechte Erfahrungen gemacht, dass auch | |
dort der Staat wieder eingreift. | |
Doch nicht nur der Betrieb der Bahn, auch ihre Investitionen sind | |
hochpolitisch. Schließlich handelt es sich stets um Großaufträge, die viele | |
Arbeitsplätze sichern. Also liegt es nahe, am liebsten heimische | |
Unternehmen zu bedenken. Es ist kein Zufall, dass die Deutsche Bahn den ICE | |
von Siemens ordert und die Franzosen den TGV von der französischen Alstom | |
bevorzugen. | |
## Früher Diplomat für Deutschland, jetzt für Siemens | |
Die Heimatmärkte sind also verteilt. Interessant sind für Siemens und | |
Alstom vor allem jene Länder, die zwar Bahnstrecken, aber keine eigenen | |
Zugbauer haben. Doch dort herrscht knallharte Konkurrenz mit anderen | |
Bahnzulieferern, wie etwa dem chinesischen Großkonzern CRRC. Offenbar | |
glaubt Siemens, dass Gabriel in diesem Tauziehen ein Gewinn sein könnte. | |
Denn als langjähriger Minister kennt er viele der Kollegen, die im Ausland | |
über Bahninvestitionen entscheiden. | |
Gabriel bleibt sich also treu: Früher war er Diplomat für Deutschland, | |
jetzt ist er es für Siemens. | |
Das mag im Falle von Bahnlieferanten harmlos sein. Trotzdem bleibt ein | |
ungutes Gefühl, wenn Politiker ihre Kontakte und ihr (geheimes) Wissen | |
privaten Unternehmen zur Verfügung stellen. Daher [3][hat Lobbycontrol | |
recht]: Es muss absolute Transparenz darüber herrschen, wo einstige und | |
aktive Politiker anheuern. Vor allem bei den Abgeordneten wüsste man gern | |
mehr über ihre Nebentätigkeiten. | |
Es muss im Detail klar sein, welche Jobs sie wahrnehmen – und wie viel sie | |
verdienen. Davon ist Deutschland noch weit entfernt. | |
16 May 2018 | |
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## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
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