# taz.de -- Exmitarbeiter vor Gericht: Die Mexiko-Deals von Heckler & Koch | |
> Ehemalige Beschäftigte der Firma Heckler & Koch sollen ungenehmigt | |
> tausende Gewehre nach Mexiko geliefert haben. Nun startete der Prozess | |
> gegen sie. | |
Bild: Waffengegner halten Fotos von 43 StudentInnen, die 2014 in Mexiko entfüh… | |
STUTTGART taz | Der Vorwurf klingt atemberaubend: Zwei ehemalige | |
Geschäftsführer des Waffenherstellers Heckler & Koch aus dem schwäbischen | |
Oberndorf sowie vier leitende Mitarbeiter des Unternehmens sollen gewerbs- | |
und bandenmäßig gegen das Kriegswaffengesetz verstoßen haben. Dafür müssen | |
sie sich seit Dienstag vor dem Stuttgarter Landgericht verantworten, im | |
Fall einer Verurteilung drohen ihnen Haftstrafen. | |
Konkret geht es um Lieferungen von Tausenden Gewehren, Maschinenpistolen | |
sowie Zubehör in den Jahren 2006 bis 2009 in die mexikanischen Provinzen | |
Chiapas, Chihuahua, Jalisco und Guerrero, in denen bürgerkriegsähnliche | |
Zustände herrschten. Die Gewehre sollen beim Verschwinden von [1][43 | |
Studenten aus Ayotzinapa verwendet worden sein]. Der Fall erregte weltweit | |
Aufsehen. | |
Waffenexporte nach Mexiko genehmigte die Bundesregierung in der | |
Vergangenheit nur, wenn der Empfänger garantierte, dass sie nicht in diese | |
Unruheprovinzen geliefert werden. Inzwischen sind Exporte von sogenannten | |
Kleinwaffen in solche Länder ganz verboten. Die 13. Große | |
Wirtschaftsstrafkammer unter Vorsitz von Frank Maurer muss nun klären, ob | |
die Mitarbeiter des Waffenherstellers gegen diese Vorgaben vorsätzlich | |
verstoßen haben. Dabei liegen die mutmaßlichen Taten schon über zehn Jahre | |
zurück. | |
Den Anstoß für das Verfahren gab 2010 eine Anzeige des Rüstungsgegners | |
[2][Jürgen Grässlin] sowie seines Anwalts Holger Rotbauer. Bis 2016 hatte | |
das Gericht gebraucht, bis die Anklage zugelassen wurde. Erst jetzt konnte | |
das Verfahren eröffnet werden. Grund für die Verzögerung sei die hohe | |
Auslastung der Kammer, erklärte der Vorsitzende. „Jede andere Spekulation | |
über Gründe habe keine Grundlage“, betonte er und trat damit Vermutungen | |
entgegen, das Gericht habe das Verfahren verzögert, um Strafrabatt wegen | |
langer Verfahrensdauer geben zu können. Diese Spekulation bezog sich vor | |
allem auf einen der ehemaligen Angeklagten, der vor seiner Tätigkeit bei | |
Heckler & Koch Landgerichtspräsident in Rottweil war. | |
## Die wesentliche Frage | |
Besonders offensiv trat denn auch der Anwalt dieses ehemaligen Richters | |
auf. Er warf der Staatsanwaltschaft „juristische Infamie“ vor. Für Heckler | |
& Koch und damit für seinen Mandanten habe die Verantwortung für den | |
Verbleib der Waffen mit der Lieferung an eine Regierungsbehörde nach | |
Mexiko-Stadt geendet. | |
Eine wesentliche Frage in der Verhandlung dürfte deshalb sein, ob die | |
Mitarbeiter des Waffenherstellers dafür Sorge tragen mussten, dass die | |
Gewehre, die an das mexikanische Verteidigungsministerium geliefert wurden, | |
nicht in die Unruheprovinzen weitergereicht wurden. Der Verteidiger des | |
angeklagten Geschäftsführers B. verwies darauf, dass auf der | |
Verbleibserklärung, die das Bundeswirtschaftsministerium verlangte, nur das | |
Land Mexiko gestanden habe, keine Provinz. Die Staatsanwaltschaft sieht das | |
anders. | |
Wenn die Mexiko-Deals von Heckler & Koch in Ordnung wären, stellt sich die | |
Frage, warum die neue Geschäftsleitung 2016 nach einer umfangreichen | |
internen Untersuchung aufwendige Kontrollmaßnahmen gegen Korruption und für | |
gesetzestreue Exportrichtlinien eingeführt hat. Ein Anwalt von Heckler & | |
Koch betonte, das Unternehmen habe seit den Vorgängen damals seine gesamte | |
Strategie und Unternehmenskultur verändert. Geliefert würde heute überhaupt | |
nur noch an sogenannte „grüne Länder“ – Staaten etwa, die zur EU oder N… | |
gehören oder strenge Menschenrechtsstandards erfüllen. | |
Es zeichnet sich ab, dass die Vertreter von Heckler & Koch bemüht sind, die | |
Verantwortung den angeklagten Mitarbeitern zuzuschieben, während die | |
Angeklagten den Behörden in Mexiko die Verantwortung geben. Wichtige | |
Hinweise könnte in diesem Zusammenhang ein Whistleblower geben, der | |
Grässlin seinerzeit auf die Vorgänge aufmerksam gemacht hat. Der ehemalige | |
Waffenvorführer von Heckler & Koch soll belegen können, dass die Firma | |
Vorführungen ihres Sturmgewehrs für mexikanische Sicherheitskräfte gezielt | |
in den fraglichen Provinzen abgehalten hat. Der Mann ist bisher jedoch | |
nicht als Zeuge geladen. | |
Lesen Sie auch den Hintergrund: [3][Morde an Studenten – Deutsche Waffen, | |
tote Mexikaner] | |
15 May 2018 | |
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## AUTOREN | |
Benno Stieber | |
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