# taz.de -- Ungereinigte Abgase von Schiffen: Zum Geburtstag viel Gift | |
> Beim Hamburger Hafengeburtstag hat der Nabu weit überhöhte | |
> Konzentrationen von ultrafeinen Schadstoffen in der Atemluft gemessen. | |
Bild: Dicke Luft im Hamburger Hafen: Kaum ein Schiff verfügt über eine Abgasr… | |
HAMBURG taz | Eine weit überhöhte Konzentration von krebserregenden | |
Rußpartikeln hat der Umweltverband Nabu am Sonnabend beim Hamburger | |
Hafengeburtstag gemessen. Direkt vor den Landungsbrücken wurden in der | |
Atemluft bis zu 200.000 Partikel pro Kubikzentimeter nachgewiesen, in den | |
Straßencafés des angrenzenden Portugiesenviertels waren es immerhin noch | |
20.000 Partikel. | |
Das entspricht den Werten, die im Berufsverkehr an den am höchsten | |
belasteten Straßenkreuzungen deutscher Städte gemessen werden. An der | |
Außenalster oder im Park Planten un Blomen in Hamburg liegt die Belastung | |
hingegen nur bei etwa 5.000 Partikeln pro Kubikmeter. | |
„Die hohen Werte im Hafenbereich wundern mich nicht. Die dreckigsten Pötte | |
können weiterhin ohne jegliche Abgastechnik durch Hamburg schippern“, sagt | |
Malte Siegert, Hafenexperte des Nabu Hamburg. Noch immer verfüge kaum ein | |
Schiff über eine Abgasreinigung. Deshalb sei die Luft im Hafen direkt an | |
den Anlegern besonders stark belastet. „Und das nachweislich nicht nur zum | |
Hafengeburtstag“, sagt Siegert. | |
Gesetzlich sind ultrafeine Partikel nicht reguliert. Neben Stickoxiden und | |
Schwefeloxiden ist insbesondere die Belastung mit Feinstaub und Ruß aus | |
Dieselmotoren eine beträchtliche Gefahr für die Gesundheit von Menschen. | |
Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind diese Rußpartikel ebenso | |
krebserregend wie Asbest. Angesichts ihrer winzigen Größe können sie von | |
Nasenhaaren, Bronchien oder Lungenbläschen nicht gefiltert werden und zu | |
Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Herzinfarkten und Alzheimer führen. | |
„Während Rußpartikelfilter auf der Straße längst Standard sind, stoßen | |
Schiffe ihre giftigen Abgase ungefiltert in die Luft der Hafenstädte. Das | |
muss sich ändern. Hamburg muss seinen regulatorischen Spielraum jenseits | |
gesetzlicher Vorgaben nutzen“, fordert Siegert. So könnte die Stadt zum | |
Beispiel vorschreiben, dass im Hafen tätige Unternehmen wie | |
Schlepperdienste oder Fahrgastschiffanbieter den bestmöglichen Kraftstoff | |
verwenden oder Systeme zur Abgasnachbehandlung nachrüsten. | |
„Die Freude am Hafengeburtstag wird durch Schiffsabgase vergiftet“, sagt | |
Nabu-Vorsitzender Alexander Porschke. Er fordert deshalb, wirksame | |
Maßnahmen schneller umzusetzen und auch strengere Vorschriften für den | |
Schiffsverkehr zu erlassen. So müsse Kreuzfahrtschiffen die Nutzung der | |
zehn Millionen Euro teuren Landstromanlage am Terminal Altona „endlich | |
vorgeschrieben werden“, so Porschke. Bisher nutze nur ein einziger | |
Luxusliner die Anlage. | |
Schon bei der Vorstellung des Hamburger Luftreinhalteplans vor einem Jahr | |
hatte Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) eingeräumt, nach neuesten | |
Erkenntnissen sei die Schadstoffbelastung durch den Hafen bedenklicher als | |
bisher vermutet. Das sei „am Nordufer der Elbe ein erhebliches Problem für | |
die Luftqualität“, so Kerstan. Dort trage „der Hafenhintergrund“ laut | |
Modellrechnung rund 80 Prozent zur Schadstoffbelastung bei. Deshalb sollten | |
an den Terminals vermehrt Landstromanlagen und Flüssiggastankstellen | |
errichtet werden, damit Frachter während der Liegezeit ihre Dieselmotoren | |
abschalten können. | |
Der Druck, solchen Worten Taten folgen zu lassen, ist seit dem | |
Diesel-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts von Ende Februar enorm | |
gestiegen. Eine gewichtige Rolle spielt besonders der Dieselruß von | |
Kreuzfahrtschiffen. Auf die Luftverschmutzung durch die Luxusliner weisen | |
Umweltschützer schon seit Jahren hin. In allen großen norddeutschen Häfen | |
sei die Belastung durch Schiffsdiesel deutlich höher als durch den | |
Autoverkehr, so der Nabu. Deshalb müssten die Menschen in Hamburg, | |
Bremerhaven, Warnemünde oder Kiel doppelt unter gesundheitsgefährdenden | |
Belastungen in der Atemluft leiden. | |
Deshalb soll nun auch der Kieler Hafen noch in diesem Jahr eine | |
Landstromanlage erhalten. Die Pilotanlage am Norwegenkai soll die beiden | |
Luxusfähren der Color Line zwischen Kiel und Oslo versorgen. Das sieht ein | |
Anfang April vorgestelltes Konzept für eine umweltfreundliche Entwicklung | |
des Hafens vor. Das Ziel bestehe darin, die Schiffsemissionen während der | |
Liegezeit weiter zu reduzieren. Die schleswig-holsteinische | |
Landeshauptstadt weist im Norden die höchsten Konzentrationen von | |
Luftschadstoffen aus. | |
An der Auslaufparade am Sonntagabend zum Abschluss des Hamburger | |
Hafengeburtstags beteiligten sich auch etliche Motorjachten und vier | |
Kreuzfahrtschiffe. „Alles, was maritim vertreten ist an Fahrzeugen, haben | |
wir während des Hafengeburtstags gebündelt hier“, hatte der | |
stellvertretende Hafenkapitän Andreas Brummermann Anfang Mai bei der | |
Präsentation des Programms gesagt. Es klang wie eine Drohung. | |
14 May 2018 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
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