| # taz.de -- Konservative in Großbritannien: May verliert ihre Innenministerin | |
| > Nach einem Skandal um die Behandlung von Migranten aus der Karibik tritt | |
| > Amber Rudd zurück. Nachfolger wird der Minister für Kommunen, Sajid | |
| > Javid. | |
| Bild: Stolperte über den Umgang mit Migranten aus der Karibik: Amber Rudd | |
| Dublin taz | Die Luft wird dünner für die britische Premierministerin | |
| Theresa May. Am Sonntagabend ist ihre Innenministerin Amber Rudd | |
| zurückgetreten. Die 54-Jährige zog damit die Konsequenzen aus dem | |
| Windrush-Skandal um die illegale Behandlung von Migranten aus der Karibik. | |
| Der Begriff stammt vom Namen eines Passagierschiffes, mit dem die ersten | |
| Einwanderer aus der Karibik nach Großbritannien kamen – und zwar auf | |
| Einladung der Regierung, die nach dem Zweiten Weltkrieg Arbeitskräfte für | |
| den Wiederaufbau benötigte. | |
| Allerdings stellten ihnen die Behörden keine Dokumente aus, weil Menschen | |
| aus den Kolonien damals automatisches Bleiberecht hatten. Das sollte ihnen | |
| nun zum Verhängnis werden. Vielen wurde die Zahlung von Sozialleistungen | |
| oder die medizinische Versorgung verweigert, manchen wurde gar mit | |
| Abschiebung gedroht. | |
| Rudd hat sich ihre Probleme durch ihr Verhalten selbst eingebrockt. Ihr | |
| Eiertanz begann am vorigen Mittwoch, als sie einem Unterhausausschuss | |
| weismachen wollte, dass es keine Zielvorgaben für die Abschiebung illegaler | |
| Migranten gebe. Einen Tag später räumte sie ein, dass diese Vorgaben | |
| existierten, aber sie habe davon nichts gewusst. | |
| ## Dokument nie gesehen | |
| Wieder einen Tag später [1][veröffentlichte der Guardian ein Dokument], aus | |
| dem hervorging, dass das Innenministerium sehr wohl informiert war. Rudd | |
| behauptete abermals, dieses Dokument nie gesehen zu haben. Am Sonntagabend | |
| räumte sie schließlich ein, dass es ihre Aufgabe gewesen wäre, sich darüber | |
| zu informieren. | |
| In ihrem Rücktrittsbrief schrieb sie explizit vom „Windrush-Skandal“ und | |
| kündigte Notgesetze an, mit denen die Rechte der Karibik-Migranten | |
| gesichert werden sollen. May ließ ein Hintertürchen für Rudd offen. Sie | |
| akzeptierte zwar den Rücktritt, fügte aber hinzu: „Ich weiß, dass du noch | |
| einen großen Beitrag zum Leben der Nation leisten kannst und ich freue mich | |
| darauf.“ | |
| Die Opposition hält Rudd für ein Bauernopfer. Die wahre Schuldige sei May, | |
| die als langjährige Innenministerin den Boden für die schäbige Behandlung | |
| von Migranten bereitet habe, meint die Labour-Partei. | |
| May habe damals eine „feindliche Umgebung“ für illegale Immigranten | |
| geschaffen. Londons Bürgermeister Sadiq Khan sagte, der Windrush-Skandal | |
| sei eine Folge dieses feindlichen Umfelds. | |
| ## Absolute Mehrheit verspielt | |
| Mit Rudd verliert May eine weitere Vertraute in ihrem Kabinett. Es ist | |
| bereits der fünfte Rücktritt seit den Wahlen im vergangenen Juni, bei denen | |
| May ohne Not die absolute Tory-Mehrheit verspielt hat und seitdem auf die | |
| Unterstützung der nordirischen Unionisten angewiesen ist. | |
| Lediglich Nordirland-Minister James Brokenshire hat sein Amt nicht wegen | |
| eines Skandals, sondern aus Gesundheitsgründen aufgegeben. John McDonnell, | |
| der Schatzkanzler im Labour-Schattenkabinett, sagte, man könne die | |
| Verwesung der Regierung förmlich riechen. | |
| Zu Rudds Nachfolger ernannte May am Montag den konservativen Politiker | |
| Sajid Javid, Minister für die Gemeinden und Kommunalverwaltungen. Der Sohn | |
| pakistanischer Einwanderer war früher Direktor der Deutschen Bank. | |
| Javid war wie Rudd gegen den Brexit. Er hat sich am Sonntag wütend über den | |
| Windrush-Skandal geäußert: „Ich dachte, es hätte meine Mutter treffen | |
| können, meinen Vater, meinen Onkel oder auch mich.“ | |
| 30 Apr 2018 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.theguardian.com/politics/2018/apr/27/amber-rudd-was-told-about-… | |
| ## AUTOREN | |
| Ralf Sotscheck | |
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