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# taz.de -- Kabinettsklausur auf Schloss Meseberg: Groko beschnuppert sich
> Seit vier Wochen steht die neue Große Koalition. Nun wollen Union und SPD
> sich „ein bisschen näherkommen“ – und die Streitereien hinter sich
> lassen.
Bild: Zwei Tage nehmen sich die Koalitionspartner für ihre Kabinettsklausur in…
Berlin dpa | Nach dem Holperstart ihrer dritten großen Koalition will
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die Minister von Union und SPD auf
konstruktive Regierungsarbeit einschwören. Die Bürger erwarteten, dass die
Ministerien endlich die im Koalitionsvertrag vereinbarten Vorhaben
angingen, verlangte CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer am
Montag vor der ersten Klausur des neuen schwarz-roten Kabinetts an diesem
Dienstag und Mittwoch in Meseberg nördlich von Berlin.
Jedes Ressort habe klare Arbeitsvorgaben, sagte Kramp-Karrenbauer. Diese
sollten jetzt auch umgesetzt werden. Nur am Rande ging sie ein auf die
jüngsten Debatten über den Islam, Familiennachzug für Flüchtlinge oder
innere Sicherheit, die sowohl innerhalb der Union als auch zwischen den
Koalitionsparteien CDU, CSU und SPD kontrovers geführt werden.
Bis zur Sommerpause soll es nach Kramp-Karrenbauers Worten Fortschritte
geben vor allem bei den von Frankreich vorgeschlagenen EU-Reformen, den
drohenden US-Strafzöllen, dem Dieselskandal und der inneren Sicherheit vom
Familiennachzug bis zu schnelleren Abschiebungen. Zudem nannte sie als
Kernprojekte die digitale Infrastruktur und in der Gesundheitspolitik den
Pflegepakt und die elektronische Gesundheitskarte.
Es wird erwartet, dass bei der Klausur ein konkreter Zeitplan für die
wichtigsten Regierungsprojekte festgezurrt wird. Die CDU-Generalsekretärin
plädierte für einen Wettbewerb zwischen Unions- und SPD-geführten Ressorts,
welches seine Vorhaben am schnellsten umsetzt.
## Nahles fordert gemeinsame Kraftanstrengung
Auch die SPD-Fraktions- und designierte Parteichefin Andrea Nahles
verlangte bei allen Unterschieden der Parteien eine gemeinsame
Kraftanstrengung für das Land. Im ZDF sagte sie am Montag: „So langsam
müsste mal ein Gesamtbild entstehen, wohin es denn in den nächsten Monaten
gehen soll.“ In den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland hielt sie
Innenminister Horst Seehofer (CSU) und Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU)
vor, ihnen gehe es „viel zu sehr um Eigenprofilierung“.
Seehofer hatte unter anderem mit seinem Satz, der Islam gehöre nicht zu
Deutschland, eine hitzige Debatte entfacht. Spahn hatte vor allem mit einer
Äußerung über Armut und der Forderung nach mehr „Recht und Ordnung“ für
Wirbel gesorgt. Nahles hatte quasi ein Machtwort von Kanzlerin Merkel
gegenüber Spahn und Seehofer gefordert.
Kramp-Karrenbauer hielt dem entgegen, Nahles' Äußerungen seien vor dem
Hintergrund der in zwei Wochen anstehenden Wahl zur SPD-Vorsitzenden
nachvollziehbar. Generell riet die CDU-Politikerin der SPD davon ab,
gleichzeitig Regierungs- und Oppositionspartei sein zu wollen. Dies habe
die Partei schon gegen Ende der vergangenen Legislaturperiode versucht, und
das sei ihr nicht gut bekommen.
Seehofer wiederholte seine umstrittene Aussage zum Islam im CSU-Vorstand.
Zugleich betonte er nach Teilnehmerangaben, er habe kein Verständnis für
all jene, auch aus der Union, die „da irgendwas relativieren“. Vor kurzem
hatte Seehofer erklärt, dass der Islam nicht zu Deutschland gehöre, wohl
aber die hier lebenden Muslime. Daraufhin war eine Debatte entbrannt, in
der sich nicht nur der Koalitionspartner SPD, sondern auch Merkel von
Seehofers Aussage distanziert hatten.
Zuletzt gab es zwischen CSU und SPD Streit über eine Übertragung nicht
ausgeschöpfter Kontingente beim Familiennachzug für Flüchtlinge von Monat
zu Monat. Im Koalitionsvertrag steht, dass der Nachzug auf monatlich 1.000
Menschen begrenzt werden soll. Die stellvertretenden CDU-Vorsitzenden Julia
Klöckner und Armin Laschet äußerten sich dazu zurückhaltend. Man sei noch
im Status eines Referentenentwurfs, sagte Klöckner. „Wir sollten die
Klausurtagung dazu nutzen, auch hinter verschlossenen Türen über Ideen zu
reden.“ Seehofer sagte in München: „Die Sozialdemokraten stehen immer noch
neben der Spur. Ich rate ihnen zu mehr Gelassenheit.“
## Sich „ein bisschen näher“ kommen
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Laschet hofft, dass sich die
Mitglieder der neuen Regierung bei der Klausur im Gästehaus der
Bundesregierung in Meseberg „ein bisschen näher“ kommen. Sinn einer Klausur
sei ja auch das bessere persönliche Kennenlernen. „Das Persönliche muss
stimmen, in der Sache kann man streiten.“
In Meseberg wird es auch um den Bundeshaushalt gehen, dessen Entwurf bis
Ende des Monats vorliegen soll. Finanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz
(SPD) will allzu großen Wünschen der anderen Ressortchefs einen Riegel
vorschieben. Er will einen Haushalt ohne neue Schulden, die „Schwarze Null“
soll wie immer seit 2014 stehen. Darüber hinaus will es Scholz schaffen,
was Vorgänger Wolfgang Schäuble (CDU) nicht gelungen war: Der Anteil der
Staatsschulden am Bruttoinlandsprodukt (BIP) soll erstmals wieder unter die
in den EU-Verträgen von Maastricht vorgeschriebene Marke von 60 Prozent
sinken. 2017 verringerten sich die Schulden bereits stark.
9 Apr 2018
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