# taz.de -- Berliner Wochenkommentar II: Die Kacke vorm Büro war es nicht | |
> Chris Dercon hat hingeschmissen. Die Debatte darüber hält an. Was sagt | |
> Michael Müller, der Regierende Bürgermeister, dazu? Nichts. Er ließ | |
> Dercon im Regen stehen lassen. | |
Bild: Vor der Volksbühne, April 2018: ein Aufkleber mit der Aufschrift „Tsch… | |
Acht Tage sind es nun her, dass bekannt wurde: Chris Dercon, Intendant der | |
Volksbühne für gerade mal sieben Monate, schmeißt hin. Der erste Reflex: Er | |
hat es nicht mehr ausgehalten. All die bösen Anfeindungen, die offenen | |
Briefe der alten Mitarbeiter, die zur Schau getragene Skepsis von | |
Kultursenator Klaus Lederer (Linke) seit Ende 2016, der Kot vor seinem Büro | |
im Spätsommer, schließlich die Besetzung des Hauses am Rosa-Luxemburg-Platz | |
im Herbst 2017. | |
Die Woche nach Dercons Abtritt brachte zum Vorschein, dass der ganze Hass, | |
der dem fließend Deutsch sprechenden Belgier und ehemaligen Chef der Tate | |
Modern, Chris Dercon, in dieser Stadt massiv entgegenschwappte und dabei | |
manchmal ebenso provinziell wie stalinistisch daherkam, eher einer der | |
weniger relevanten Gründe für seinen Abgang war. | |
Am Montag verkündeten sowohl der neue Interimschef Klaus Dörr in einem | |
Interview als auch Klaus Lederer im Kulturausschuss des Berliner | |
Abgeordnetenhauses: Die Volksbühne habe nicht nachhaltig produziert. Die | |
Produktionen seien zu teuer und liefen zu selten. Wäre der Betrieb so | |
weitergegangen, wäre der Laden spätestens in der nächsten Spielzeit | |
komplett an die Wand gefahren. | |
Klaus Lederer stand gut da, als er sagte, es brauche Zeit, eine neue | |
Personalie zu finden – der Prozess solle außerdem transparenter werden. | |
Nicht weniger elegant kam er am Donnerstag rüber, als er den | |
Auflösungsvertrag mit Dercon veröffentlichte. Dercon erhält sein Gehalt bis | |
Jahresende, weitere Ansprüche bestünden nicht. Es hätte teurer werden | |
können für Berlin. | |
Aber wie kommt die Berliner Kulturpolitik weg, wenn man zurückblickt? | |
Immerhin war Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) 2014 | |
auch Kultursenator, er ist neben dem damaligen Kulturstaatsminister Tim | |
Renner (SPD), der inzwischen vollkommen in der Versenkung verschwunden ist, | |
der Hauptverantwortliche für das ganze Debakel. Müller hat in den drei | |
Jahren seit seiner Entscheidung für Dercon geschwiegen. Laut Dercon hat er | |
keine einzige neue Aufführung an der Volksbühne besucht. Er hat Dercon auf | |
ganzer Linie im Regen stehen lassen. | |
21 Apr 2018 | |
## AUTOREN | |
Susanne Messmer | |
## TAGS | |
Chris Dercon | |
Michael Müller | |
Klaus Lederer | |
Berliner Volksbühne | |
Frank Castorf | |
Chris Dercon | |
Chris Dercon | |
Berliner Volksbühne | |
Berliner Szenen | |
Berliner Volksbühne | |
Berliner Volksbühne | |
Chris Dercon | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Dinge des Jahres 2018: Schaler Abgang | |
Chris Dercon hatte als Volksbühnen-Intendant nie eine Chance, zu fremd war | |
der Weltbürger mit Schal dem Ost-Berliner Biotop. | |
Theater-Biennale in Venedig: Manchmal hilft nur das Scheitern | |
Wie geht Erneuerung am Theater? Darüber sprachen in Venedig ausgerechnet | |
gescheiterte mit fast gescheiterten Intendanten. Unter ihnen: Chris Dercon. | |
Zukunft der Berliner Volksbühne: Kritik an Hinterzimmerpolitik | |
Die ehemaligen Besetzer*innen der Berliner Volksbühne melden sich wieder zu | |
Wort und fordern einen öffentlichen Diskurs. | |
Berliner Szenen: Wer ist dumm und stellt sich schlau? | |
Auf einmal steht er da wirklich und lächelt, natürlich mit Schal. Eine | |
letzte Begegnung mit Chris Dercon in den Eingeweiden der Volksbühne. | |
Dercons Abtritt von der Volksbühne: Kritik und Zermürbung | |
Chris Dercon, Intendant der Volksbühne in Berlin, muss gehen – noch vor | |
Ende der Spielzeit. Eigene Fehler und Feindschaften führten dazu. | |
Kommentar Volksbühnen-Intendant: Das Ende einer Schnapsidee | |
Die Idee, die Volksbühne von Chris Dercon leiten zu lassen, war von Anfang | |
an verkorkst. Nun muss der Kultursenator zeigen, dass es anders geht. | |
Grüner Kulturpolitiker zur Volksbühne: „Dercons Konzept funktionierte nicht… | |
Die Trennung vom umstrittenen Volksbühnen-Intendanten ist ein | |
„Befreiungsschlag“, auch für Dercon selbst, sagt Daniel Wesener (Grüne). |