| # taz.de -- Aktion gegen Antisemitismus: Kippa, Kippot, Solidarität | |
| > Am Mittwoch gehen Juden und Nichtjuden mit Kopfbedeckung auf die Straße. | |
| > Eine kleine Kippakunde. | |
| Bild: Am Mittwoch soll die Kippa auch von Nichtjuden getragen werden | |
| Sie kann tiefschwarz sein oder knallbunt. Es gibt sie in Leder, aus Stoff | |
| oder in Papierform, mit Mustern oder ohne. Hauptsache, sie ist kreisrund | |
| und bedeckt den Hinterkopf: die Kippa. Diese Kopfbedeckung, die von | |
| männlichen Juden getragen wird, gilt als Symbol für das Judentum | |
| schlechthin, ähnlich wie der Davidstern. Sie signalisiert Gottesfurcht und | |
| Bescheidenheit vor Gott. | |
| Am Mittwoch soll die Kippa auch von Nichtjuden getragen werden, und zwar | |
| demonstrativ von möglichst vielen. In mehreren deutschen Städten sind die | |
| Menschen dazu aufgerufen, mit dem kleinen Bekleidungsstück auf dem Kopf | |
| ihren Protest gegen wachsenden Antisemitismus deutlich zu machen. Aber was | |
| hat es mit dem runden Ding eigentlich auf sich? | |
| Das Tragen einer Kippa (Plural: Kippot) ist in den jüdischen Schriften kaum | |
| verankert. Zwar verweist das 3. Buch Moses auf die Bestimmung, dass | |
| Priester nicht barhäuptig sein sollten. „Ihr sollt mir ein Königreich von | |
| Priestern und ein heiliges Volk sein“, heißt es wiederum im 2. Buche Mose, | |
| woraus sich eine Pflicht zur Kopfbedeckung ableiten ließe. | |
| ## Diskriminierung umgedreht | |
| Tatsächlich aber ist die Kippa vor allem eine Entwicklung aus dem | |
| Mittelalter, sagt der Berliner Rabbiner Andreas Nachama. Noch im 10. | |
| Jahrhundert hieß es, Juden sollten beim Eintritt in die Synagoge ihre | |
| Kopfbedeckung abnehmen und nicht etwa anziehen. Bald darauf zwang die | |
| antijüdisch eingestellte Mehrheitsbevölkerung die Minderheit zum Tragen von | |
| „Judenhüten“. | |
| Doch im Lauf der Jahre drehten die Juden diese Diskriminierung im positiven | |
| Sinne um: Nun galt ihnen die Kippa als Zeichen der Zugehörigkeit zu ihrer | |
| Religion. Zudem galt es noch im 19. Jahrhundert als unschicklich, ohne | |
| Kopfbedeckung in der Öffentlichkeit unterwegs zu sein – so entwickelte sich | |
| die Kippa zum praktischen Hutersatz. Das gefiel nicht allen: In der | |
| jüdischen Reformbewegung wurde im 19. Jahrhundert propagiert, die Kippa | |
| wieder abzuschaffen. | |
| Eine ausdrückliche Pflicht zum Tragen der Kippa besteht im Judentum bis | |
| heute nicht. Säkular eingestellte Männer laufen mit ihr im Alltag überhaupt | |
| nicht herum. Getragen wird sie vor allem in der Synagoge und auf dem | |
| Friedhof, manchmal auch auf der Straße. „Ich persönlich brauche sie | |
| außerhalb von religiösen Zeremonien nicht“, sagt Nachama. | |
| Traditionell halten auch Jüdinnen ihr Haupt bedeckt. „Jüdische Frauen | |
| sollten nicht mit bloßem Haupt zum Markt gehen“, heißt es in der Tora. | |
| Streng religiöse Jüdinnen bedienen sich dazu entweder eines Tichels | |
| (Kopftuch), eines Huts oder sie tragen eine Perücke. Die meisten aber | |
| halten sich nicht an die Regel. | |
| Ein Verbot, dass Frauen keine Kippa tragen dürfen, existiert im Judentum | |
| nicht. Ebenso wenig gibt es das für Nichtjuden. Und deshalb spricht nun | |
| wirklich nichts dagegen, dass sich an diesem Mittwoch Juden, Christen, | |
| Muslime, Andersgläubige und Ungläubige, Frauen, Männer und Transsexuelle | |
| versammeln – und dass sie dabei als Symbol der Solidarität eine Kippa | |
| tragen. | |
| 25 Apr 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Klaus Hillenbrand | |
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