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# taz.de -- Antisemitismus in Deutschland: Dem Judenhass widersprechen
> In der taz gibt es an diesem Mittwoch eine Kippa zum Ausschneiden.
> Chefredakteur Georg Löwisch kommentiert, warum das was bringt.
Bild: Am Mittwoch auf dem taz-Titel: eine Kppa zum Ausschneiden
Eine Kippa zum Ausschneiden: Was bringt das? Wem hilft das? Eigentlich will
doch, wer seinen Kopf mit der Kippa bedeckt, Gottesfurcht zeigen. Die Kappe
ist eine Privatsache, ein altes Zeichen jüdischen Glaubens. Einige tragen
die Kippa nicht bloß beim Beten, sondern auch im Alltag, in Israel, in New
York, anderswo. In Deutschland aber nicht. Im Gegenteil.
In Berlin läuft fast niemand mit Kippa durch die Stadt. Manche setzen sich
stattdessen eine Schiebermütze auf den Kopf oder ziehen sogar eine Mütze
über die Kappe, eine Variante des Selbstschutzes, die Juden in deutschen
und osteuropäischen Städten vor über hundert Jahren erfunden haben sollen.
Der Hass auf Kippaträger ist vieles, aber neu ist er nicht. Gerade eben hat
– wieder einmal – der Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Josef
Schuster, davon abgeraten, offen eine Kippa zu tragen. Denn in
Berlin-Prenzlauer Berg beschimpften junge Männer zwei Kippaträger, ein
Angreifer schlug mit dem Gürtel zu.
In Berlin, in Köln, in Erfurt, in Magdeburg, in Potsdam und andernorts
finden an diesem Mittwoch Kundgebungen statt. Die Menschen dort können
Kippa tragen, um damit zu sagen: Wer Kippaträger angreift, attackiert die
ganze Gesellschaft. Diese Haltung ist richtig, und es ist gut, sie durch
ein Zeichen zu zeigen, das jeder und jede geben kann, nicht bloß die
Vorsitzenden von Verbänden, Gewerkschaften und Parteien. Oder am Ende nur
die jüdischen Gemeinden selbst.
Deutschland hat den Antisemitismus nie überwunden. Es gab die Nazi-Rentner,
die vom Führer schwadronierten, und nur Optimisten dachten, wenn die Alten
stürben, wäre es vorbei. Es gab jenen Antisemitismus, der sich aus Scham
und Schuldgefühlen gespeist haben mag. Antisemitische Anwandlungen waberten
auch durch wichtige, an sich gute Debatten, etwa des Antiimperialismus oder
der Kapitalismuskritik. Und die Kameradschaften der NPD gönnen sich bis
heute den Antisemitismus als Teil ihrer Nazifolklore.
## Judenhass hat viele Gesichter
Aber es gibt eben immer auch jenen verdrucksten Antisemitismus der Mitte:
Augenzwinkernd verliert er nur mal einen Satz, begleitet vom keckernden
„Man wird ja wohl noch sagen dürfen“. Es gibt mitgebrachten Antisemitismus
aus dem Nahen Osten und aus der Türkei. Und da sind die Rapper, die sich
mit Provokationsfanalen inszenieren. Der Judenhass in Deutschland hat viele
Gesichter, er ist mal leutselig, mal theoretisierend, mal grob. Und mal so
brutal wie vergangene Woche.
Dem Antisemitismus insgesamt, aber auch diesem einen Angriff muss begegnet
werden. Es geht nicht um den Israel-Palästina-Konflikt. Es ist egal, dass
gar nicht alle Juden Kippa trügen, wenn sie könnten. Es spielt keine Rolle,
wie man es selbst mit Gott hält. Und nein, es ist nicht bloß eine dieser
Aktionen, bei der die Beteiligten sich gut fühlen, die aber hinterher auch
nichts bewegt hat. Wenn eine Gesellschaft nichts tut, wenn eine Minderheit
angegriffen wird, die in Deutschland millionenfach entrechtet, vertrieben
und ermordet wurde, dann nimmt sie Schaden. Es braucht einen Moment, in dem
sie gemeinsam widerspricht.
Dieser Moment ist jetzt.
25 Apr 2018
## AUTOREN
Georg Löwisch
## TAGS
Kippa
Antisemitismus
Solidarität
Jüdisches Leben
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Antisemitismus
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