# taz.de -- Kommentar EU und Syrien: Europa muss mit an den Tisch | |
> Eine politische Lösung für Syrien ist dringend nötig. Die EU kann sie | |
> nicht allein Gewaltherrschern überlassen, denen die syrische Bevölkerung | |
> egal ist. | |
Bild: Sollte die Syrien-Diplomatie mitgestalten: die EU-Vertreterin für Außen… | |
Unter jedem denkbaren Gesichtspunkt, bei dem der Respekt vor Menschenleben | |
eine Rolle spielt, waren [1][die Militärschläge gegen Assads | |
Chemiewaffenprogramm] ein voller Erfolg. Ein für Syriens Militär zentrales | |
Forschungszentrum wurde in Schutt und Asche gelegt, ebenso zwei weitere | |
Stätten, die für den Einsatz chemischer Kampfstoffe durch Syriens Regierung | |
wichtig sind. Niemand ist dabei gestorben. | |
Kein auch nur ansatzweise menschlich Denkender kann ernsthaft etwas dagegen | |
einwenden, dass ein blutrünstiger Diktator, der für den Tod | |
Hunderttausender seiner Bürger verantwortlich ist, jetzt weniger | |
Massenvernichtungswaffen herstellen und einsetzen kann. Die einzig mögliche | |
Grundsatzkritik, jenseits von blinder Solidarität mit einem | |
Massenmordregime, ist formaler Natur: Es gab kein UNO-Mandat, und der | |
Militärschlag barg das Risiko einer Eskalation. Beides ist korrekt, aber in | |
diesem Fall irrelevant. | |
Ist der gezielte und begrenzte Einsatz militärischer Gewalt gegen ein | |
völkerrechtswidriges Waffenprogramm völkerrechtswidrig? Chemische Waffen | |
sind international geächtet, Syrien hat sich vor fünf Jahren auf UNO-Ebene | |
zur vollständigen Zerstörung seiner Arsenale und seines Programms | |
verpflichtet und diese Verpflichtung laut UNO nicht erfüllt. Erst vor | |
wenigen Wochen verkündete UNO-Generalsekretär António Guterres, er freue | |
sich auf die Zerstörung der vom Assad-Regime noch unterhaltenen | |
Chemiewaffenproduktionsstätten. | |
Die befürchtete Eskalation hat es nicht gegeben, denn der Militärschlag | |
wurde so ausgeführt, dass Russland nicht direkt zurückschlagen konnte und | |
auch hinterher von Gegenschlägen Abstand genommen hat. Statt einer | |
militärischen Eskalation gibt es jetzt neue diplomatische Initiativen. Das | |
ist zu begrüßen. | |
Es muss verhindert werden, dass Assad die restlichen Rebellengebiete, in | |
denen mehrere Millionen Menschen leben, in Trümmer legt. Dafür muss eine | |
glaubwürdige und einklagbare Schutzgarantie her, etwa unter Mitwirkung der | |
Türkei, und ein neuer politischer Prozess, wofür die aktuellen Initiativen | |
aus der EU stehen. | |
Eine politische Lösung für Syrien kann nicht den Gewaltherrschern in | |
Damaskus, Moskau, Ankara und Teheran überlassen werden, denen die syrische | |
Bevölkerung egal ist. Wer im Sinne von Syriens Bevölkerung mitspielen will, | |
muss sich aber eben mit auf das Spielfeld begeben. Im internationalisierten | |
Syrienkrieg wird nur respektiert, wer selbst Risiken eingeht. Wer nur am | |
Spielfeldrand damit hadert, ob ein Strafstoß ohne Videobeweis zulässig war | |
oder nicht, wird ignoriert. | |
Washington, Paris und London haben den Einsatz gewagt und haben dadurch | |
jetzt eine Stimme in der Syrien-Diplomatie. [2][Europa kann sich | |
anschließen und mitgestalten], wenn es keine Zeit verliert und lernt, | |
politisch zu denken. | |
16 Apr 2018 | |
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## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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