# taz.de -- Japanischer Krimi über die Todesstrafe: 13 Instanzen bis zum Tod | |
> Kazuaki Takanos temporeicher Roman „13 Stufen“ führt in die Todeszelle �… | |
> und behandelt somit ein heikles Thema der japanischen Gesellschaft. | |
Bild: Blick in einen japanischen Hinrichtungsraum | |
Die Hinrichtung geschieht durch den Strang. Drei Vollzugsbeamte betätigen | |
gleichzeitig drei Schalter. Einer der Schalter öffnet die Falltür unter den | |
Füßen des zum Tode Verurteilten und schickt ihn in den sicheren Tod durch | |
Erhängen. Bei den Vollzugsbeamten bleiben Zweifel und Gewissensbisse. | |
Kazuaki Takano behandelt in seinem Roman „13 Stufen“ das Thema Todesstrafe | |
im heutigen Japan – und damit ein heikles Thema der japanischen | |
Gesellschaft. Zum Tode Verurteilte erfahren erst kurz vor der Hinrichtung | |
deren genauen Zeitpunkt. Zuvor warten sie zum Teil mehrere Jahre bis zur | |
Vollstreckung. | |
Takanos Vollzugsbeamter Nango ist in seinen Zwanzigern, als er in dem Roman | |
erstmals einem Menschen als japanischer Justizangestellter das Leben nimmt. | |
Doch: „Die Gerechtigkeit, an die Nango geglaubt hatte, fand in der | |
grausamen Wirklichkeit keine Rechtfertigung.“ Nach der Exekution beginnt | |
für Nango ein einsamer, schmerzhafter Prozess. Er bricht mit seiner so | |
glanzvoll begonnenen Justizkarriere, kündigt, um einen ungewöhnlichen | |
Auftrag anzunehmen. Es ist, als müsste er eine persönliche Schuld sühnen, | |
die er durch die Exekutionen auf sich genommen hat. | |
Es geht in diesem spannenden, szenisch und temporeich verdichteten Roman um | |
die existenziellen Fragen eines Rechtssystems. Im Todestrakt der | |
Haftanstalt in Tokio wartet Ryo Kihara seit sechs Jahren auf die Verkündung | |
seiner Hinrichtung. | |
## Ein Wettrennen mit der Zeit | |
Die Indizien gegen Kihara sind erdrückend, einen Menschen ausgeraubt und | |
ermordet zu haben. Doch die Amnesie, die er nach einer Kopfverletzung | |
erlitten hat, verhindert, dass er sich an den Tathergang erinnern kann. | |
Nango hingegen ist von der Unschuld des Todgeweihten überzeugt und | |
ermittelt auf eigene Faust. Es ist ein Wettrennen gegen die Zeit. 13 | |
Instanzen durchläuft in Japan ein Verfahren, an dessen Ende der | |
Justizminister persönlich seine Zustimmung zur Hinrichtung geben muss. | |
Kazuaki Takano beschreibt in seinem Kriminalroman eine Gesellschaft, die im | |
höchsten Maße an den eigenen Ansprüchen moralischer Gerechtigkeit kränkelt. | |
In Japan befürwortet laut umstrittener Umfragen der Regierung die Mehrheit | |
die Todesstrafe. | |
Die Fragen nach Schuld und Sühne, einer adäquaten Bestrafung von Verbrechen | |
kochen in jeder Gesellschaft von Zeit zu Zeit hoch. Einfach macht sich auch | |
Takano die Beantwortung der Fragen nicht. Es gibt immer wieder Momente, in | |
denen sein Publikum erleichtert sein wird, dass mit dem miesen | |
Kinderschänder oder Raubmörder kurzer Prozess gemacht wird. Dass er endlich | |
am Galgen hängen möge und die „gerechte Strafe“ erhält. | |
Doch soll man Schuld sühnen, indem man sich selber schuldig macht? In | |
Japan: ja. | |
17 Apr 2018 | |
## AUTOREN | |
Michaela Brzezinka | |
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