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# taz.de -- Trotz internationaler Kritik: Japan richtet drei Männer hin
> Erstmals seit 20 Monaten wurden in Japan wieder Todesurteile vollstreckt.
> Besonders die Haftbedingungen der Todeskandidaten gelten als grausam.
> Eine öffentliche Debatte gibt es kaum.
Bild: Unter Beobachtung: Das Publikum kann zusehen, wie die zum Tode Verurteilt…
TOKIO dpa | In Japan sind am Donnerstag drei zum Tode verurteilte Mörder
hingerichtet worden. Das gab Justizminister Toshio Ogawa bekannt. Es waren
die ersten Vollstreckungen seit 20 Monaten. Das Inselreich Japan gehört zu
den wenigen Industrieländern, in denen die Todesstrafe noch nicht
abgeschafft worden ist.
Menschenrechtsaktivisten prangern seit Jahren den Umgang der drittgrößten
Wirtschaftsnation der Welt mit der Todesstrafe sowie die berüchtigten
Haftbedingungen scharf an.
Bei den Gehängten handelte es sich um Yasuaki Uwabe (48), der fünf Menschen
während eines Amoklaufs auf einem Bahnhof in Shimonoseki in der
westjapanischen Provinz Yamaguchi 1999 tötete. Tomoyuki Furusuwa (46)
landete für den Doppelmord an seinen Schwiegereltern und Stiefsohn 2002 in
Tokios Nachbarstadt Yokohama am Galgen. Yasutoshi Matsuda (44) wurde wegen
des Raubmordes an zwei Barbesitzerinnen gehängt. Gegner der Todesstrafe
übten scharfe Kritik an den erneuten Vollstreckungen.
Zuletzt hatte die ehemalige Justizministerin Keiko Chiba die Todesstrafe
gegen zwei Mörder angeordnet. Chiba, die lange Zeit einer Gruppe von
Todesstrafengegnern im Parlament angehörte, hatte als erste
Justizministerin der Vollstreckung selbst beigewohnt. Um eine öffentliche
Debatte zu bewirken, hatte sie zudem den Medien des Landes in einem bislang
einmaligen Vorgang die Hinrichtungskammer zeigen lassen.
Zu einer öffentlichen Debatte über die Todesstrafe ist es dennoch bis heute
nicht gekommen. Der amtierende Justizminister Ogawa berief sich auf
Umfragen, wonach die Mehrheit der Bürger die Todesstrafe für brutale Mörder
befürworte.
## 132 Verurteilte in japanischen Todeszellen
Als besonders grausam kritisieren Menschenrechtsorganisationen und
ausländische Regierungen, dass den Todeskandidaten in Japan der Zeitpunkt
der Vollstreckung nicht mitgeteilt wird. Die Todeskandidaten leben oft
jahrelang in Einzelhaft. Erst wenige Minuten vor ihrer Hinrichtung wird den
Gefangenen gesagt, dass sie sterben werden.
Die dauernde Angst, dass es jeden Tag soweit sein könnte, treibt nach
Angaben von Menschenrechtsorganisationen viele Todeskandidaten in den
Wahnsinn. Ist der Todestag gekommen, dürfen sie sich von ihren Angehörigen
nicht mehr verabschieden. Die Angehörigen erfahren von den Hinrichtungen
erst im Nachhinein.
Derzeit sitzen 132 Verurteilte in japanischen Todeszellen. Es gibt sieben
Todeskammern in Vollzugsanstalten der Städte Tokio, Osaka, Hiroshima,
Nagoya, Sapporo, Fukuoka und Sendai. Nach Angaben von Kritikern hatte der
Giftgasanschlag der Endzeitsekte Aum Shinrikyo 1995 auf die Tokioter
U-Bahn, bei der 13 Menschen getötet und tausende verletzt worden waren, der
bis dahin wachsenden Bewegung zur Abschaffung der Todesstrafe ein Ende
bereitet.
Nur wenige Menschen hätten es gewagt, sich gegen die Verhängung der
Todesstrafe gegen die Verantwortlichen des mörderischen Anschlags um den
Sektengründer und verurteilten Drahtzieher Shoko Asahara öffentlich
auszusprechen.
29 Mar 2012
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Japan
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Trauma
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