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# taz.de -- Gastkommentar Psychische Erkrankungen: Vorsicht vor Generalverdacht
> Nach Vorfällen wie der Amokfahrt in Münster werden Antworten gesucht.
> Aber die Stigmatisierung psychisch Kranker sollte vermieden werden.
Bild: Psychische Erkrankungen sind divers und sollten nicht zusätzlich stigmat…
Ein gewaltsamer Vorfall wie in Münster erschüttert die Menschen und es ist
verständlich, nach den auslösenden Ursachen zu fragen. Trotzdem hält es die
Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie (DGPPN) als wissenschaftliche
Fachgesellschaft für unangemessen und vorschnell, auf der Basis
unvollständiger Informationen die mögliche Rolle einer psychischen
Erkrankung beim Täter zu diskutieren. Das Unfassbare menschlichen Handelns
darf nicht automatisch mit „psychisch krank“ gleichgesetzt werden. Menschen
mit psychischen Erkrankungen, und dazu zählt zeitweise jeder Dritte in
Deutschland, dürfen nach schweren Gewalttaten nicht unter Generalverdacht
gestellt werden.
Studien und Statistiken belegen, dass es in der Regel andere Faktoren sind,
die zu einer solchen Tat führen – etwa Alkohol- und Drogenmissbrauch und
frühe eigene Gewalterfahrung. Eine adäquate Ursachenzuordnung kann deshalb
erst nach fundierter psychiatrischer Diagnose erfolgen.
In der öffentlichen Diskussion wird fälschlicherweise vermittelt, dass von
Menschen mit psychischen Erkrankungen Gefahren für die Allgemeinheit
ausgehen können, die Schutzmaßnahmen erforderlich machen. Diese pauschale
Auffassung trägt jedoch wesentlich zur Stigmatisierung von Menschen mit
psychischen Erkrankungen bei und führt dazu, dass Betroffene ihre Krankheit
verbergen und spät oder auch gar nicht professionelle Hilfe in Anspruch
nehmen.
Je eher und je kontinuierlicher aber Krankheitsbilder behandelt werden,
desto größer ist die Chance auf Therapieerfolg. Doch Vorurteile in der
Bevölkerung und eine undifferenzierte Berichterstattung können Betroffene
davon abhalten, sich in Behandlung zu begeben. Eine verantwortungsbewusste
Aufklärung durch Fachexperten, Medien und Behörden ist daher notwendig.
Ebenso ist die Politik gefordert, eine bedarfsgerechte Versorgung zu
gewährleisten und für einen niedrigschwelligen Zugang zum Hilfesystem,
ausreichende Behandlungsplätze und eine Verkürzung der Wartezeiten zu
sorgen.
9 Apr 2018
## AUTOREN
Arno Deister
## TAGS
Münster
psychische Gesundheit
Gewalt
Psychiatrie
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