# taz.de -- Vorwurf der Zuhälterei in Asylunterkunft: Wachmänner sind sauber | |
> Das ZDF berichtete, dass Security-Mitarbeiter Flüchtlinge als | |
> Prostituierte vermittelt. Die Staatsanwaltschaft findet dafür jedoch | |
> keine Beweise | |
Bild: Ein Bewohner der Unterkunft im ehemaligen Rathaus Wilmersdorf | |
BERLIN taz | Der Fall hatte großen Wirbel verursacht, jetzt hat die | |
Berliner Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen eingestellt: Wachmännern von | |
Flüchtlingsheimen war vorgeworfen worden, Geflüchtete in die Prostitution | |
vermittelt zu haben. Doch es fehle „gegenwärtig an konkreten Anhaltspunkten | |
für das Vorliegen einer Straftat“, heißt es aus der Ermittlungsbehörde. | |
Aufgekommen waren die Vorwürfe im Oktober durch einen Fernsehbeitrag des | |
ZDF-Magazins Frontal 21. Eine Sozialbetreuerin, zwei Securitymänner und ein | |
Flüchtling sprachen dort anonym vor der Kamera von einem Netzwerk von | |
Zuhältern, die sowohl volljährige wie minderjährige, meist männliche | |
Geflüchtete in die Prostitution vermitteln und damit Geld verdienen würden. | |
Bei den Zuhältern sollte es sich um Wachmänner aus Flüchtlingsheimen | |
gehandelt haben, Tatort sollte Wilmersdorf sein. Illustriert war der | |
Beitrag mit der inzwischen geschlossenen Notunterkunft im ehemaligen | |
Rathaus Wilmersdorf. | |
Diana Henniges von „Moabit hilft“, eine Protagonistin des Films, legte nach | |
der Ausstrahlung im Interview mit der taz noch einmal nach. Sie sprach von | |
Wissen, das sie „von vier, fünf Geflüchteten“ aus drei verschiedenen | |
Unterkünften habe. „Die einen sind von Sicherheitsleuten angesprochen | |
worden, andere haben die Sicherheitsleute von sich aus angesprochen.“ | |
Bereits im November waren der taz allerdings Zweifel an den Vorwürfen zu | |
Ohren gekommen. Sowohl die Senatsverwaltung für Integration als auch das | |
Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten sowie der Arbeiter-Samariter-Bund, | |
der die Unterkunft im ehemaligen Rathaus Wilmersdorf betrieb, hatten | |
interne Ermittlungen durchgeführt. Niemand konnte die Vorwürfe | |
verifizieren. | |
## Anzeige wegen falscher Verdächtigung | |
Auch die im ZDF-Beitrag anonym gezeigten Personen waren nirgends bekannt. | |
Das in Frage kommende Sicherheitsunternehmen GSO Security, das im | |
ehemaligen Rathaus bis zur Schließung den Wachschutz stellte, zeigte sich | |
von den Vorwürfen sehr betroffen, kooperierte mit den Ermittlern, stellte | |
aber auch Strafanzeige wegen Falschinformation. „Die Vorwürfe haben die | |
Existenz unserer Firma und Arbeitsplätze von vielen unserer 100 Wachmänner | |
gefährdet“, sagte Geschäftsführer Michael Albert. „Darum sind wir natür… | |
erleichtert, dass die Vorwürfe sich als haltlos herausgestellt haben.“ | |
Doch ein wenig Enttäuschung schwinge mit, so Albert zur taz. „Wir haben ja | |
auch Strafanzeige wegen Falschaussage gestellt und uns erhofft, dass die | |
Staatsanwaltschaft ermittelt, wer hinter den falschen Beschuldigungen | |
steckt und wer möglicherweise die Protagonisten im Film dafür bezahlt hat.“ | |
Albert vermutet konkurrierende Firmen. Doch weder seine eigenen Recherchen | |
noch die Ermittlungen der Behörden brachten ein Ergebnis. | |
Nach Recherchen der taz gibt es Hinweise, dass der Hauptbelastungszeuge in | |
dem Film, ein Wachmann, der gepixelt gezeigt wurde und eine Weste der Firma | |
GSU Security trug, aus anderen Gründen mit dieser Firma eine offene | |
Rechnung hatte: Er stritt mit ihr vor dem Arbeitsgericht. | |
Die Staatsanwaltschaft ist nach eigenen Angaben an die im Fernsehbeitrag | |
interviewten Personen herangetreten. „Die Befragungen haben ergeben, dass | |
diese Personen keine eigenen Wahrnehmungen geschildert haben, sondern | |
Gerüchte, die ‚in der Szene‘ kursierten, weiterverbreitet haben. Konkrete | |
Vorfälle konnten nicht geschildert werden. | |
Vor diesem Hintergrund scheint es fraglich, ob die in dem Fernsehbericht | |
behaupteten Straftaten tatsächlich geschehen oder geplant waren.“Frontal21 | |
hat sich der Staatsanwaltschaft zufolge nicht geäußert. Das ist das gute | |
Recht von Journalisten. Sie dürfen ihre Gesprächspartner anonymisieren und | |
müssen auch vor Gericht keine Angaben dazu machen. Zur taz sagte Christian | |
Rohde von Frontal 21: „Wir haben seriös gearbeitet. Wir stehen zu unserer | |
Recherche.“ | |
Holger Michel hat bis zur Schließung der Notunterkunft im ehemaligen | |
Rathaus Wilmersdorf die Arbeit ehrenamtlicher Helfer koordiniert. Über die | |
Einstellung der Ermittlungen sei er glücklich, sagt er. „Denn der Vorwurf | |
hat auch die Ehrenamtlichen persönlich belastet. Doch wir wissen auch: Es | |
gibt sexuellen Missbrauch und Zwangsprostitution in Berlin.“ | |
23 Mar 2018 | |
## AUTOREN | |
Marina Mai | |
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