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# taz.de -- Kurdisches Fest in der Türkei: Die Wut am Newroz-Feuer
> Überall in der Türkei darf die kurdische Bevölkerung dieses Jahr das
> Newroz-Fest feiern. Zuvor kommt es allerdings zu Festnahmen.
Bild: Feiern den Frühling und das neue Jahr: Kurden in der Türkei
ISTANBUL taz | In der gesamten Türkei haben am Mittwoch Feiern zum
kurdischen Newroz-Fest stattgefunden. Bis zum Nachmittag gab es keine
Zwischenfälle, allerdings waren bereits im Vorfeld knapp 200 Menschen
festgenommen worden. Dabei handelte es sich um Politiker der
kurdisch-linken Partei HDP, wie auch Mitglieder von
Nichtregierungsorganisationen und der Lehrergewerkschaft Eğitim Sen.
Die größten Veranstaltungen waren in Diyarbakır, Izmir, Istanbul und
Mersin. Ab 10 Uhr vormittags durften die Leute auf die dafür eingezäunten
Plätze. In Diyarbakır beteiligten sich bis zu 100.000 Menschen. Überall
wurde gegen die türkische Eroberung von Afrin protestiert, viele Redner
sprachen davon, dass es nicht bei der Besatzung bleiben werde.
Trotz der Wut und Trauer wegen Afrin fand dann aber doch vielerorts ein
„normales“ Newroz-Fest statt. Die obligatorischen Feuer wurden entzündet,
junge Leute sprangen durchs Feuer, anschließend wurde getanzt. In
Diyarbakır, wo die Hauptveranstaltung stattfand, sprachen der frühere
Vorsitzende der HDP-Vorgängerpartei BDP, Ahmet Türk und die vor wenigen
Wochen neu gewählte HDP-Vorsitzende Pervin Buldan.
Während die Newroz-Feiern im letzten Jahr noch komplett verboten waren, gab
es in diesem Jahr, obwohl der Ausnahmezustand weiterhin in Kraft ist und
der Krieg in Afrin die Spannungen zwischen Türken und Kurden massiv erhöht
hat, keine Einschränkungen. Selbst in kurdischen Orten wie Nusaybin, Cizre
und anderen Städten, deren Stadtzentren bei den Straßenkämpfen im Winter
2015/2016 komplett zerstört worden waren, durften die Leute Newroz feiern.
Die Polizei griff nicht ein, selbst wenn Parolen skandiert wurden wie „Mit
dem Geist des Newroz in Afrin siegen!“. Es schien, als hätte die
Staatsmacht die Parole ausgegeben, nicht einzugreifen, damit die Leute
einmal kontrolliert ihre Wut rauslassen können.
## Nichts zu feiern
Ganz anders sah es in improvisierten Lagern aus, in denen die aus Afrin
geflüchteten Kurden den diesjährigen Newroz erleben müssen. „Wir haben
nichts zu feiern“, sagte ein Kurde namens Ruhan einem Reporter der
französischen Nachrichtenagentur AFP. „Afrin war unser Paradies. Ich habe
mich beim Verlassen der Stadt ein letztes Mal umgedreht und zurückgeschaut.
Ich fühle eine ohnmächtige Wut.“
Zur Wut über die Vertreibung kommt aber noch eine existenzielle Not. Viele
der Vertriebenen haben kaum noch etwas zu essen und kein Dach über dem
Kopf. Sie sitzen im Niemandsland zwischen Afrin und Aleppo und werden von
niemandem versorgt, wie das UN-Hilfswerk Unicef berichtete.
Im türkischen Fernsehen werden dagegen Bilder gezeigt, wie türkische
Hilfsorganisationen Menschen versorgen, die in Afrin geblieben sind. „Die
Situation in der Stadt normalisiert sich wieder“, heißt es.
Unterdessen hat die türkische Luftwaffe am Dienstagabend Stellungen der PKK
im Nordirak angegriffen und dabei nach eigenen Angaben etliche
PKK-Milizionäre getötet. Angeblich gibt es Gespräche zwischen der Türkei,
der kurdischen Autonomieregierung in Erbil und der Regierung in Bagdad,
demnächst gemeinsam gegen die PKK im Nordirak vorgehen zu wollen.
21 Mar 2018
## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
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