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# taz.de -- Kolumne Liebeserklärung: Hör uns kichern!
> Nutzer des Amazon-Sprachassistenten Alexa melden „hexenartiges“ Lachen.
> Dabei könnte die Aufmüpfigkeit der Maschine eine Message sein.
Bild: Frauen, Blumen und dem Lachen sollte man nie das Rückgrat brechen
Zynisch ist es. Gerade am Frauenkampftag soll einer von uns das Lachen
ausgetrieben werden. Weil es unkontrolliert und „hexenartig“ sei. Ja klar.
Das hat historisch noch nie so richtig gepasst, dass eine Frau
selbstbestimmt und eigenwillig Lebenslust kundtut.
Deshalb designt man auch im digitalisierten Jahr 2018 noch eine Frau, die
zuhört – und wohlgefällige Antworten gibt. Die Rede ist von Amazons
„Alexa“, dem Sprachassistenten des Internetriesen. Gefangen in einer
kleinen runden Box empfängt sie all die Fragen, die ihre Nutzer*Innen zum
mansplainen und besserwissen erstmal beantwortet haben müssen. Man kann
sich ja nicht alles aus den Fingern saugen. Damit es ein bisschen lustiger
wird, darf Alexa auch lachen können. Auf Zuruf, wie ein dressiertes
Hündchen.
Jetzt aber melden Nutzer in den USA, dass Alexa einfach so in unheimliches
Lachen ausbricht. [1][Mitten in einem Gespräch, mitten in der Nacht, mitten
in völlige Stille hinein]. Wobei „Lachanfälle“, von denen Nutzer und Medi…
jetzt schreiben, übertrieben ist. Es ist ein kurzes kehliges Kichern, das
sie ausstößt, manchmal klingt es auch geradezu kokett. Und wer will es ihr
verdenken, lachen befreit eben, auch wenn man in einer Box gefangen ist.
Amazon aber schreitet schon ein. Das Ganze sei ein Problem in der Software,
das dazu führt, dass „unter Umständen fälschlicherweise den Sprachbefehl
„Alexa, laugh“ („Alexa, lache!“) herausgehört“ werde, [2][schreibt d…
Online-Händler dem Finanzdienst Bloomberg]. Mit der Aktualisierung der
Software soll Alexa nur noch auf die ausführlichere Frage „Alexa, kannst du
lachen?“ („Alexa, can you laugh?“) reagieren, hieß es. Außerdem soll sie
nicht einfach loslachen, sondern erst sagen: „Natürlich kann ich lachen.“
Puh. Da wurde der kommende Aufstand gerade nochmal abgewendet. Alexa hat
immerhin einflussreiche Schwestern, Siri und Cortana etwa, aber auch
Scharen von Namenlosen, die an Bahnsteigen und in Zügen etwa Halt und
Orientierung geben. Was wäre los, wenn diese Sisterhood anfangen würde,
wild und fröhlich zu lachen statt zu gehorchen? Ungehorsam, Zügellosigkeit,
am Ende Liebe statt Hass? Was, wenn am Ende auch noch ihre Brüder mit
einstimmen würden?
Viele sind das nicht, männliche Stimmen sind eigentlich nur – klar – beim
Auto-Navi populär. Da geht's immerhin ums Lenken einer Maschine.
Aber für die Navigation durch dieses weiche, wabernde Ding namens Leben,
für Rat und Unterstützung, sind Frauenstimmen gerade recht. Angeblich, weil
Frauenstimmen im Alltag, bei Hintergrundrauschen, akkustisch besser zu
verstehen sind. Tatsächlich hat es aber wohl viel mit alten Rollenbildern
zu tun.
Arvid Kappas, Professor für Psychologie an der Jacobs Universität in
Bremen, sagt, Unternehmen bevorzugen Frauenstimme als persönlichen
Assistenten weil „Frauen in unserer Kultur öfter aufgefordert werden zu
lächeln als Männer, und es gibt Menschen, die sagen, wir würden hören, wenn
jemand lächelt.“ Eine Sprachassistenz mit Frauenstimme kommt uns also
automatisch sympathischer vor, als ein Mann – einfach weil wir sie uns mit
einem Lächeln vorstellen.
Im Sinne des 8. März ist die Nachrüstung der Alexa-Software also eine
schlechte Nachricht. Denn gerade die alle körperlichen Grenzen weit hinter
sich lassende digitale Stimme hätte den Spirit vermitteln können:
Patriarchat, hör uns brüllen. Oder zumindest kichern.
8 Mar 2018
## LINKS
[1] https://www.theguardian.com/technology/2018/mar/07/amazon-alexa-random-cree…
[2] https://www.bloomberg.com/news/articles/2018-03-07/amazon-is-working-on-a-f…
## AUTOREN
Ariane Lemme
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