# taz.de -- Linken-Politiker kritisieren Wagenknecht: Der Kampf geht weiter | |
> In einem Interview kritisiert die Fraktionschefin der Linken ihre | |
> Parteispitze. Nun steckt sie selbst Kritik ein – in einem Brief von 25 | |
> Abgeordneten. | |
Bild: Erstaunt ihre KollegInnen: Sahra Wagenknecht | |
Berlin taz | Der Streit in der Linkspartei geht in eine neue Runde. Einen | |
Tag, nachdem Sahra Wagenknecht in einem Interview die Parteiführung um | |
Katja Kipping und Bernd Riexinger kritisiert hatte, stellten sich 25 der 69 | |
Bundestagsabgeordneten gegen ihre Fraktionschefin. In ihrer Erklärung heißt | |
es: „Mit Erstaunen nehmen wir die inzwischen wiederholt öffentlich | |
vorgetragene Kritik unserer Fraktionsvorsitzenden an der Arbeit der | |
Parteispitze wahr. Wir teilen diese Einschätzung nicht.“ Unterzeichnet ist | |
die Erklärung unter anderem von Niema Movassat, Tobias Pflüger, Christine | |
Buchholz, Sabine Leidg und Anke Domscheit-Berg. | |
[1][In dem Interview mit dem Neuen Deutschland] hatte Wagenknecht der | |
Parteispitze mangelnde Führungsfähigkeiten vorgeworfen: „Eine Partei, in | |
der es ständig Streit und interne Reibereien gibt, wird nicht gut geführt. | |
Ich würde mir wünschen, dass die Parteispitze sich auf ihre Aufgaben | |
konzentriert, nämlich die Stärkung der Linken, statt immer wieder gegen die | |
Fraktionsspitze zu arbeiten.“ | |
Der Streit vor allem zwischen Wagenknecht und Kipping läuft seit rund | |
eineinhalb Jahren. Er entzündete sich an inhaltlichen Kontroversen wie der | |
um offene Grenzen (Kipping) versus größere Abschottung (Wagenknecht) und an | |
Machtfragen, hat inzwischen aber auch das Stadium persönlicher Animositäten | |
erreicht. Noch hält allerdings eine Mehrheit in der Fraktion zu Wagenknecht | |
und ihrem Co-Chef Dietmar Bartsch. | |
Viele der 25 UnterzeichnerInnen der Erklärung hatten sich auch früher schon | |
gegen Wagenknecht positioniert. „Wir würden es begrüßen, wenn ab sofort | |
wieder das Bundestagswahlprogramm der Partei Grundlage auch des | |
öffentlichen Wirkens der Fraktionsvorsitzenden wird“, heißt es in dem | |
Papier. Damit ist vor allem Wagenknechts Positionierung in der | |
Flüchtlingsfrage gemeint. | |
Unterzeichnerin Leidig erklärt die Tatsache, dass bislang nur eine | |
Minderheit in der Fraktion gegen Wagenknecht rebelliert, mit den vielen | |
Neuen in der Fraktion: „Viele haben die Hoffnung, dass es noch eine | |
Vermittlung in dem Streit geben wird“, sagt die ehemalige | |
Attac-Geschäftsfüherin. „Ein anderer Teil unterzeichnet nicht, weil er | |
Nachteile befürchtet.“ Sie kritisiert vor allem Wagenknechts Medienpolitik: | |
„Wir müssen Meinungsbildung von unten nach oben betreiben, nicht über die | |
Presse.“ | |
## „Endlich wieder der Sacharbeit widmen“ | |
Der sächsische Bundestagsabgeordnete Michael Leutert glaubt dagegen, dass | |
die Mehrheit für Wagenknecht und Bartsch hält. „Die Unterzeichner | |
bemängeln, dass Wagenknecht die Parteiführung öffentlich kritisiert und | |
schreiben dann selbst eine öffentliche Erklärung“, kritisiert er. „Wir | |
müssen uns endlich wieder der Sacharbeit widmen.“ | |
Für die Linkspartei kommt vor allem der Zeitpunkt der neuen Kontroverse | |
ungelegen. Erst vor zwei Wochen hatte die Fraktion in ihrer Klausur | |
einstimmig einen Fahrplan für die weitere Arbeit verabschiedet, in dem die | |
Positionen der unterschiedlichen Flügel berücksichtigt wurden. | |
Im Juni steht in Leipzig ein Parteitag an, auf dem der Bundesvorstand neu | |
gewählt wird. Susanna Karawanskij und Fabio de Masi, die am Freitag vom | |
Tagesspiegel als mögliche GegenkandidatInnen zu Kipping und Riexinger | |
genannt wurden, dementierten über Twitter. Dennoch dürfte es in Leipzig zu | |
heftigen Debatten vor allem über die Flüchtlingsfrage kommen. | |
Auch der Abgeordnete Diether Dehm äußerte sich am Donnerstag. Im Januar | |
hatte er auf einer Veranstaltung drei Journalisten, die regelmäßig über die | |
Linkspartei berichten, als „Die drei von der BND-Tankstelle“ bezeichnet – | |
und damit nahegelegt, sie bezögen ihre Informationen vom Geheimdienst. | |
Als nun zwei der drei, nämlich Matthias Meisner (Tagesspiegel) und Markus | |
Decker (duMont-Hauptstadtredaktion) über das Papier der 25 Abgeordneten | |
berichteten, [2][twitterte er]: „Jetzt fehlt noch Bommarius. Decker und | |
Meisner, die zwei andern von der BND-Tankstelle, haben ihr Gift schon | |
gespuckt.“ | |
Die Linkspartei, soviel scheint zumindest sicher, dürfte in diesem Frühjahr | |
noch einigen Unterhaltungswert bieten. | |
23 Mar 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://www.neues-deutschland.de/artikel/1083015.sahra-wagenknecht-empoerun… | |
[2] https://twitter.com/Diether_Dehm/status/976897020089774081 | |
## AUTOREN | |
Martin Reeh | |
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