# taz.de -- Südspanisches Weltnaturerbe Doñana: Erdgaslager im Nationalpark | |
> Nicht nur Umweltschützer, sondern auch die Regionalregierung warnen vor | |
> der Anlage in Andalusien – und fordern einen Baustopp. | |
Bild: Noch ist er ein Idyll, der Nationalpark Coto de Doñana in Andalusien | |
MADRID taz | Spaniens Regierung unter dem konservativen Ministerpräsidenten | |
Mariano Rajoy besteht auf dem Ausbau eines umstrittenen Lagers für Erdgas. | |
Die dafür nötigen 72 Kilometer Gaspipeline und 16 Bohrungen entstehen in | |
dem und um den wichtigsten Nationalpark des Landes, dem südspanischen | |
Feuchtgebiet Doñana. Der 108.000 Hektar große Park ist Brutstätte und | |
Durchzugsgebiet für unzählige Vogelarten. Seit 1994 steht er auf der Liste | |
des Unesco-Welterbes. Die Proteste kommen nicht nur von | |
Umweltschutzverbänden. Auch die andalusische Landesregierung verlangt einen | |
sofortigen Baustopp der Anlage, die vom Energieversorger Gas Natural | |
errichtet wird. | |
Denn Doñana und Umland sind hochgradig durch Erdbeben gefährdet. Das | |
belegen Studien des spanischen Wissenschaftsrates CSIC und des staatlichen | |
Geo-Instituts. Um die Baugenehmigung leichter zu erhalten, wurde das | |
Bauvorhaben von Gas Natural in vier Teilprojekte unterteilt. Für jedes | |
wurde einzeln ein Umweltgutachten erstellt und die Genehmigung beantragt. | |
Mit Erfolg. Das Industrieministerium in Madrid ignoriert bis heute Kritik | |
und Warnungen. Über Weihnachten wurden weitere 6,3 Millionen Euro an | |
Subventionen für Gas Natural genehmigt. | |
Nach der Veröffentlichung der beiden Studien, die davon ausgehen, dass das | |
Erdbebenrisiko unterschätzt wurde, verlangte die Regierung Andalusien eine | |
Stellungnahme von Madrid, um gegebenenfalls rechtliche Schritte | |
einzuleiten. Industrieminister Álvaro Nadal schwieg sich aus. Gas Natural | |
verklagt derweilen die andalusische Landesregierung wegen „finanzieller | |
Einbußen“, verursacht durch einen teilweisen Baustopp dank früherer | |
Proteste. Das Unternehmen ist dafür bekannt, ausgediente Politiker in den | |
Aufsichtsrat aufzunehmen. Unter ihnen war von 2010 bis 2015, der Phase der | |
Planung und des Baubeginns in Doñana, der ehemalige sozialistische | |
spanische Regierungschef Felipe González. | |
Es ist nicht das erste Mal, dass in Spanien trotz Erdbebenrisiko ein | |
Gaslager gebaut wird. Vor der Mittelmeerküste im Grenzgebiet zwischen den | |
beiden Regionen Katalonien und Valencia befindet sich eine der teuersten | |
Industrieruinen Spaniens, das Erdgaslager Castor. Das Lager sollte | |
ehemalige Erdölvorkommen unter dem Mittelmeer nutzen. Die Probebefüllung | |
der Kalksteinschicht auf 1.800 Meter unter dem Meeresboden 2013 provozierte | |
über 500 Erdbeben bis zur Stärke 4,6. Der Testlauf wurde Ende September | |
2013 gestoppt. Seither befindet sich die Anlage im „Winterschlaf“. | |
## Chef ist der Real-Madrid-Präsident | |
Das Lager sollte die Versorgungssicherheit Spaniens für über einen Monat | |
gewährleisten, falls die Lieferungen aus Algerien einmal ausbleiben | |
sollten. Erstellt wurde die Anlage von einer Firma, die mehrheitlich zum | |
Baukonzern ACS gehört. Deren Chef ist Real-Madrid-Präsident Florentino | |
Pérez. | |
Wie bei anderen Großprojekten in Spanien, die von der Privatwirtschaft | |
erstellt und betrieben werden, trägt der Staat das Risiko für etwaige | |
Verluste. Eine Vertragsklausel, ausgehandelt mit der ehemaligen | |
sozialistischen Regierung unter José Luis Rodríguez Zapatero, sieht eine | |
Entschädigung vor, falls der Betrieb des Lagers „ausgesetzt oder die | |
Genehmigung vorzeitig beendet“ wird. | |
Die derzeitige konservative Regierung unter Mariano Rajoy erließ ein | |
Dekret, um in nur 35 Tagen 1,35 Milliarden Euro an die Betreiber zu | |
überweisen. Hinzu kommen 15 Millionen jährlich für die Wartung der | |
nutzlosen Anlage. Der Betrag wird in den kommenden 30 Jahren auf die | |
Gasrechnung der Endverbraucher umgelegt. | |
Kurz vor Weihnachten erklärte das Verfassungsgericht dieses Dekret für | |
ungültig. Spaniens Regierung freilich gibt sich nicht geschlagen. Es sollen | |
neue Wege gesucht werden, um die 1,35 Milliarden Euro, die bereits | |
überweisen wurden, nicht zurückfordern zu müssen. Die Verbraucher zahlen | |
deshalb trotz Urteil auch weiterhin 2 Euro pro Monat für eine Anlage, die | |
nie in Betrieb gehen wird. | |
20 Mar 2018 | |
## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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