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# taz.de -- Schweinehaltung in Hochhaus bei Halle: Quälerei auf sechs Etagen
> Heimliche Aufnahmen dokumentieren massive Misshandlungen von Schweinen.
> Tierschützer erstatten Anzeige gegen den Betreiber.
Bild: Schon 2015 protestierten Aktivisten vor dem Schweinehochhaus
Zu wenig Platz, mit der Hand erschlagene Ferkel, und Kadaver, die nicht
entfernt werden: Das sind die Zustände im sogenannten „Schweinehochhaus“,
einem sechsstöckigen Massenstall in Maasdorf bei Halle. Zu sehen sind die
skandalösen Vorgänge auf Filmaufnahmen de Deutschen Tierschutzbüros, die am
Mittwoch zuerst in der Sendung „Stern TV“ gezeigt wurden. Die
Tierrechtsorganisation hatte über mehrere Wochen mit versteckten Kameras
das Leid der Tiere dokumentiert. Nach Auswertung der 500 Stunden
Videomaterial erstattete die Organisation zum dritten Mal Strafanzeige
gegen den Betreiber HET GmbH.
Dem Tierschutzbüro zufolge leben und sterben die bis zu 500 Sauen und 2.500
Ferkel im Schweinehochhaus unter unzumutbaren Umständen: Die Tiere hätten
zu wenig Platz in den engen Kastenständen. Dadurch würden Ferkel häufig bei
der Geburt sterben, indem sie von der Mutter erdrückt werden. Zudem ist auf
den Aufnahmen zu sehen, wie Ferkel von Angestellten des Unternehmens an den
Beinen gepackt und auf den Boden geschlagen wurden, bis sie tot schienen –
ob sie es wirklich waren, prüften die Mitarbeiter nicht.
Geschäftsführer der HET GmbH ist Michiel Taken, welcher auch gleichzeitig
die Sauenaufzucht Genesus betreibt. Auf Werbevideos der
Unternehmenswebseite sind Filme von gesunden Ferkeln aus dem
Schweinehochhaus zu sehen. Die Bilder stehen allerdings im krassen
Widerspruch zu den Aufnahmen der Tierschützer. Auf Presseanfragen zu den
Bildern reagierte das Unternehmen nicht.
Das Schweinehochhaus wurde 1969/70 errichtet und galt zu DDR-Zeiten als
Vorzeigeprojekt. Mit diesem Image ist es längst vorbei. Bereits 2013 filmte
das Tierschutzbüro Missstände in dem Stall. Es folgten drei Strafanzeigen
sowie Demonstrationen und eine Petition gegen das Unternehmen. Diese Art
der Beweisbeschaffung hatte in der Vergangenheit immer wieder zu
Rechtsstreitigkeiten geführt und wurde vor kurzem vom Oberlandesgericht
Naumburg für zulässig erklärt – wenn das Tierwohl schwerer wiegt als der
Hausfriedensbruch.
Jan Peifer vom Tierschutzbüro fordert jetzt Konsequenzen. „Das
Schweinehochhaus steht schon länger in der Kritik. Aber die neuen Bilder
zeigen sehr eindrücklich, wie der Alltag der Tiere wirklich ist“, sagte er.
Die Bilder von Mitarbeitern, die Tiere misshandeln und töten, müssten die
Behörden alarmieren, sagte der Tierschützer. „Hier muss aus unserer Sicht
durchgegriffen werden.“ Auch von offizieller Seite kommt Kritik: Die
Landestierschutzbeauftragte Hessens, Madeleine Martin, sagte zu „Stern TV“:
„Solche Bilder machen mich wütend. Sie sind absolut überflüssig. Diese
Bilder gehören zum Staatsanwalt.“
Peifer sieht das Problem allerdings in einem größerem Rahmen: Vom
Schweinehochhaus gebe es zwar besonders drastische Bilder, es sei aber
definitiv kein Einzelfall, sondern systemisch bedingt. Verbraucher müssten
akzeptieren, dass dies zur Massentierhaltung dazugehöre. Solange Menschen
Tiere essen, seien solche Zustände unvermeidbar. Da würden auch staatliche
Kontrollen nicht helfen. Denn in dem Schweinehochhaus seien selbst während
der heimlichen Aufnahmen des Tierschutzbüros Kontrollen durchgeführt
worden. Gebracht hat es nichts.
15 Mar 2018
## AUTOREN
Malte Bollmeier
## TAGS
Massentierhaltung
Tierschutz
Schweinemast
Schlachthof
Tierschutz
Tierzucht
Tierhaltung
Schweine
Landwirtschaft
Sachsen-Anhalt
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