# taz.de -- Krise beim 1. FC Kaiserslautern: Pakt mit den Teufeln | |
> Kaiserslautern war mal Fußballhochburg. Ein riesiges Stadion zeugt davon. | |
> Für den Klub wird es nun womöglich zum Verhängnis. | |
Bild: Viel Kohle für nichts: Das Fritz-Walter-Stadion auf dem Betzenberg | |
„Das ist eine Zweckehe. Aber die ist besser, als die Kosten der Scheidung | |
tragen zu müssen“, beschreibt Oberbürgermeister Klaus Weichel die Situation | |
der Stadt Kaiserslautern. Das bekannteste Kind der Stadt, der 1. FC | |
Kaiserlautern, verbreitet im Fußball schon längst keinen teuflischen | |
Schrecken mehr. Dafür sorgt das Stadion des Klubs, den sie „Rote Teufel“ | |
nennen, für höllische Probleme im städtischen Geldbeutel. | |
Der Stadtrat Kaiserslautern entscheidet am Dienstagabend über eine erneute | |
Reduzierung der Stadionpacht, falls der 1. FC Kaiserslautern in die dritte | |
Liga absteigen wird. Wird die Mietminderung nicht gewährt, droht dem Verein | |
die Insolvenz. | |
„Das ist hart an der Realität. Der Verein lebt von Zuschauereinnahmen und | |
Fernsehgeldern“, erklärt Weichel, macht aber auch klar, dass es ihm einzig | |
um die Finanzen der Stadt geht und fragt: „Wieso ist das Kerngeschäft einer | |
Stadt, ein Stadion zu besitzen und eine Profimannschaft zu unterhalten?“. | |
Der Fußball wurde mit der WM-Vergabe an Deutschland zum Kerngeschäft der | |
100.000 Einwohner-Stadt Kaiserslautern. Während Deutschland 2006 in | |
fußballerische Glückseligkeit verfiel und sein Sommermärchen genoss, tobte | |
im Schatten des Betzenbergs bereits ein heftiger Sturm. „Das war damals ein | |
Hype und der Vertrag eine Sportwette“, beschuldigt Weichel die | |
Verantwortlichen von damals. | |
## Mit dem neuen Stadion ging's bergab | |
Das Stadion in Kaiserslautern, das für das Turnier auf eine Kapazität von | |
47.000 Zuschauern erweitert worden ist, brachte den Fußballklub | |
Kaiserslautern an den Rand der Insolvenz. Um den Traditionsverein zu | |
retten, entschied sich die Stadt 2003 dazu, dem Klub das Stadion | |
abzukaufen. Kaiserslautern gründete die Fritz-Walter-Stadion-Gesellschaft | |
und nahm einen Kredit in Höhe von 65 Millionen Euro auf, für den die Stadt | |
mit 100 Prozent bürgte. Auch das Land Rheinland-Pfalz unter | |
Ministerpräsident Kurt Beck unterstützte das Vorhaben. | |
Die Roten Teufel sollten im Gegenzug das Stadion für 3,2 Millionen Euro pro | |
Jahr pachten, was die Zinsen des Kredits und die Ausgaben der | |
Stadiongesellschaft deckte. Doch diese Vereinbarung hielt nicht lange. | |
Schon im WM-Jahr ging es auch sportlich bergab. Mit dem Abstieg in die | |
Zweite Liga brachen die Einnahmen des 1. FC Kaiserslautern ein. Die | |
Stadiongesellschaft reagierte und erließ dem FCK zwischen 2007 und 2011 | |
insgesamt 5,3 Millionen Euro Pachtzinsen, wie aus Unterlagen der | |
Stadiongesellschaft hervorgeht. | |
Nach einem kurzen Zwischenhoch mit Wiederaufstieg ins Oberhaus, erlebte der | |
Traditionsclub eine sportliche Talfahrt. Der FCK kämpfte nicht mehr um den | |
Aufstieg in die Erste Liga, sondern gegen den Abstieg in die | |
Drittklassigkeit, und ein neuer Pachtvertrag wurde ausgehandelt. Seit 2014 | |
zahlt der Klub in der Zweiten Liga nur noch 2,4 Millionen Euro pro Saison. | |
„Ohne seine emotionale Bedeutung für die Region hätte der FCK wohl keine | |
Hilfen von der Stadt erhalten und wäre daher längst insolvent“, ist sich | |
René Quante sicher. Der Geschäftsführer des Bundes der Steuerzahler in | |
Rheinland-Pfalz kritisiert, dass die Mietminderung pro Saison mit 800.000 | |
Euro aus Steuergeldern gegenfinanziert wird. | |
## Auch der Staat zahlt mit | |
„Was ist die Alternative? René Quante gibt mir auch keine Alternativen. Den | |
Vertrag vorzeitig aufzulösen, das wäre Harakiri“, entgegnet | |
Oberbürgermeister Weichel, der auch Vorsitzender der Stadiongesellschaft | |
ist. Wie aus den Unterlagen hervorgeht, kann die Stadiongesellschaft den | |
Kredit vor dem Jahr 2036 nicht zurückzahlen, ohne noch mal 35 Millionen | |
Euro zusätzlich als Vorfälligkeitsentschädigung zahlen zu müssen. „Wir | |
hätten dann 10 Tage Zeit, den Kredit zurückzuzahlen. 102 Millionen Euro. | |
Das wäre ein Drittel des Haushalts“, so Weichel. | |
Wie viele Steuergelder bereits in die Stadiongesellschaft geflossen sind, | |
konnte die Stadt auf Nachfrage nicht beantworten. Im Falle eines Abstiegs | |
des FCK in die Dritte Liga würde sich der Betrag, nach aktuellen Planungen, | |
von 800.000 Euro pro Saison auf 2,8 Millionen Euro erhöhen. Doch diese | |
Regelung soll nur vorübergehend sein und auf zwei Jahre begrenzt werden. | |
Zusätzlich zu der Pacht von 425.000 Euro in Liga drei soll der FCK weitere | |
100.000 Euro extra bezahlen, sollten im Schnitt mindestens 19.000 Zuschauer | |
ins Stadion kommen. | |
Für den FCK sei das Stadion ein Wettbewerbsnachteil, teilt der | |
Aufsichtsratsvorsitzende des Klubs, Patrick Banf, auf Anfrage der taz | |
schriftlich mit. René Quante vom Steuerzahlerbund sieht das anders: | |
„Rheinland-Pfalz, Kaiserslautern und der FCK wollten die WM, alle wollten | |
das vergrößerte Stadion. Aber für seine sportlichen Leistungen, den | |
drohenden Abstieg und die daraus resultierenden Probleme ist der FCK allein | |
verantwortlich.“ | |
Für die Zukunft will sich der 1. FC Kaiserslautern besser aufstellen. | |
Aufsichtsratsvorsitzender Patrick Banf erklärte, dass der Verein im | |
Frühjahr 2016 damit begonnen hat, ein Restrukturierungskonzept umzusetzen | |
und man so die Personalkosten in der Verwaltung um knapp 25 Prozent gesenkt | |
habe. Weiter bereite der Verein die Ausgliederung der Profiabteilung vor, | |
um sich über Eigenkapital langfristig finanzieren zu können. | |
## Letzte Chance: Raus mit der Profiabteilung | |
Auf den Erfolg dieser Ausgliederung hoffen alle Beteiligten. „Wir könnten | |
zumindest damit leben, wenn Anteile an der neu gegründeten | |
Kapitalgesellschaft an die Stadt gehen, um damit einen Ausgleich für eine | |
vorübergehende Pachtreduzierung zu bekommen“, sagt René Quante vom | |
Steuerzahlerbund. | |
Auch Oberbürgermeister Klaus Weichel hofft auf den Erfolg: „Ich setze auf | |
den Investor, der beim FCK jetzt einsteigen will. Dann haben wir vielleicht | |
in einem Jahr schon eine neue Situation und dann würden wir das Stadion | |
auch verkaufen“. Doch schon 2019 könnte das nächste Problem auf den FCK | |
zukommen. Dann werden die über 6 Millionen Euro aus der sogenannten | |
„Betze-Anleihe“ fällig, die Fans schon vor Jahren gezeichnet haben. Der | |
Verein habe aber dafür bereits „Refinanzierungsmaßnahmen eingeleitet“, so | |
Aufsichtsratsvorsitzinder Patrick Banf. | |
13 Mar 2018 | |
## AUTOREN | |
Saskia Leidinger | |
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