Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Information zu Abtreibungen: Senat verhütet Schlimmeres
> ÄrztInnen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, dürfen nicht darüber
> informieren. Das will nun künftig der Senat für sie tun.
Bild: Gegen das „Werbe“-Verbot wird seit einiger Zeit protestiert – bisla…
Die Suche nach einer Ärztin oder einem Arzt für einen
Schwangerschaftsabbruch ist schwierig in Deutschland. Denn Mediziner*innen
dürfen nicht öffentlich darüber informieren, dass sie diesen durchführen.
Ein Zustand, an dem Berlin nichts ändern kann; denn geregelt ist das im
Strafrecht, also einem Bundesgesetz. Trotzdem will das Berliner
Abgeordnetenhaus Abhilfe schaffen – und selbst eine Liste mit den
entsprechenden Einrichtungen ins Netz stellen. Berlin wäre damit nach
Hamburg das zweite Bundesland, das diese Information veröffentlicht.
„Wir als rot-rot-grüne Koalition werden morgen, am Internationalen
Frauentag, einen entsprechenden Antrag einbringen“, sagt Silke Gebel,
Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, der taz. Als
Koalitionspapier ist dem Antrag eine Mehrheit sicher. Darin heißt es, Teil
einer gleichberechtigten Teilhabe von Frauen sei auch „das uneingeschränkte
Recht, über den eigenen Körper zu bestimmen, weshalb die Webseite der
Gesundheitsverwaltung Frauen darüber informieren wird, welche Ärzt*innen in
Berlin rechtskonforme Schwangerschaftsabbrüche vornehmen“.
Es ist eine Entscheidung, die mitten in eine politische Debatte fällt. Im
November vergangenen Jahres hatte das Gießener Amtsgericht die Ärztin
Kristina Hänel zu einer Geldstrafe von 6.000 Euro verurteilt, weil auf
ihrer Webseite steht, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführt. Darin
sah die Richterin einen Verstoß gegen Paragraf 219a StGB – das Verbot der
„Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft“. Danach gilt auch als
Werbung, wenn Ärzt*innen öffentlich über ihr Tun informieren.
Das Urteil gegen Hänel hat in Deutschland eine neue Abtreibungsdebatte
ausgelöst. Der Paragraf schränke das Recht der Frauen auf Information und
freie Arztwahl ebenso ein wie die Berufsfreiheit von Ärzt*innen,
argumentieren Kritiker*innen der aktuellen Gesetzeslage. Berlin hat
gemeinsam mit Hamburg, Bremen, Brandenburg und Thüringen einen Antrag zur
Streichung des Paragrafen im Bundesrat eingebracht. Im Bundestag fordern
SPD, Grüne und Linke die Abschaffung von Paragraf 219a, die FDP will ihn
modifizieren. Union und AfD wollen an der momentanen Regelung festhalten
und sehen den Schutz ungeborenen Lebens in Gefahr, wenn eine Frau sich im
Internet über das Angebot von Ärzt*innen informieren könne.
## Infos auf einer neutralen Seite
„Paragraf 219a ist ein absurdes Relikt“, sagt Silke Gebel. „Wenn eine Frau
sich für einen Abbruch entscheidet, soll sie sich auch umfassend
informieren können.“ Dazu gehöre ein Überblick über die verschiedenen
Methoden und die Information, wer diese wo anbiete. „Wir informieren uns
heute nun mal im Netz“, sagt Gebel. „Wenn man da aber nach Abtreibung
sucht, landet man oft auf tendenziösen Seiten von selbsternannten
Lebensschützern.“ Frauen sollten sich daher sachlich auf einer neutralen
staatlichen Seite informieren können.
Gebel sieht diesen Schritt aber nur als Behelfslösung, weil man nicht
wisse, ob und wann Paragraf 219a abgeschafft wird. Man werde sich nun mit
den Kolleg*innen aus Hamburg sowie mit den Berliner Ärzt*innen in
Verbindung setzen und dann so bald wie möglich die entsprechenden
Informationen veröffentlichen.
Ein Knackpunkt dabei: Die Gesundheitsverwaltung verfügt zwar über eine
Liste mit 205 Ärzt*innen, die Abtreibungen durchführen. Davon sind einer
Berliner Ärztin zufolge aber mindestens 60 schon länger in Rente. „Die
Liste müssen wir natürlich aktualisieren“, so Gebel.
7 Mar 2018
## AUTOREN
Dinah Riese
## TAGS
Schwerpunkt Paragraf 219a
Schwerpunkt Abtreibung
Schwerpunkt Feministischer Kampftag
Geschlechtsidentität
Schwerpunkt Paragraf 219a
Feminismus
Schwerpunkt Paragraf 219a
Schwerpunkt Paragraf 219a
Schwerpunkt Paragraf 219a
## ARTIKEL ZUM THEMA
Psychoanalytikerin über Geschlecht: „Wir sind nicht fluide“
Es gibt in unserer Gesellschaft ein Bedürfnis nach geschlechtlicher
Eindeutigkeit, sagt Psychoanalytikerin Becker. Und zugleich das Bemühen,
diese aufzuweichen.
Informationen zu Abtreibungen: CDU plädiert für Paragrafen 219a
SPD, Linke, Grüne und FDP wollen Informationen zu Schwangerschaftsabbrüchen
legalisieren. Die CDU sieht jedoch keinen Änderungsbedarf.
Demo am Frauen*kampftag: Widerstand mit Wunderkerzen
Mehrere tausend Menschen ziehen am Weltfrauentag von Neukölln nach
Kreuzberg. Die Themen reichen von #metoo über Abtreibungsrecht bis Armut.
Strafrechtsprofessorin zu Paragraf §219a: „Informieren muss möglich sein“
Elisa Hoven hat den Antrag der FDP zur Modifizierung des Paragrafen 219a
formuliert. Strafbar soll nur noch grob anstößige Werbung sein.
Bundestagsdebatte zum Paragraf §219a: Die FDP setzt auf Vermittlung
Es gibt eine Mehrheit gegen den Paragrafen 219a. Doch die SPD nimmt
Rücksicht auf die Union – und die teilt sich ihre Argumente mit der AfD.
Umstrittener Paragraf 219a: Ändern oder abschaffen?
Der Bundestag diskutiert zum ersten Mal über die Streichung des Paragrafen
§219a, der Werbung für Abtreibungen verbietet.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.