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# taz.de -- Nationaler Volkskongress in China: Xi Jinping macht auf Mao
> Ab Montag tagt der Nationale Volkskongress. Er dürfte Staatschef Xi die
> unbegrenzte Regentschaft sichern. So viel Macht hatte vor ihm nur einer.
Bild: Winkt auf Pekings Straßen: Xi Jinping
Peking taz | Die meisten Beobachter in Peking hatten eigentlich mit einem
ruhigen Nationalen Volkskongress (NVK) gerechnet. Xi Jinpings
Amtszeitverlängerung als Parteichef um weitere fünf Jahre hatte der 19.
Parteikongress [1][bereits im Oktober] abgesegnet. Auch seine ideologische
Hinterlassenschaft ist gesichert: Das „Xi-Jinping-Denken“ fand als
Leitlinie Einzug in die Parteiverfassung – eine Ehre, die seinen beiden
Vorgängern in ihrer Amtszeit nicht zuteilwurde. Dass Xi nun auf dem am
Montag beginnenden Plenum des Volkskongress für weitere fünf Jahre als
Staatspräsident bestätigt wird, galt als Formsache.
Doch das reicht Xi offenbar nicht. Vor ein paar Tagen teilte das
Zentralkomitee der KP in einer Randnotiz mit, es wolle die
Amtszeitbegrenzung des Staatspräsidenten von maximal zweimal fünf Jahren
aufheben. Der Volkskongress soll darüber abstimmen. Und da die rund 3.000
Abgeordneten immer alles abnicken, was die KP-Führung vorgibt, gilt es als
beschlossen. Das heißt: Xi darf so lange regieren, wie er will.
Diese Ankündigung schlug ein wie eine Bombe. Auch in China. Denn eine
solche Machtkonzentration in einer Person sollte es eigentlich nicht mehr
geben. Staatsgründer Mao Tsetung hatte unter seiner Alleinherrschaft das
Land mehrfach ins Chaos gestürzt. Millionen starben bei seinen ideologisch
aufgeladenen Kampagnen. Um solche Auswüchse zu vermeiden, setzte Maos
Nachfolger, der Reformer Deng Xiaoping, auf das Prinzip der „kollektiven
Führung“. Das Machtmonopol der KP sollte erhalten bleiben. Aber nie wieder
würde eine Person allein über das Schicksal von über einer Milliarde
Menschen entscheiden, so Dengs Credo. Die Begrenzung der Amtszeit auf zehn
Jahre sowie klar geregelte Führungswechsel waren Kern der Verfassung von
1982.
Seit Xis Amtsantritt vor fünf Jahren ist es ihm gelungen, eine Machtfülle
anzuhäufen, über die vor ihm nur Mao verfügte. Xi ist Oberkommandeur der
Volksbefreiungsarmee, kontrolliert den gewaltigen Sicherheitsapparat und
hat selbst in Wirtschaftsfragen das Sagen. Seine beiden Vorgänger
überließen diese Aufgabe noch ihren Premierministern.
## Ähnliche Methoden
Xis Methoden ähneln immer mehr denen von Mao. Xi schaltet mit seiner
Korruptionsbekämpfung nicht nur bestechliche Kader aus, sondern auch seine
politischen Gegner. Auch das bisherige „kollektive Führungsmodell“, das den
Ausgleich der Fraktionen und Interessengruppen sucht, hat Xi beseitigt. Er
besetzt wichtige Positionen nur noch mit Gefolgsleuten.
Dabei herrscht Xi heute über ein China, das so einflussreich ist wie seit
Jahrhunderten nicht mehr. Mit einem Devisenschatz von über drei Billionen
US-Dollar verfügt das Land über extrem viel Kapital. Es hat sich eine
hochmoderne Hightechindustrie aufgebaut, auf die der Staat jederzeit
zugreifen und die er für seine Zwecke nutzen kann. Beim Internet etwa: Mit
mehr als 770 Millionen Nutzern zählt die Volksrepublik die größte
Netzgemeinde der Welt. Doch ist es der chinesischen Führung systematisch
gelungen, das Netz unter ihre Kontrolle zu bringen. Kein Staat überwacht
seine Bürger im Netz mehr als China.
Zugleich ist es Xi gelungen, den Einfluss der KP wieder massiv auszuweiten.
Statt Pragmatismus und Wirtschaftsreformen stehen nun wieder Linientreue,
Staatswirtschaft und Personenkult im Vordergrund. Hatten Parteikader in
Zeiten von Chinas Öffnungspolitik im Zuge der Liberalisierung etwa in
privatwirtschaftlich betriebenen Unternehmen kaum mehr etwas zu sagen,
erlebt das Land unter Xi eine Re-Ideologisierung. Parteikader sind
plötzlich wieder überall präsent. In Privatunternehmen reden sie in
Personalfragen mit und setzen auch mal Topmanager unter Druck. Selbst
ausländische Unternehmer sind verpflichtet, Parteizellen in ihren Betrieben
zuzulassen.
Dass nun selbst Chefs der HNA-Gruppe, Anbang oder Fosun mal eben so
verschwinden, zeigt, wie lang der Arm der KP inzwischen wieder reicht.
Diese Firmen sind an internationalen Konzernen wie der Deutschen Bank oder
Daimler beteiligt. Auch das sei beängstigend und habe eine neue Qualität,
sagt ein westlicher Unternehmer in Peking, der nicht genannt werden möchte.
Nur wenige wagen offene Kritik. „Unter Xi rudert China zurück“, schreibt
der Journalist der Pekinger Jugendzeitung Li Datong in einem offenen Brief
und fordert die Volkskongressabgeordneten auf, gegen die
Verfassungsänderung zu stimmen. „Das ganze System wird einem beispiellosen
Wandel unterzogen“, warnt der Historiker Zhang Lifan. Die ganze
Gesellschaft werde erschüttert.
US-Präsident Donald Trump hingegen findet es anscheinend großartig, dass
sein chinesischer Amtskollege Xi Jinping künftig unbeschränkt an der Macht
bleiben kann. Präsident auf Lebenszeit sei großartig, soll Trump dem
US-Sender CNN zufolge gesagt haben. „Vielleicht sollten wir das eines Tages
auch mal versuchen.“
Einige Beobachter interpretieren Xis Vorgehen als von Angst geleitet. Xi
habe sich mit der Korruptionsbekämpfung viele Feinde gemacht – er könne
sich keine Schwäche leisten, vermutet der in Hongkong lebende Politologe
Willy Lam. Er verweist darauf, dass Xi selbst den einst so mächtigen
früheren Sicherheitschef Zhou Yongkang, Chinas drittmächtigsten Mann, zur
Strecke gebracht habe. Würde Xi wie nach der bisherigen Regelung in fünf
Jahren abtreten, könnte ihn das den Kopf kosten.
4 Mar 2018
## LINKS
[1] /Chinas-Staats--und-Parteichef-Xi-Jinping/!5458003
## AUTOREN
Felix Lee
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