# taz.de -- Revision im Prozess gegen Ku’damm-Raser: Bundesgerichtshof kippt … | |
> Der „nachträgliche Tötungsvorsatz“, den das Landgericht Berlin anführt… | |
> sei im Strafrecht irrelevant. Das Gericht muss neu über den Fall | |
> entscheiden. | |
Bild: Auf der Autobahn darf gerast werden, sonst aber nicht | |
Raser, die einen Menschen töten, sind nicht zwangsläufig Mörder. Das | |
stellte jetzt der Bundesgerichtshof fest und hob das spektakuläre | |
[1][Urteil des Landgerichts Berlin] gegen zwei Ku’damm-Raser auf. | |
Im Februar 2016 kam ein unbeteiligter 69-jähriger Rentner in Berlin bei | |
einem illegalen Auto-Wettrennen ums Leben. Zwei junge Männer (damals 24 und | |
26) waren nachts mit über 160 Stundenkilometern über den Ku’damm zum | |
Kaufhaus KaDeWe gerast und ignorierten dabei mehrere rote Ampeln. An der | |
letzten Kreuzung erfasste einer der Raser den Rentner, der gerade mit | |
seinem Jeep bei Grün aus einer Seitenstraße einbog. Der Mann starb noch am | |
Unfallort. Das Landgericht Berlin verurteilte beide Raser wegen Mordes zu | |
lebenslanger Freiheitsstrafe. Sie hätten den Tod von Passanten billigend in | |
Kauf genommen. | |
Der BGH hob das Berliner Urteil nun auf und stellte mehrere Rechtsfehler | |
fest, die jeweils zur Aufhebung des Urteils führten. Erstens sei das | |
Landgericht von einem „nachträglichen Vorsatz“ ausgegangen. Laut | |
Landgericht war der Tötungsvorsatz erst bei der Einfahrt in die letzte | |
Kreuzung gefasst worden, als die Fahrer den Unfall eh nicht mehr verhindern | |
konnten. Ein nachträglicher Vorsatz sei aber strafrechtlich irrelevant. Die | |
Vorsitzende Richterin wunderte sich, warum sich das Landgericht in seiner | |
Beweiswürdigung auf die letzte Kreuzung beschränkte. | |
Zudem habe das Landgericht ausgeblendet, dass sich die beiden Raser bei | |
ihrer halsbrecherischen Fahrt auch selbst gefährdeten und eventuell schon | |
deshalb auf einen guten Ausgang vertrauten. Es gebe keinen Erfahrungssatz, | |
dass sich Raser „absolut sicher wie in einem Panzer“ fühlten. Auch im | |
konkreten Fall sei dies nicht bewiesen worden. Zu dieser Annahme passe auch | |
nicht die Annahme des Landgerichts, dass die Raser sogar den Tod einer | |
Freundin in Kauf nahmen, die als Beifahrerin in einem der Wagen saß. | |
Das Landgericht Berlin muss nun erneut über den Fall entscheiden. Eine | |
erneute Verurteilung wegen Mordes ist nicht ausgeschlossen, aber eher | |
unwahrscheinlich. | |
Zugleich hob der BGH ein Urteil des Landgerichts Frankfurt/Main vom | |
Dezember 2016 auf. Das Landgericht hatte einen zur Tatzeit 20-Jährigen zu | |
einer Jugendstrafe von drei Jahren verurteilt. Er war abends mit über 140 | |
Stundenkilometern bei Rot über eine Kreuzung gerast und dabei frontal mit | |
einen kreuzenden Pkw kollidiert. Dessen Fahrer starb. Das Frankfurter | |
Gericht hatte nur Fahrlässigkeit angenommen, weil der junge Raser nicht | |
einmal angeschnallt war und damit „zwangsläufig“ auch seinen eigenen Tod in | |
Kauf genommen habe. | |
Bestehen blieb nur ein Urteil des Landgerichts Bremen, das einen | |
Videoblogger und Kradfahrer wegen fahrlässiger Tötung verurteilte. Er hatte | |
mit überhöhter Geschwindigkeit einen Betrunkenen angefahren, der bei Rot | |
über die Straße ging. | |
1 Mar 2018 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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