Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Belastung von Geringverdienern: Wer wenig verdient, gibt viel ab
> Ökonom Andreas Peichl fordert, die finanzielle Belastung von
> Geringverdienern zu verringern. Der Staat fördere die Unterschiede
> zwischen Arm und Reich.
Bild: Bei Alleinerziehenden ist die finanzielle Belastung besonders hoch
Berlin taz | Bei ihrem großen Sozialexperiment probiert die finnische
Regierung einen Trick aus. Niedrige Einkommen werden nicht mehr mit dem
Arbeitslosengeld verrechnet. Während die Erwerbslosen früher einen Teil
ihres selbst verdienten Geldes beim Staat abgeben mussten, dürfen sie jetzt
alles behalten – zusätzlich zur öffentlichen Förderung. Deshalb lohnen sich
plötzlich auch schlecht bezahlte Arbeiten. So etwas Ähnliches sollte man in
Deutschland ebenfalls anpeilen, sagt Andreas Peichl vom Münchner
ifo-Institut für Wirtschaftsforschung.
Eine muntere Debatte ist gerade im Gange zwischen Peichel und seinen
Kolleginnen und Kollegen in anderen Wirtschaftsinstituten. Zentrale Fragen:
Entwickeln sich Arm und Reich auseinander, werden die sozialen Verhältnisse
in der Bundesrepublik also ungerechter? Oder ist nach den harten
Hartz-IV-Jahren endlich wieder eine positive Tendenz größeren Zusammenhalts
zu vermelden?
Die schlechte Nachricht verkündet dabei das Deutsche Institut für
Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. Die Leute mit den niedrigsten
Einkommen seien von der Verdienstentwicklung der Mitte und der Reichen
abgekoppelt, lautet die Analyse.
Nicht bestätigen wollen diesen Befund die Forscher vom Institut der
deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. Und auch ifo-Forscher Peichl sieht es
anders – mindestens teilweise. Seiner Interpretation zufolge hatten die
Arbeitnehmer mit den niedrigsten Verdiensten seit den 1990er Jahren
tatsächlich Einbußen zu verzeichnen, seit 2009 würden ihre Löhne allerdings
wieder steigen.
## Polarisierung nimmt zu
An einem entscheidenden Punkt sind sich DIW und ifo dann aber wieder einig.
Betrachtet man die Einkommen nach Steuern und staatlichen Sozialleistungen,
setzt sich die negative Tendenz fort. Die Polarisierung gehe nicht zurück,
sie nehme eher wieder zu. Das ist ein sehr merkwürdiger Umstand, weil die
staatlichen Steuern und Transferleistungen die sozialen Unterschiede
eigentlich verringern und nicht verschärfen sollten. Ökonom Peichl sagt:
„Wir verteilen viel um, aber falsch.“
Er gibt ein Beispiel: Für eine alleinerziehende Person mit zwei Kindern,
die 1.000 Euro Bruttolohn pro Monat erhält, kann die „Grenzbelastung“ bei
80 Prozent liegen. Aufgeschlüsselt heißt das: Von 100 selbstverdienten Euro
darf sie unter dem Strich nur 20 selbst behalten, weil der größte Teil mit
den Sozialleistungen verrechnet wird. Der neuen Regierung schlägt Peichl
nun vor: „Ein Weg könnte darin bestehen, die Grenzbelastung für niedrige
Einkommen zu senken.“ Heißt: Wenn man ein paar hundert Euro verdient, soll
beispielsweise weniger auf Hartz IV angerechnet werden.
20 Feb 2018
## AUTOREN
Hannes Koch
## TAGS
Geringverdiener
Schwerpunkt Armut
Spitzensteuersatz
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Mehrwertsteuer
## ARTIKEL ZUM THEMA
Sondierungen zwischen Union und SPD: Ringen um die Spitzensteuer
Der Spitzensteuersatz soll erst ab 60.000 Euro greifen – und auf 45 Prozent
steigen. Geringverdiener haben davon nichts.
Debatte SPD und Hartz IV: Nichts übrig für die Armen
Die SPD wirbt mit sozialer Gerechtigkeit. Für Arbeitslose machen die
Genossen aber kaum Angebote und bringen sich so um Wählerstimmen.
Steuerreformpläne von SPD und Union: Lieber geringere Mehrwertsteuern
Niedrigere Einkommensteuer würde nur ein Drittel der Gesellschaft
entlasten. Für den Rest wären weniger Mehrwertsteuern sinnvoller.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.