| # taz.de -- Berlinale: Junges iranisches Kino: Blutrot das Meer | |
| > In „Hendi va Hormoz“ inszeniert Abbas Amini die Tragödie eines | |
| > jugendlichen Paares in den leuchtenden Farben der iranischen Insel | |
| > Hormus. | |
| Bild: Szene aus dem Film „Hendi va Hormoz“ von Abbas Amini mit Zohre Eslami | |
| Nach der Hochzeit steigt Hendi am Morgen aus dem geliehenen Brautkleid und | |
| schlüpft wieder in ihre Schuluniform. Ohne ein Wort miteinander zu wechseln | |
| fährt sie der 16-jährige Hormoz, ihr frisch vermählter Ehemann, auf dem | |
| Moped zum Unterricht. Ihre kichernden Mitschülerinnen erwarten sie schon. | |
| Hedi ist 13 Jahre alt. | |
| In seinem zweiten Spielfilm, „Hendi va Hormoz“, (deutsch: Hendi und | |
| Hormoz), der bei der Berlinale in der Sektion Generation 14+ läuft, | |
| verknüpft der 1982 in Abadan geborene Regisseur Abbas Amini die tragische | |
| Geschichte der beiden jung Verheirateten mit der surreal wirkenden kargen | |
| Landschaft der Insel Hormus. Dort, im Golf von Oman, im südlichen Iran | |
| gelegen, leben die Menschen von Fischfang, Schmuggel und dem Hämatitabbau, | |
| dessen rote Farbe Strand und Küste blutrot einfärbt. | |
| Der begehrteste Arbeitgeber am Ort ist die Eisenerzmine. Hormoz hofft, nach | |
| der arrangierten Hochzeit nun endlich dort anfangen zu können. So hatte es | |
| sein Onkel mit dem Vorarbeiter ausgehandelt. Doch der mag sich an die | |
| Vereinbarung nicht mehr erinnern. | |
| ## Märchenhaft entrückt | |
| Auch in Aminis Spielfilmdebut „Valderama“, das 2016 ebenfalls bei | |
| Generation 14+ auf der Berlinale zu sehen war, erlebt der junge | |
| Hauptdarsteller erdrückend seine eigene Ohnmacht angesichts der | |
| gesellschaftlichen Verhältnisse. Er strandet in Teheran und reiht sich dort | |
| ein in das Heer der Hoffnungslosen. Doch in einem überraschenden | |
| Befreiungsschlag nimmt er das Schicksal in die Hand und verlässt wenig | |
| später die Hauptstadt. | |
| In „Hendi va Hormoz“ gelingt der Ausbruch so nicht. Trotz der spektakulär | |
| gefärbten Landschaften, die sich in der leuchtenden Kleidung der Frauen | |
| widerzuspiegeln scheinen, wird die Insel zum beklemmenden Bild für die | |
| Perspektiven- und Chancenlosigkeit seiner Protagonisten. Und auch die | |
| traditionell geprägte Welt der Erwachsenen bietet für die Heranwachsenden | |
| keine Hilfe und keinen Ausweg. | |
| In schillernden Farben inszeniert Amini märchenhaft entrückt den | |
| Existenzkampf des jungen Paares in dieser von eigenen kulturellen | |
| Einflüssen geprägten Region. Doch liegen die aktuellen Bezüge auf der | |
| Hand. Die Jugendarbeitslosigkeit im Iran liegt bei 25 Prozent. Große Teile | |
| der iranischen Bevölkerung leben ohne Teilhabe an wirtschaftlichem Wachstum | |
| in Armut. Korruption und Vetternwirtschaft sind allgegenwärtig. | |
| ## Eine Nacht am Strand | |
| In Aminis aktuellem Beitrag spielt Hamed Alipour wieder überzeugend die | |
| Rolle eines glücklos strauchelnden Heranwachsenden. Völlig überfordert von | |
| der neuen Situation ihrer Ehe gehen sich die Teenager zunächst aus dem Weg. | |
| Doch spielerisch nähern sich der etwas linkisch wirkende Hormoz und die | |
| kindliche Hendi (Zohre Eslami) langsam einander an. | |
| Nachdem beide verbotenerweise eine Nacht am Strand verbracht haben, ist | |
| Hendi schwanger und wird bald der Schule verwiesen. Dem iranischen | |
| Filmemacher gelingt es jedoch mit wenigen Andeutungen, die Handlung | |
| trotzdem folgerichtig zu erzählen. | |
| Nachdem Hormoz weder in der Mine noch bei den Fischern Arbeit finden kann | |
| und die Aussteuer schon bald versetzt ist, beginnt er für einen Schmuggler | |
| nachts die Waren auszuliefern. Doch schon bald ist er der gnadenlosen | |
| Willkür seines Arbeitgebers ausgesetzt. Das Motorrad ist weg und die | |
| Schulden reichen bis an sein Lebensende. In seiner Verzweiflung stürzt sich | |
| Hormoz mit Hendis Unterstützung in eine hoffnungslose Unternehmung. | |
| Die Szene, die den Jungen zum letzten Mal lebend in einem winzig wirkenden | |
| Motorboot vor dem gigantischen Bug eines in der Straße von Hormus liegenden | |
| Tankers zeigt, macht die Sinnlosigkeit dieses Unterfangens auf dramatische | |
| Weise sichtbar. Doch mit dem Bild der entschlossenen Hendi und ihrem | |
| Neugeborenen auf dem Arm vermittelt der iranische Regisseur, wie schon | |
| zuvor in „Valderama“, in der letzten Einstellung eine Spur Optimismus für | |
| die Zukunft. | |
| 23 Feb 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Eva-Christina Meier | |
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