Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Nominierungen zum Leipziger Buchpreis: Lasst tausend Rosen sprechen
> Was es alles zu erzählen gibt: Die KandidatInnen für den diesjährigen
> Leipziger Buchpreis sind raus. Die Auswahl verzichtet auf
> 68er-Betrachtungen.
Bild: Am Ende bleibt in jeder Kategorie eines übrig
Aus den Tiefen des Literaturbetriebes war zuletzt ein knirschendes, leicht
quietschendes Geräusch zu hören, verbunden mit einem halb unterdrückten
Stöhnen. Es hatte Umfragen gegeben. Die Umfragen hatten ein Ergebnis
gezeitigt. Nach diesem Ergebnis kauften nicht mehr so viele Menschen Bücher
wie früher. Tja. Ihre Umsätze konnten die deutschen Verlage nur halten,
weil die Bücher gleichzeitig teurer geworden sind.
Alarmstimmung also. Das quietschende Geräusch – es hatte etwas von einem
versuchten Pfeifen im Walde – ergab sich aber erst durch die seltsamen
Reaktionen der Branche. Einerseits kam es zu Marketingmaßnahmen, darunter,
anlässlich des bevorstehenden Valentinstages, zu rosa Zetteln mit dem
Spruch „1 Buch sagt mehr als 1000 Rosen“. Mag sein, kann man da nur sagen,
aber versuchen Sie mal, Bücher in eine Vase zu stellen.
Andererseits kam es zu Analysen, in denen sich die Buchbranche als letzte
Bastion gegen die zerstreuenden Effekte des Streamingdienste-Guckens
inszenierte. Netflix wurde als Böser im Spiel ausgemacht; die
Gutenberg-Galaxis verliert ja auch nicht erst seit gestern ihre Hegemonie.
Aber die Rechnung Streaming=Entfremdung, Hektik und fremdbestimmt und
Lesen=Beisichsein, Selbstbestimmung und Wellness für die Seele (solche
Marketingssprüche kursieren tatsächlich) geht trotzdem nicht auf. Zum Glück
reagieren die meisten großen Verlage klüger auf die Situation als ihre
Brancheninstitutionen.
Wie auch immer.
Jedenfalls ist es doch ganz schön, wenn man vermelden kann, dass wenigstens
die Buchpreise funktionieren. Kein Quietschen, kein Knirschen. Gerade
wurden die Kandidaten für den Leipziger Buchpreis bekannt gegeben.
In der Belletristik-Kategorie gäbe es zu jedem der fünf KandidatInnen eine
interessante Geschichte zu erzählen. Isabel Fargo Cole („Die grüne Grenze�…
Nautilus) stünde für den bislang möglicherweise zu Unrecht übersehenen
großen Roman aus dem Herbstprogramm sowie aus einem Kleinverlag. Anja
Kampmann („Wie hoch die Wasser steigen“, Hanser) für die aus dem Stand
überfliegende Romandebütantin. Esther Kinsky („Hain“, Suhrkamp) eher für
den zwangsläufigen Durchbruch einer ihr Werk allmählich entfaltenden
Autorin. Georg Klein („Miakro“, Rowohlt) für ein Comeback; allerdings hat
er den Preis schon einmal bekommen. Und an Matthias Senkel („Dunkle
Zahlen“, Matthes & Seitz) ließe sich im Erfolgsfall einiges über die
smarte, hochambitionierte Nachwuchsszene der deutschsprachigen Literatur
erzählen.
Und die Bücher, die deutlich auf der Liste fehlen, gibt es auch, etwa
Angelika Klüssendorfs großartigen Roman „Jahre später“.
Bei den Sachbüchern mag überraschen, dass sich in diesem Jubiläumsjahr
unter den fünf Kandidaten keine Studie über 68 finden lässt. Insgesamt
vielmehr ein buntes Programm von Beethoven (Martin Geck, Siedler) über
Renaissance (Bernd Roeck, „Der Morgen der Welt“, Beck) und
Gegenwartsanalyse (Andreas Reckwitz, „Singularitäten“, Suhrkamp) bis zum
schwergewichtigen Kommunismusaufarbeitungsdoppel mit Gerd Koenen („Die
Farbe Rot“, Beck) und Karl Schlögel („Das sowjetische Jahrhundert“, auch
Beck). Mal sehen, wie der Verlag bei der Preisverleihung am 15. März die
Sitzordnung angeht und neben welchen seiner Autoren sich der Verleger
Jonathan Beck setzen wird. Kein Gendern nötig übrigens in dieser Kategorie.
Fünf Männer. Just saying.
Bei den Übersetzungen sind Robin Detje, Olga Radetzkaja, Sabine Stöhr und
Juri Durkot als Übersetzerdoppel, Michael Walter und Ernst Wichner
nominiert.
8 Feb 2018
## AUTOREN
Dirk Knipphals
## TAGS
Übersetzer
Schwerpunkt Frankfurter Buchmesse 2024
Schwerpunkt Frankfurter Buchmesse 2024
Schwerpunkt Brexit
Deutscher Buchpreis
## ARTIKEL ZUM THEMA
Journalist und Autor Robin Detje: Funkelnde Formulierungen
Robin Detje langweilt sich schnell, wie er selbst sagt. Ist er deshalb vom
Kulturjournalisten zum Übersetzer komplexer Romane geworden?
Georg Kleins Roman in Leipzig nominiert: In den Nährhöhlen
Dicht, oft märchenhaft, beschreibt Georg Klein in seinem Roman „Miakro“ das
Büro der Zukunft als dystopische Überhöhung der üblichen
Start-up-Ausbeutung.
Für den Leipziger Buchpreis nominiert: Orte der Lebenden, Orte der Toten
Esther Kinskys Roman „Hain“ erzählt von einer Frau, die auf einer
Italienreise den Verlust ihres Geliebten verarbeitet. Ein Treffen mit der
Autorin.
Buchpreisträger Robert Menasse: „Die Briten kommen wieder“
Mit einem Roman über die Europäische Union hat Robert Menasse den Deutschen
Buchpreis gewonnen. Ein Gespräch über Brüssel, den Brexit, Fußball und
Träumer.
Deutscher Buchpreis: „Sehr hohes literarisches Niveau“
Hervorragend geschrieben, kühn gedacht: Die Jury hat die sechs Titel der
Shortlist des Deutschen Buchpreises bekanntgegeben.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.