# taz.de -- Nachhaltigkeit und Sprache: Eine Welt für meine Enkel | |
> Alle reden immer von Nachhaltigkeit. Nachhaltig wirtschaften, nachhaltig | |
> konsumieren und so weiter. Aber der Begriff ist out. | |
Bild: Mhmmmm… (nicht nur) lecker: enkeltauglicher Rosenkohl! | |
Szene: Ein Spielzeugladen. Ein älterer Herr betritt das Geschäft, tritt an | |
den Tresen. Der Sohn seiner Tochter, jaja, der Geburtstag steht bald an, | |
sieben Jahre ist er alt, mag Computerspiele und Synchronschwimmen, ob es da | |
was Enkeltaugliches gebe? | |
Klingt erst mal passend, aber das meint das Wort nicht. Enkeltauglich meint | |
das große Ganze. Es geht um unsere Welt, beziehungsweise die Welt, die wir | |
unseren Enkel*innen mal hinterlassen, genauer: die Umwelt. Die | |
Wortschöpfung, von NGOs 2001 in die Welt gesetzt, ist die Konkretion der | |
Nachhaltigkeit. Während diese an eine abstrakte lebenswerte Zukunft | |
appellierte, zielt die Enkeltauglichkeit direkt in unser Herz, greift uns | |
beim Kinder-, nein, beim Enkel*innenwunsch. In welcher Welt sollen deine | |
Gene überdauern? | |
Der zweite Wortteil ist auf die deutschen Kerntugenden abgestimmt. | |
Tauglich, das heißt pragmatisch, funktional, effizient. Nur vermeidet es | |
das Hochgestochene, das Akademisch-Abstrakte. Mit hochgekrempelten Ärmeln | |
packt der Alltagsverstand die Probleme der Gegenwart so an, dass auch die | |
Zukunft unseren Enkel*innen noch taugt. | |
## Nicht später, jetzt | |
Aktuell ist der Begriff wieder dank der Biofach 2018. Die Weltleitmesse für | |
Biolebensmittel zeigt derzeit in Nürnberg wieder, was es auf dieser Welt | |
alles an nachhaltig – pardon! – enkeltauglich produzierten Lebensmitteln so | |
gibt. Dass Produkte wie Brotaufstrich Sendi (Senf-Dill) dabei die realen | |
Enkel wohl eher nicht als Zielgruppe erfasst, ist eine Ironie, die unterm | |
Tisch landet. | |
Die wirkliche Frage bleibt aber, ob denn die Probleme, die mit dem Begriff | |
Nachhaltigkeit kamen, gelöst sind. Zwar mögen die diesmal wortwörtlich | |
Biodeutschen durch den Fokus auf ihre Kindeskinder am Herzen gepackt | |
werden. Aber der Klimawandel ist auch jetzt schon ein drastisches Problem. | |
Unmittelbar sollte es uns, auch begrifflich, darum gehen, ob unsere | |
Lebensmittel nicht aus Großbetrieben in Afrika oder Asien kommen, die so | |
düngen, dass der lokalen Bevölkerung schon in der Gegenwart jede Grundlage | |
für selbstversorgende Agrarwirtschaft genommen wird. Oder die Felder nicht | |
da stehen, wo einmal Wälder standen, die bis zur Brandrodung vor | |
Überflutung und Erdrutsch schützten. Wir schlagen deshalb noch mal eine | |
Neuschöpfung vor: Menschentauglich. | |
15 Feb 2018 | |
## AUTOREN | |
Arved Clute-Simon | |
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