# taz.de -- Rechtsradikale in der Ukraine: Eine Antwort auf die „Patrioten“ | |
> Knapp 200 Menschen haben in Kiew gegen eine paramilitärische | |
> „Volksbürgerwehr“ demonstriert, die sich als Law-and-Order-Truppe | |
> aufspielt. | |
Bild: Treueeid auf das ukrainische Volk: Einheiten der rechtsradikalen „Volks… | |
Kiew taz | Über 150 Menschen, vorwiegend Jugendliche, sind am Sonntag, | |
angeführt von einer Samba-Gruppe vermummter Frauen, vom Kiewer | |
Kontraktova-Platz zum Post-Platz gezogen, um gegen den Marsch der | |
paramilitärischen „Volksbürgerwehr“ eine Woche zuvor zu demonstrieren. Bei | |
diesem hatten 600 Freiwillige angekündigt, auf den Straßen zu | |
patrouillieren und dort, notfalls auch mit Gewalt, für Ordnung zu sorgen. | |
In Sprechchören wie „Wir brauchen euren Schutz nicht“, „Gegen Rassismus�… | |
und „Mehr Freiheit, weniger Kontrolle“ forderten die Teilnehmer der | |
Demonstration von den staatlichen Behörden ein entschiedenes Vorgehen gegen | |
rechtsradikale paramilitärische Strukturen. | |
Aufgerufen zu dem Marsch hatten die Architektin Maria Poltoratschenko, die | |
Aktivistin Claudia Kunizkaja und der Künstler Wladimir Kusnezow. „Wir haben | |
uns in einem kleinen Freundeskreis vor zwei Tagen erst entschieden, diesen | |
heutigen Marsch als Antwort auf den Marsch der Paramilitärs zu | |
organisieren. Wir sind Privatpersonen, eine Organisation steht nicht hinter | |
dieser Demonstration“, so Poltoratschenko zur taz. | |
„Wir müssen die Ukraine vor dem Faschismus schützen“, erklärte der | |
ukrainische Menschenrechtler Wolodimir Tschemeris. „Die demokratische | |
Gesellschaft darf nicht zulassen, dass die Rechtsradikalen weiter verwöhnt | |
werden.“ Fast jeden Tag erfahre man von Überfällen von Rechten und die | |
Polizei schaue einfach nur weg, so Tschemeris. | |
## Ein Zeichen setzen | |
„Ich bin gekommen, weil ich will, dass unsere Gesellschaft ein Zeichen | |
setzt, sagt, dass sie nicht zulässt, dass die öffentliche Ordnung von | |
Rechtsradikalen aufrechterhalten werden soll“ erklärte Nina Potarska von | |
der „Women International League for Peace and Freedom“ | |
Am 28. Januar hatten 600 zum Teil maskierte Jugendliche der rechtsradikalen | |
„Nationalen Bürgerwehr“ mit einem Marsch durch Kiew von sich reden gemacht. | |
Ihren Treueeid auf das ukrainische Volk hatten sie am Ende des Marsches vor | |
ihrem Führer Andrej Bilezkyj geleistet. | |
Der langjährige Feldkommandeur des Freiwilligenbataillons „Asow“ steht in | |
seinen Ansichten rechts vom „Rechten Sektor“. Die von Asow-Kommandeur | |
Bilezkyi angeführte Organisation „Patrioten der Ukraine“ habe noch 2008 in | |
der Stadt Charkiw Hitlers „Mein Kampf“ verteilt, berichtet Ewgenij | |
Sacharow, Direktor der „Menschenrechtsgruppe Charkiw“. „Immer wenn die | |
´Patrioten der Ukraine` durch Charkiw marschiert sind, hat sich mein | |
chinesischer Freund nicht aus dem Haus getraut“, sagt eine Bewohnerin von | |
Charkiw gegenüber der taz. | |
Sofort nach dem Marsch durch Kiews Hauptstraße Ende Januar machte sich die | |
neu gegründete Volksmiliz an die Arbeit. Als die Abgeordneten des | |
Stadtrates der ukrainischen Kleinstadt Tscherkasy am 29. Januar über den | |
Haushalt debattieren wollten, sahen sie sich auf einmal einer Gruppe von | |
maskierten und offensichtlich auch bewaffneten Jugendlichen der Volksmiliz | |
gegenüber. | |
## Einsatz von Gewalt | |
Diese hatten sich die unter die Abgeordneten gemischt und sie in der | |
Ratssitzung bedrängt. Abgeordnete, die den Ratssaal hatten verlassen | |
wollen, waren mit Gewalt daran gehindert worden. Am Ende verabschiedeten | |
die Abgeordneten den Haushalt so, wie es die Volksmiliz von ihnen verlangt | |
hatte. | |
Das Internet-Portal „strana.ua“ sieht in dem Vorfall von Tscherkasy | |
Gefahren für die gesamte Ukraine. Am 29. Januar hätten die „Volksmilizen“ | |
allen Politikern im Land gezeigt, dass sie jederzeit mit Druck von | |
paramilitärischen Gruppen rechnen müssten, so „strana.ua“. „Die faktisc… | |
Entmachtung der Polizei durch eine Straßenarmee kann zum Verlust des | |
staatlichen Gewaltmonopols führen.“ Letztendlich könne sich das, was in | |
Tscherkasy passiert sei, überall wiederholen, auch in der Verhochvna Rada, | |
dem Parlament des Landes. | |
4 Feb 2018 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Clasen | |
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