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# taz.de -- Die Wahrheit: Stotternder Empörungsmotor
> Die ZDF-„heute show“ hat einen stotternden AfD-Politiker verspottet. Was
> aber erzählt der Mann inhaltlich zum Beispiel über Flüchtlinge?
Bild: Ihm ist am Freitagnachmittag nichts passiert: Comedian Abdelkarim
Die „heute show“ des ZDF hat also einen Witz gemacht. „Huch!“, denkt man
kurz erschrocken, aber das ist gar nicht die Sensation. Es geht vielmehr um
die Art des Witzes. In einem Filmausschnitt ereifert sich ein
Diplomverwaltungswirt namens Dieter Amann für die AfD über Asylbewerber,
die angeblich nie die deutsche Sprache lernen werden. Amann verstottert den
Satz – Publikumslacher. Moderator Oliver Welke kommentiert, das Stottern
nachahmend: „Absolululut. Die Sprache ist das Allerwichtigste!“ Noch mehr
Gelächter. Dumm nur, dass Amann tatsächlich eine Sprachbehinderung hat, was
Welke nicht wusste, wie er recht glaubhaft beteuert.
Nun schäumt die AfD, Welke habe sich „in widerwärtiger und
menschenverachtender Weise ausgelassen“, spricht von „gelebtem Faschismus“
und fordert in alter antifaschistischer Tradition die „sofortige
Entfernung“ des Moderators aus dem öffentlich-rechtlichen „Zwangssystem“.
Amann selbst sagt: „Meine demütigende Darstellung als behinderte Lachnummer
hat traumatische Kindheitserinnerungen wiedererweckt, die ich längst
vergessen wähnte, und mich zutiefst geschmerzt“, und man will es ihm
durchaus glauben. Kindheitstraumata können einen kaputtmachen. So kaputt
womöglich, dass man später sogar zur Alternative für Deutschland geht.
Auch bei Verbrechern, wie abartig ihr Treiben letztlich immer sein mag,
muss man stets berücksichtigen, wie die Niedertracht entstehen konnte –
eine schwere Kindheit ist häufig genug die Ursache. Eine humanistische
Grundweisheit, die in AfD-Kreisen allerdings normalerweise eher weniger
populär ist.
Vor der „Entfernung“ von Welke könnte man dennoch fragen, warum eigentlich
Flüchtlinge nicht in der Lage sein sollten, gut genug Deutsch zu lernen.
Einem schweren Stotterer wie Amann ist das doch offenbar auch gelungen.
In derselben Anhörung hat der AfD-Mann übrigens gesagt: „Warum lassen
gestandene Familienväter ihre Frauen und Kinder im Krieg zurück? Müsste
nicht jeder Mann, der seiner Art nicht Schimpf und Schande macht, erst sie
in Sicherheit bringen und dann erst sich? Die Liebe kann nicht so groß
gewesen sein oder die Verfolgung nicht so schlimm.“ Aber müsste dann nicht
jeder gestandene Mann, der selbst Diskriminierung erfahren hat, sich für
andere Diskriminierte einsetzen? Offenbar nicht. Wäre man eine Lachnummer
wie Amann, behindert oder nicht, könnte man glatt zu dem Schluss gelangen,
dass da die Menschenliebe so groß nicht gewesen sein kann oder das
Kindheitstrauma nicht so schlimm.
So aber denken wir nicht. Wir Menschen mit „Helfersyndrom“, wie Amann Leute
nennt, die nicht jeden Flüchtling gleich als kriminell behandeln wollen,
wir wollen einfach glauben, dass auch jemand, der sich wie Amann in
widerwärtiger und menschenverachtender Weise äußert, vielleicht noch
resozialisiert werden kann. Viel Erfolg!
9 Feb 2018
## AUTOREN
Heiko Werning
## TAGS
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