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# taz.de -- Vietnamesisch-deutsche Beziehungen: Kidnapping führt zu Zerwürfnis
> Keine hochrangigen Gäste, keine neuen Projekte: Nach der Entführung eines
> Vietnamesen ist das Verhältnis zwischen Berlin und Hanoi angespannt.
Bild: Auf dem Weg in den Gerichtssaal: Trinh Xuan Thanh Anfang Januar in Hanoi
BERLIN taz | Ist alles wieder gut in den deutsch-vietnamesischen
Beziehungen – jetzt, da [1][der vietnamesische Ex-Politiker Trinh Xuan
Thanh] nicht zum Tode verurteilt worden ist, sondern nur zu lebenslanger
Haft? Das Auswärtige Amt in Berlin übt sich nach dem Urteil vor dem Hanoier
Volksgericht vom Montag in Zurückhaltung. Für eine Bewertung des Verfahrens
sei es noch zu früh, sagte eine Sprecherin des deutschen Außenamtes der
taz.
Der [2][aus Deutschland entführte] Vietnamese steht ab Mittwoch in einem
weiteren Prozess vor Gericht. Die Todesstrafe ist also noch nicht
abgewendet. „Wir haben der vietnamesischen Regierung unsere Haltung zur
Todesstrafe mehrfach deutlich gemacht“, lässt das Auswärtige Amt wissen.
Die Prozessbeobachtung durch deutsche Diplomaten sei aber „korrekt“
verlaufen.
Doch unabhängig vom Urteil: War da nicht noch eine Entführung? Stellt die
nicht einen Bruch des Völkerrechtes dar?
Die Entführung des Mannes durch den vietnamesischen Geheimdienst markiert
einen Bruch in den sonst guten deutsch-vietnamesischen Beziehungen.
Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) sprach von einem eklatanten
Vertrauensbruch, von „Menschenraub“, der ihn an die Zeit des Kalten Krieges
erinnere. Er forderte eine Entschuldigung der vietnamesischen Regierung.
Die kam jedoch nicht. Nach vietnamesischer Lesart gab es ohnehin keine
Entführung. Thanh sei als reuiger Straftäter freiwillig nach Vietnam
zurückgekehrt.
Dass ein ausländischer Geheimdienst von deutschem Hoheitsgebiet aus
schutzsuchende Menschen entführt und in ihr Herkunftsland verschleppt, kann
Berlin jedoch nicht einfach hinnehmen. Das wäre eine Einladung an andere
autoritär geführte Staaten, sich ihre Staatsbürger, die in Deutschland
Schutz vor politischer Verfolgung suchen oder von hier aus für
demokratische Veränderungen in ihren Herkunftsländern ihre Stimme erheben,
einfach selbst zu holen.
## Diplomaten brauchen wieder Visa
Im September hatte die Bundesregierung deshalb die sogenannte Strategische
Partnerschaft mit Vietnam ausgesetzt. Seitdem werden keine neuen
Entwicklungshilfe- und Wirtschaftsprojekte mehr genehmigt. Laufende
Projekte werden allerdings fortgeführt. Inhaber vietnamesischer
Diplomatenpässe dürfen nicht mehr visafrei nach Deutschland reisen. Die
Bundesregierung empfängt zudem keine hochrangigen vietnamesischen
Gesprächspartner mehr und schickt auch keine eigenen Vertreter mehr zu
Gesprächen nach Vietnam.
Ein Sprecher des Verteidigungsministerium sagte gegenüber der taz, es habe
seit dem Vorfall keine Gespräche mehr mit vietnamesischen Partnern ab
Abteilungsleiterebene aufwärts gegeben. Ein für November in Berlin
geplantes Gespräch auf Arbeitsebene über die Abwehr von ABC-Waffen hätte
ebenfalls nicht stattgefunden, weil die Teilnehmer aus Vietnam keine Visa
erhalten hatten. Vor der Aussetzung der Strategischen Partnerschaft hätten
sie visafrei mit einem Diplomatenpass einreisen können.
Und der Rechtsstaatsdialog, den Deutschland seit fast zehn Jahren mit
Vietnam führt? Wäre es angesichts rechtsstaatlicher Defizite in Vietnam
nicht töricht, den auszusetzen?
Die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung ist in einige dieser Dialogforen
involviert. Sie organisiert Austauschprogramme zwischen deutschen und
vietnamesischen Studenten sowie zwischen Lehrkräften der
Rechtswissenschaften zu Menschenrechten, Zivil- und Strafrecht. „Wir sind
uns mit dem Auswärtigen Amt einig, dass diese Formate für junge Leute auf
jeden Fall fortgesetzt werden und gerade angesichts der aktuellen Situation
eine besondere Bedeutung haben“, sagt Stiftungssprecherin Anja Papenfuß.
Die Dialogforen seien „auf die zukünftigen Entscheidungsträger
ausgerichtet“ und würden auf lange Sicht „rechtsstaatliche Reformen
fördern“.
Offen ist noch, ob Deutschland dem bereits ausgehandelten
Freihandelsabkommen zwischen Vietnam und der EU die Zustimmung erteilt. Für
Vietnam ist dies einer der sensibelsten Punkte. Das Land möchte billig
produzierte Kleidung, Lederwaren und Agrarprodukte günstiger auf dem
europäischen Markt absetzen. Im EU-Parlament und in den nationalen
Parlamenten hat die Diskussion zu dem Thema jedoch noch nicht begonnen. Es
ist fraglich, ob sie vor den Europawahlen 2019 noch starten wird.
## Siemens macht weiter
Nicht betroffen von der Aussetzung der Strategischen Partnerschaft sind die
großen Leuchttürme wirtschaftlicher Zusammenarbeit, etwa der beabsichtigte
Bau einer U-Bahn-Linie in Ho-Chi-Minh-Stadt durch Siemens. Schließlich will
die Bundesregierung die deutsche Wirtschaft nicht verprellen, die sich in
dem wirtschaftlichen Boomland in Südostasien eine goldene Nase verdienen
kann.
Auch die Bundesländer scheinen ihre Kontakte zu vietnamesischen Partnern
nicht herunterzufahren. Die Wirtschaftsförderung des Landes Bremen hat erst
in diesem Monat ein neues Büro in Ho-Chi-Minh-Stadt eröffnet, um
vietnamesische Unternehmen für den Wirtschaftsstandort Bremen zu
akquirieren.
Hamburgs parteiloser Wirtschaftssenator Frank Horch reiste im November mit
einem Tross hanseatischer Unternehmer auf Einladung des vietnamesischen
Premierministers in das Land. Und der Berliner Bezirk Lichtenberg hatte im
Oktober Gäste seines Hanoier Partnerbezirkes Hoan Kiem zu Besuch. Sie
informierten sich zu Stadtökologie, Trinkwasseraufbereitung und
Umwelterziehung an Berliner Schulen.
23 Jan 2018
## LINKS
[1] /Mutmasslich-entfuehrter-Vietnamese/!5478736
[2] /Ein-Thriller-zwischen-Berlin-und-Hanoi/!5432520
## AUTOREN
Marina Mai
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