# taz.de -- Aufarbeitung der G20-Gewaltaten: Fabio V. bleibt frei | |
> Das Amtsgericht Altona rechnet im Fall Fabio V. mit einer Jugendstrafe | |
> auf Bewährung. Der Haftbefehl gegen ihn ist nun nicht mehr zu | |
> rechtfertigen. | |
Bild: „Schädliche Neigungen“: Der 19-jährige Italiener Fabio V. saß mona… | |
HAMBURG taz | Der Haftbefehl gegen [1][den 19-jährigen Italiener Fabio V.] | |
wegen der Ausschreitungen beim G20-Gipfel am Rondenbarg im Juli vergangenen | |
Jahres ist vom Amtsgericht Hamburg Altona aufgehoben worden. Es bestehe | |
kein Anlass mehr zu der Befürchtung, Fabio V. würde sich dem Verfahren | |
entziehen, sodass der Haftgrund „Fluchtgefahr“ entfalle, sagte | |
Gerichtssprecher Kai Wantzen der taz. Zumal der Angeklagte von einem | |
Heimaturlaub über Weihnachten pünktlich zum Prozess nach Hamburg | |
zurückgekehrt sei. | |
Der Haftbefehl gegen V., der seit dem 7. Juli in Untersuchungshaft saß, war | |
Ende November gegen strenge Auflagen außer Vollzug gesetzt worden. Der | |
Angeklagte aus Norditalien musste 10.000 Euro Kaution hinterlegen, in | |
Hamburg eine Wohnung nehmen und sich dreimal wöchentlich bei der Polizei | |
melden. | |
Diese Auflagen entfallen nun. Die Hamburger Staatsanwaltschaft teilte dem | |
NDR-Fernsehmagazin Panorama auf Anfrage mit, dass sie keine Rechtsmittel | |
gegen die Aufhebung des Haftbefehls einlegen werde. | |
Da das Gericht davon ausgehe, dass der 19-Jährige, dem keine konkrete | |
Straftat zur Last gelegt wird, nur eine Jugendstrafe auf Bewährung erwarte, | |
sei der Haftbefehl und die Androhung der weiteren Untersuchungshaft nicht | |
mehr verhältnismäßig, so Gerichtssprecher Wantzen. | |
Das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG) hatte die U-Haft unter anderem mit | |
angeblichen „schädlichen Neigungen“ V.s begründet. Der war nach der | |
gewaltsamen Auflösung einer Demonstration gegen den G20-Gipfel zusammen mit | |
mehr als 70 anderen festgenommen worden, als er sich um Verletzte gekümmert | |
hatte. Gegen all diese Demonstranten laufen Ermittlungsverfahren. Allein | |
gegen Fabio V. ist bisher Anklage erhoben worden. | |
Dem Verfahren kommt eine gewisse Präzedenzfunktion für die juristische | |
Aufarbeitung der G20-Gewalttaten zu – nicht nur, weil Fabio V. der erste | |
G20-Gegner war, der sich im Prozess als politisch Handelnder darstellte. | |
Sondern auch, da nach Meinung des OLG, das sich schon zweimal mit dem Fall | |
befasste, sich jeder des Landfriedensbruchs schuldig macht, der an einer | |
Demonstration teilnimmt, bei der es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei | |
kommt – unabhängig davon, ob die Person eigenständig Gewalt ausgeübt hat. | |
## Verurteilung wegen „Mitmarschierens“ | |
Das Hanseatische Oberlandesgericht stützt sich auf eine Entscheidung des | |
Bundesgerichtshofs (BGH) vom Mai 2017, in dem die obersten deutschen | |
Strafrichter „Mitmarschieren“ in einer gewaltbereiten Gruppe als | |
ausreichend für eine Verurteilung werteten. Dadurch leiste der Teilnehmer | |
„psychische Beihilfe“. | |
Der Schönheitsfehler an der Argumentation: Dem BGH-Urteil liegt ein | |
gezielter Überfall von Fußball-Hooligans auf eine gegnerische Fangruppe | |
zugrunde. Einen solchen Fall grenzten die BGH-Richter ausdrücklich ab von | |
einer „politischen Demonstration“, bei der nicht alle Teilnehmer die von | |
einzelnen begangenen Gewalttaten billigen. Solch eine Demonstration | |
unterliege dem verfassungsrechtlichen Schutz des Versammlungsgesetzes. | |
Daher versucht die Staatsanwaltschaft im Prozess gegen Fabio V. zu | |
beweisen, dass es sich der spontanen Demo an jenem 7. Juli nicht um eine | |
politische Demonstration gehandelt habe, sondern um eine Gruppe von 200 | |
Personen, die auf Gewalt aus war. | |
30 Jan 2018 | |
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## AUTOREN | |
Kai von Appen | |
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