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# taz.de -- Catherine Deneuves Kritik an #MeToo: Sorry. Doch nicht sorry
> #MeToo führe womöglich zu einer totalitären Gesellschaft, sagte die
> Schauspielerin und erntete heftige Kritik. Nun hat sie sich entschuldigt
> – ein bisschen.
Bild: Deneuve hat sich zwar bei Opfern sexueller Gewalt entschuldigt, hält abe…
Berlin dpa/afp/taz | Schauspielerin Catherine Deneuve (74) hat sich nach
ihrer [1][umstrittenen Kritik] an Folgen der #MeToo-Debatte bei den Opfern
sexueller Gewalt persönlich entschuldigt. In einem am Sonntagabend
erschienenen [2][Beitrag der Zeitung „Liberation“] wandte sie sich direkt
an die Opfer und versuchte, einen kritischen Text aus der Vorwoche zu
relativieren: „Ich grüße alle Opfer dieser verabscheuungswürdigen Taten,
die sich durch den Artikel in Le Monde beleidigt fühlen, ihnen und ihnen
allein biete ich meine Entschuldigung an.“
Deneuve hielt allerdings an dem ursprünglichen Beitrag fest, der ihrer
Ansicht nach „nicht beinhaltet, dass Belästigung gut ist, sonst hätte ich
den Text nicht unterschrieben“. Den Vorwurf, keine Feministin zu sein, wies
sie zurück.
In Frankreich sorgen die Vorwürfe gegen den ehemaligen Film- und
Fernsehmogul Harvey Weinstein in den USA für große Aufmerksamkeit. Unter
dem Hashtag [3][#balancetonporc] (Verpfeif' das Schwein) berichten tausende
Frauen seit Wochen auf Twitter über Anmache oder Missbrauch – ähnlich wie
in den USA unter [4][#MeToo].
Deneuve war ins Visier französischer Feministinnen geraten, als sie vor
knapp einer Woche gemeinsam mit rund 100 weiteren Frauen einen Artikel
unterzeichnet hatte, der unter anderem von der Schriftstellerin Catherine
Millet (69) verfasst worden war.
Der Text kritisiert, die #MeToo-Debatte um sexuelle Belästigung habe eine
„Kampagne der Denunziation“ nach sich gezogen, und warnt vor einem „Klima
einer totalitären Gesellschaft“. Die Unterzeichnerinnen beklagen einen
neuen „Puritanismus“. Die Veröffentlichung von Männernamen führe dazu, d…
viele auf eine Stufe mit Sexualstraftätern gestellt würden.
## „Welt“-Kommentatorin lobt Deneuves Vorstoß
Dabei sei die „Freiheit zu belästigen unerlässlich für die sexuelle
Freiheit“. Als ob dies nicht selbstverständlich sei, schreiben Deneuve und
ihre Kolleginnen weiter: „Vergewaltigung ist ein Verbrechen.“ Dagegen sei
eine „beharrliche oder ungeschickte Anmache“ nicht strafbar. Heute würden
Männer „zur Kündigung gezwungen, deren einziges Vergehen es ist, ein Knie
berührt oder einen Kuss erhascht zu haben“.
[5][Welt-Journalistin Kathrin Spoerr] hat sich zu Deneuves Kritik an #MeToo
begeistert geäußert. Ihr Kommentar trägt die Überschrift „Endlich sagt
jemand die Wahrheit über #MeToo“. Über Deneuves Initiative schreibt sie:
„Der Brief lässt jeden erleichtert aufatmen, der in den vergangenen drei
Monaten dachte, verrückt werden zu müssen.“
Spoerr kritisiert, die Debatte kreise nur um „Frauen im Westen“. Und dass
alle Männer unter Generalverdacht gestellt würden: „Man gewann den
Eindruck, im Westen könne keine Frau mehr mit einem Mann einen Fahrstuhl
oder ein Besprechungszimmer betreten, ohne geschändet zu werden.“
Rückendeckung erhielt Deneuve auch von Silvio Berlusconi. „Es ist
natürlich, dass Frauen glücklich sind, wenn ein Mann sie umwirbt“, sagte
der 81-Jährige Donnerstag in einem Fernsehinterview. Das Werben müsse aber
unbedingt „elegant“ sein. Er selbst habe damit allerdings keine Erfahrung,
„weil Frauen immer mich umwerben“.
## Berlusconi und Sex mit Minderjährigen gegen Geld
Berlusconi war 2013 wegen Sex-Partys in seiner Villa verurteilt, im
Berufungsverfahren 2015 aber frei gesprochen worden. Strittig war, ob
Berlusconi wusste, dass die marokkanische Tänzerin Karima al-Mahrough alias
Ruby damals noch nicht volljährig war. Dem Ex-Regierungschef war
vorgeworfen worden, er habe Ruby für Sex bezahlt. Das Gericht hatte dann
aber zu seinen Gunsten angenommen, dass Berlusconi Rubys Minderjährigkeit
zum damaligen Zeitpunkt nicht bekannt war.
Ob die Kritik an Catherine Deneuve durch Berlusconis lobende Worte weniger
wird, ist stark zu bezweifeln. Ihr Brief in Libération dürfte ihre
KritikerInnen jedenfalls nicht zum Schweigen bringen. Im Gegenteil: Es wäre
wenig verwunderlich, wenn Deneuves halbherzige Entschuldigung den Ärger
über sie noch steigern würde. Eine Entschuldigung, die eigentlich keine
ist, dürfte Opfern von sexueller Gewalt wie Hohn vorkommen. Und dass sich
jemand wie sie als Feministin bezeichnet, dürfte in der Rubrik
„Humorvolles“ einen Platz finden.
Eine [6][kluge, unaufgeregte Replik] auf Deneuves Vorstoß kam von der
französisch-marokkanischen Schriftstellerin und Journalistin Leïla Slimani,
ebenfalls in der Libération und auf Deutsch im Spiegel erschienen. Sie
schreibt, sie sei kein Opfer, nennt aber viele Beispiele, in denen Männer
sie gedemütigt und bedrängt hätten. Allerdings gäbe es in ihrem
Bekanntenpreis zahlreiche sich vorbildlich verhaltende Männer, die anderen
als Vorbild dienen sollten. Vom Begriff der Puritanisierung der
Gesellschaft nimmt Slimani Abstand. Hinter Deneuves Forderung verstecke ein
„schrecklich deterministisches Männerbild: ‚Man wird als Schwein geboren�…
Slimani preist die vielen Freiheiten, die sie als in einer westlichen
Demokratie lebende Frau habe. „Ich bin kein zerbrechliches kleines Ding.
Ich möchte nicht beschützt werden, sondern mein Recht auf Respekt und
Sicherheit geltend machen.“
Kann Leïla Slimani nicht mal eine Rolle für Catherine Deneuve schreiben?
15 Jan 2018
## LINKS
[1] http://www.lemonde.fr/idees/article/2018/01/09/nous-defendons-une-liberte-d…
[2] http://www.liberation.fr/debats/2018/01/14/catherine-deneuve-rien-dans-le-t…
[3] https://twitter.com/search?q=%23balancetonporc&src=typd
[4] https://twitter.com/search?q=%23MeToo&src=typd
[5] https://www.welt.de/debatte/article172370654/Danke-Catherine-Deneuve-fuer-d…
[6] http://www.spiegel.de/kultur/literatur/sexismus-und-metoo-leila-slimani-ant…
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